Die Yoga-Kriegerin
zurückverfolgen, um sie unschädlich zu machen. Dr. Netherton half mir, die Angst nach und nach aus meinem Körper herauszubekommen.
Meine Trigger zu erkennen – und die Erlebnisse, die wahrscheinlich meine Epilepsie verursacht hatten – half mir, mit der Krankheit auf neue Weise umzugehen. Ab einem gewissen Punkt konnte ich die geistige Hand der Kontrolle über der epileptischen Feder in meinem Geist spüren; sie konnte die Feder fangen und stoppen, sodass sie be hutsam ihre Windungen entspannen würde, statt wie eine tödliche Klapperschlange hervorzuschnellen und einen epileptischen Anfall auszulösen. Ich begann, ein Gefühl der Befreiung in meinem Gehirn zu spüren. Es war die bizarrste Empfindung; wie eine Pigeon-Position in meinem Kopf – ein warmes, flüssiges Gefühl, als ob mein Geist ein Entspannungsbad nehmen würde. Zusammen machten Dr. Netherton und ich die letzten Spuren meiner Epilepsie ausfindig.
Wir arbeiteten jahrelang zusammen. Schritt für Schritt wurde ich geschickter darin, meine Lebenserfahrungen zu verarbeiten, mit den Flutwellen der Selbstverachtung fertigzuwerden, sodass sie mich nicht mehr jedes Mal nach unten ziehen konnten. Ich begann, ein Sexualleben zu haben, das ich genießen konnte. Ich lernte, Grenzen zu setzen.
Nach all diesen anhaltenden Kämpfen – Bulimie, Epilepsie, sexuel ler Missbrauch – dachte ich, dass ich endlich all den Schutt aus meinem Leben beseitigt hätte. Endlich war mein Leben im Aufschwung. Ich meine, es war wirklich gut. Ich hatte eine Möglichkeit gefunden, mit jedem Rückschlag, den mir das Leben versetzte, fertigzuwerden, und entgegen allen Erwartungen begann ich aufzublühen. Und dann – wieder mal, verdammte Scheiße – wurde ich plattgemacht.
Es war Muttertag im Mai 1993. Am Tag davor hatte ich eins meiner eher ungewöhnlichen Muttertagsgebete abgesendet: Ihr Schutzgeister, lasst mich bitte fertig sein mit meiner Mutter. Lasst mich den Mutterzyklus in meinem Leben beenden . Am nächsten Tag traf ich mich mit Trish, einer meiner Schülerinnen, zum Mittagessen in ei nem Restaurant, das ironischerweise den Namen A Votre Sante (Auf Ihre Gesundheit) trug. Ich rutschte in meinem Stuhl hin und her, und ganz plötzlich flog ich durch die Luft. Ich hatte einen dieser magischen Momente, in denen die Zeit sich stark verlangsamte und mir die Möglichkeit gab, nachzudenken. Ich sah, wie mein Kopf direkt auf die Kante des Nachbartisches zuflog. Nichts da , dachte ich mir, ich werde mich nicht noch einmal mit einer beschissenen Hirnverletzung abplagen. Ich drehte mich mitten in der Luft, um dem Tisch auszuweichen, landete wie durch ein Wunder auf meinen Füßen und drehte mich um. »Was war das denn?« Ich dachte, es hätte ein Erdbeben gegeben. »Ich weiß nicht«, sagte Trish, die genauso schockiert war wie ich. Ich war völlig benommen, das Adrenalin jagte durch meine Adern. Ich blickte nach unten auf meinen Stuhl; ein Bein war durch ein morsches Fußbodenbrett gesackt. Der Schwung des einbrechenden Stuhls hatte mich in die Luft geschleudert.
Am nächsten Morgen, als ich meinen Wecker abstellen wollte, bemerkte ich, dass meine Beine nicht funktionierten. Sie waren gelähmt. Ich lag im Bett und flippte völlig aus; eine Lähmung war eine meiner größten Ängste. Ich nutzte meine Arme, um mich vom Futon auf den Boden zu ziehen, wo ich meine Beine massierte und auf sie einschlug, um ein Gefühl in sie hineinzubekommen. Endlich war ich in der Lage, mich in den Stand hochzuziehen und nach unten zu stolpern, während meine Beine unterwegs einige Male nachgaben und mich zu Boden sacken ließen.
Wie würde ich Yoga unterrichten, wenn ich mich kaum bewegen konnte? Ab jenem Zeitpunkt, in dem der Stuhl zusammengebrochen war, schickte mich eine ganze Reihe von bizarren Umständen in eine Abwärtsspirale. Mein Unternehmen brach über mir zusammen. Mit meiner Ehe ging es bergab. Ich verwandelte mich von jemandem, der unglaublich fit, stark und biegsam war und ein florierendes Unternehmen führte, in jemanden, der beinahe alles zu verlieren schien. Wie konnte ich mit einem weiteren Rückschlag fertigwerden?
ADLERLÄUSE
Vor ein paar Jahren leitete ich ein Yoga-Retreat in Utah in der Nähe von Angels Landing . Ein ortsansässiger Falkner, Martin Tyner, kam vorbei, um unserer Gruppe eine Vorführung zu geben. Es war elek trisierend. Martin packte diese riesigen Käfige aus, als ob sie Ge schenke wären, und holte nacheinander jeweils einen Falken, einen Habicht und
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