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Die Yoga-Kriegerin

Die Yoga-Kriegerin

Titel: Die Yoga-Kriegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ana T. Forrest
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und Kunden kamen.
    Ich begann wieder Yoga zu praktizieren. Egal wie erschöpft oder zugedröhnt oder verkatert ich von dem Alkohol, dem Gras, den Pillen und Zigaretten war, ich kam immer wieder zurück auf die Matte. Ich wusste nicht, was, ich wusste nicht, wie, aber das Yoga weckte et­was in mir.
    Ungefähr zur selben Zeit hörte ich von einem Yogalehrer-Ausbil dungsretreat, einem superintensiven einmonatigen Kurs auf der Rancho Rio Caliente in der Nähe von Guadalajara, Mexiko. Das klang nach einer echten Herausforderung, und ich wusste, es würde mich aus der Showwelt rausbringen, die mich zugegebenermaßen langsam Richtung Tod führte. Andererseits: Wenn ich ging, würde ich einen kalten Entzug machen und einen ganzen Monat ohne Dro gen, Zigaretten, Alkohol oder Fleisch auskommen müssen. Der Retreat kostete fünfhundertfünfzig Dollar, weitaus mehr, als ich besaß. Und ich würde meine Tiere, die ich liebte und mit denen ich so lange zusammengelebt hatte, aufgeben müssen. Ich war hin- und herge rissen: bleiben oder gehen? Sollte ich mich weiterhin in der Welt der Pferde abkämpfen oder einen Riesenschritt in Richtung einer He­ rausforderung machen, die mich zwar rief, die ich aber überhaupt nicht verstand?
    Letztendlich machte ich mir klar, dass ich bereits am Sterben ge scheitert war, also sollte ich wohl besser versuchen, ins Leben zu rückzuspringen – ein Akt, der verdammt viel Mut und Vertrauen erforderte, obwohl ich diese Worte nicht einmal kannte. Ich entschloss mich zu der Yogalehrerausbildung. Ich verkaufte meinen geliebten Squirrel, gab das meiste Geld meinem Bruder, sodass er zur Schule gehen konnte und seine Chance im Leben bekam, und von dem Rest meldete ich mich für den Kurs an und kaufte eine einfache Dritte-Klasse-Fahrkarte für den Zug nach Guadalajara.
    Nur sehr wenige genaue Datumsangaben haben den trüben Schleier all meiner Abhängigkeiten überstanden, aber der 5. Okto ber 1975 ist definitiv eine. Ich nahm an jenem Tag den Zug nach Gu­adalajara und ging auf kalten Entzug. Ich war achtzehn Jahre alt.
    Mit meiner typischen Organisationsschwäche sprang ich einfach in den Zug, ohne Essen, Wasser oder Geld für eine dreitägige Reise dabeizuhaben, und das bedeutete unfreiwilliges Fasten und Dehyd­ratation. (Ich bin mir nicht sicher, ob mir überhaupt klar war, dass die Reise drei Tage dauern würde.) Aber es war auch eine zutiefst magische Reise, weil ich etwas tat, was wirklich merkwürdig für mich war: Ich schloss mit zwei Menschen Freundschaft. Damit wir uns richtig verstehen: Ich war eine wirklich fiese Halbstarke. Ich bellte nicht – ich biss sofort. Ich hatte meine ruppige Art so dermaßen perfektioniert, dass sie die Menschen weit von mir fernhielt. Und dennoch freundete ich mich im Zug irgendwie mit zwei Personen an. Da war Lupe, eine mexikanische Frau, die nach Hause zurückfuhr, und »der Blonde«, durch und durch Amerikaner, der sicher die Wahl zum beliebtesten Menschen hätte gewinnen können: ein athletischer Typ mit so perfekten Zähnen, dass ich normalerweise nie mit ihm ge sprochen hätte.
    Der Blonde – ich kenne seinen richtigen Namen nicht – saß zufällig in meiner Nähe, als ich plötzlich einen Anfall hatte – die gleiche Art Blackout gefolgt von fürchterlichen Kopfschmerzen, die ich schon seit Jahren kannte. Er wachte während des Anfalls über mich und hob mich danach vom Boden auf. »Du hast Epilepsie«, sagte er zu mir. »Verpiss dich!«, blaffte ich zurück. Er zuckte mit den Schultern, kam aber immer wieder darauf zurück, um Gründe dafür zu liefern. Schließlich musste ich zugeben, dass etwas an diesen Black­outs merkwürdig war; mein Gehirn fühlte sich danach immer wie nach einem Unwetter an, als ob Blitzschläge durch meinen Kopf gefahren wären und die Nervenzellen verbrannt hätten. Dank des Blonden ergaben nun all meine Symptome einen Sinn. Mit dieser Diagnose hatte er mir einen kleinen Teil des Puzzles von mir selbst gegeben.
    Lupe kümmerte sich um mich nach unserer Ankunft in Guadalajara. Nachdem ich aus dem Zug ausgestiegen war, völlig erschlagen von dem epileptischen Anfall und dem Hungern, stellte ich fest, dass ich keine Ahnung hatte, wie ich zum Retreatzentrum kommen sollte. Lupe kümmerte sich darum. Sie steckte mich in ein Taxi, sprach mit dem Fahrer, bezahlte ihn und sagte mir, wonach ich Ausschau halten sollte, nachdem ich ausgestiegen war. Es war Nacht, als ich im Re­ treat zentrum ankam. Ich wanderte umher und landete

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