Die Yoga-Kriegerin
Heilerin und Pfeifenträgerin zu sein – jemand, der die Verantwortung für die Gesundheit und das Wohlbefinden von Menschen übernimmt. Es ist so ähnlich wie bei Rabbinern. Ich bin dafür verantwortlich, die Menschen mei nes Stammes zu lehren, aber was sie damit machen, bleibt ihnen überlassen. Ich sehe das so, dass ich als Pfeifenträgerin jedes Mal, wenn ich die Pfeife heraushole, das Geflecht des Mysteriums und der Magie erneuere.
Zuerst lernte ich zu beten, indem ich eine ganze Gruppe von Wesenheiten herbeirief, die ich die Übernatürlichen oder die Schutzgeister nenne – Donnervogel, Sisiutl, der Spirit oder die Intelligenz des Windes Kachina. Die Pfeife half mir, mich mit den Schutzgeistern zu verbinden. Sie half mir, mich auf denjenigen zu konzentrieren, der mich darum gebeten hatte, eine Zeremonie durchzuführen oder zu beten oder zu heilen. Wenn jemand im Krankenhaus war, betete ich vielleicht, dass sein Schmerz nachließ und seine Heilung schneller voranschritt. Ich begann, aktiv für die Kinder auf der Welt zu beten. Das war ein gewaltiger, mutiger Akt für mich – die mühselige Apathie des Ich-kann-die-Welt-nicht-ändern zu überwinden.
Immer wenn ein Pfeifenträger eine Pfeife raucht, raucht er sie für das ganze Volk, sich selbst eingeschlossen. Das hieß, dass ich auch für mich selbst beten musste, und das war wirklich ein schwieriger Schritt für mich. Ich konnte für das Land, das Wasser, die Menschen, das Hirschvolk beten – aber es war sehr schwierig, herauszufinden, was ich für mich selbst erbitten konnte, oder zu spüren, dass ich es verdiente, überhaupt fragen zu dürfen. Ich betete lange Zeit dafür, dass die Schutzgeister so zu mir sprachen, dass ich sie verstehen konnte.
Trotz meiner Rolle als Pfeifenträgerin kämpfte ich um Akzeptanz im Stamm. Ich war schrecklich schüchtern, hatte Angst, etwas Frevelhaftes zu tun, doch mein Wunsch zu lernen trieb mich weiterhin voran. Noch bevor ich offiziell aufgenommen wurde, führte ich ei nen Sonnentanz durch, eine Reinigungs- und Wiedergeburtszere monie. Dieser Akt des Ungehorsams führte mich zu der Erkenntnis, dass es noch etwas gab, was größer war als ich, in das ich mein Vertrauen und meinen Glauben legen konnte und das mir die Erlaubnis gab, weiterzugehen. Diese Einsicht führte zu einer tief verankerten Vision. Seitdem haben mich viele verschiedene Stämme aufgenommen und für mich gebetet, und ich bin wirklich sehr dankbar dafür.
Eines Tages saß ich mit meiner Pfeife am Columbia River und blickte auf das Wasser, das über die rund gewaschenen Flusssteine rauschte. Mein Kopf pochte von einer Migräne. Ich fastete gerade, ohne Essen und Wasser, wie es die Tradition verlangte. Ich hatte Angst, meinen Körper so sehr unter Stress zu setzen, dass ich dadurch einen epileptischen Anfall auslösen würde. Vielleicht war ich zu vergiftet für die Schutzgeister , als dass sie sich um mich kümmern würden. Heyoka hatte immer sehr respektvoll gebetet, aber in mei nem Geisteszustand war das Einzige, was ich herausbrachte: »Ver dammte Scheiße, ihr Schutzgeister , was mache ich hier eigentlich?«
Kennst du das, wie sich die Luft bei einem Regenbogen oder Blitz oder dem Nordlicht fühlbar verändert? Plötzlich spürte ich, wie sich Tore öffneten. Ich wurde ruhig und unterbrach meine grollende Energie lange genug, um eine Veränderung zu bemerken. Die Haare standen mir zu Berge. Ich suchte die Felsen nach Raubtieren ab. Klapperschlangen? Luchse? Pumas? Bären? Dann hatte ich eine Vision. Drüben, auf der anderen Seite des Flusses, stand ich, riesen groß, mit ausgestreckten Armen und herabhängenden Haaren. Meine Füße waren in der Erde verwurzelt, aus meinen Händen und Füßen strahlten Regenbogen, die kreuz und quer um den Planeten verliefen und dann wieder zurück um meine Beine und meinen Kör per herum und hindurch. Ich war umgeben von der Sonne und dem Mond und den Sternen. Ich hatte Angst, wegzuschauen, aber ich wollte auch, dass die Vision vorüberging. Du bist ja irre , sagte eine Stimme in mir, aber ich befahl ihr, sie solle gefälligst die Fresse hal ten. In jenem Augenblick fühlte ich, wie das Eis um mein Herz he rum brach. Mein Herz pochte schneller, obwohl es spröde war, und ich fürchtete, dass es sich nicht ausdehnen könnte, ohne dabei zu zerbersten. Ich gestattete mir, meinen tiefsten Wunsch zu spüren – etwas Gutes für die Welt tun zu können, was auch immer das war.
Ich drehte mich ein wenig und sah es
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