Die Yoga-Kriegerin
Perlenstickerei war ein solcher Willensakt und eine so anstrengende Handlung, dass sie mir half, mich zu fokussieren. Ich verbrachte meine Tage also mit Per lenstickerei, Yoga, im Atelier zu helfen, zu kochen und zu putzen. Doch meine wichtigste Beschäftigung wurde, quasi wie durch Osmose zu lernen, was Heyoka mir über den Spirit beibringen musste.
Heyoka lebte ein Leben des Spirits. Er hatte den Namen Heyoka angenommen, weil es »Heiliger Clown« bedeutet – jemand, dessen Rolle es manchmal ist, sich über andere lustig zu machen oder sie zu imitieren, um ihnen zu zeigen, dass ihr Schmerz unnötig ist. Er war ein meisterhafter Handwerker und das, was man als »Amulettmacher« bezeichnet; er sieht seine Mission darin, nicht nur bloße Schmuckstücke zu kreieren, sondern zeremoniell erweckte Medizinamulette , die den Menschen, die sie tragen, Segen und Schutz bieten und gleichzeitig einen Spiegel ihrer selbst darstellen. Für ihn ist das Gebet ein wesentlicher Teil seiner Kreation. Ich beobachtete, wie Heyoka in die Zeremonie ging, um über jeden Aspekt des Prozesses zu beten, vom Segnen seiner Werkzeuge und seines Arbeits bereiches am Beginn jedes Arbeitstages bis hin zum Segnen jedes einzelnen Stückes nach der Fertigstellung. Er reinigte den Raum mit Salbeirauch, wusch sich selbst bei diesem Vorgang, fokussierte seine Absicht und machte sich frei von jeglicher Energie, die nicht dienlich war. Er nutzte sowohl unglaubliche Präzision als auch seine tiefe Intuition für das Erschaffen seiner Schmuckstücke.
Wenn er etwas fertig hatte, brachten wir es in seinen verborgenen Raum hinter einem Wandteppich, seine Kiva – ein heiliger Ort der Indianer des Südwestens –, wo wir das Erwecken und die Segnung als Schutzzeremonie vollzogen. Während Heyoka seine Pfeife mit Tabak füllte, rief er zuerst die Energie und die schützenden Mächte der vier Himmelsrichtungen herbei und dann die der Elemente und der Planeten. Danach rief er die Weiße Büffelkalbfrau hinzu, den mächtigen Spirit der ersten Frau, die zu den Lakota gekommen war und ihnen ihre sieben Zeremonien einschließlich der Schwitzhütte und der Pfeife überbracht hatte, um ihnen wieder zu spiritueller Erfüllung zu verhelfen. Er betete, dass jede Person, die sich von seinem selbst gefertigten Schmuckstück angezogen fühlte, auch von der besonderen Energie und dem Schutz vor bösen Mächten profitieren würde, dass Schönheit sie durchdringen würde und dass sie lernen würde, diese auch zu verkörpern. Er betete dafür, mit seiner Kunst Schönheit , Magie und Balance in die Welt senden zu können.
Heyoka beim Beten zu beobachten war eine Offenbarung. Ich war einmal mit meiner katholischen Freundin Annette zur Kirche ge gangen, aber ich kann mich erinnern, dass ich nur ein einziges Mal als Kind gebetet habe. Wie schon vorher geschildert, litt mein Bruder sehr an seiner Fettleibigkeit. Ich wollte die Last von ihm weg- und auf mich nehmen, also schlich ich mich in den Hinterhof und richtete meine Worte dorthin, wo ich dachte, dass der Himmel sei. Wenn es dich dort oben wirklich gibt, lieber Gott, dann lass mich das von ihm nehmen. Ich war nicht besonders überrascht, keine Antwort erhalten zu haben. Als Heyoka sah, wie sehr ich mir wünschte, Zeremonien zu erlernen, lud er mich ein, an diesem Prozess teilzuhaben. Ich begann, die Macht und das Mysterium des Gebets zu erkennen und wie wirkungsvoll es sein kann, wenn es richtig vollzogen wird.
Tabak spielt in der Pfeifenzeremonie eine zentrale Rolle. Heyoka begann, mich Zeremonien zu lehren, bei denen ich anfangs Zigaretten verwenden sollte, denn das schien für mich den meisten Sinn zu ergeben; gleichzeitig fand ich es auch irrsinnig komisch, denn es erinnerte mich an Maya, meine ursprüngliche Wahrheitssprecherin . Eines Tages, als ich Heyoka auf einem Markt in Santa Fe half, seine Schmuckstücke zu verkaufen, lernte ich zwei Frauen kennen und führte schließlich eine Heilzeremonie mit ihnen durch. Eine von ihnen schenkte mir zum Dank eine Pfeife. Ich hatte schon Monate vor diesem Ereignis von meiner eigenen Pfeife geträumt. Der Pfeifen kopf war wunderschön, aus Catlinit, dem Pfeifenstein. Ich war mir nicht sicher, ob ich sie verdient hätte, und Heyoka war sich nicht si cher, ob ich schon dafür bereit wäre, aber er gab mir Anweisungen, wie man sie schnitzt, damit ich sie an meinen Mund anpassen konnte, und brachte mir dann bei, wie man sie verwendet.
Im Laufe der Jahre lernte ich, Medizinfrau,
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