Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zahl

Die Zahl

Titel: Die Zahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Larcher
Vom Netzwerk:
stapfte gemütlich durch den Schnee und genoss die Landschaft. Wenn die nächsten Tage genauso schön blieben, dann würde sie ihren unfreiwilligen Aufenthalt nicht bereuen.
     
    ...
    Lorentz fand das Kaffeetrinken am Nachmittag bei Iris nett – zu nett. Sie hatten sich toll unterhalten, über Gott und die Welt geplaudert und sich sogar einige kleine Momente gegönnt, in denen sie gemeinsam gelacht hatten.
    Iris war wieder die Iris von früher. Die Iris, in die er einmal verliebt gewesen war. Nicht die langweilige Tussi, die sich für nichts interessierte. Seine Gefühle tanzten Rock ’n’ Roll. Sie war schön, sie war begehrenswert, und sie war die Witwe seines besten Jugendfreundes.
    Er wollte kein schmieriger Witwentröster sein, kein anstandsloser Casanova. Abgesehen davon, würde er bald wieder von hier
weggehen. Diese Verwirrung konnte er jetzt gar nicht gebrauchen. Er hatte daheim in Wien schon genügend Ärger mit seiner Arbeit und dem Leben an sich.
    Hoffentlich würde der Schnee bald schmelzen, sodass er wieder nach Hause fahren konnte. Zum Glück schien heute die Sonne – es konnte sich also nur noch um wenige Tage drehen.
    Wenn er Glück hatte, dann konnte er vielleicht schon morgen oder übermorgen von hier verschwinden und sein Gefühlschaos einfach zurücklassen.
     
    ...
    Mit einem fröhlichen ›Hallo‹ betrat Capelli die Wachstube. »Ist Chefinspektor Morell zu sprechen?«, fragte sie.
    Bender blickte von seinen Unterlagen auf. »Servus, Frau Dr.Capelli«, sagte er und wirkte sichtlich angespannt. »Der Chef ist nur schnell einkaufen gegangen, er müsste eigentlich jede Sekunde wieder zurückkommen. Sie können in seinem Büro auf ihn warten, wenn Sie wollen.«
    »Gerne«, sagte Capelli.
    Bender stand auf und führte den Gast in Morells Büro. »Sie sehen gut aus heute«, sagte er beherzt und musterte die Gerichtsmedizinerin aufmerksam. »Sie haben Ihr Haar hochgesteckt, das steht Ihnen gut.«
    Capelli wurde rot. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass es irgendjemandem auffallen würde – Lorentz jedenfalls nicht. Verlegen griff sie sich an den Kopf.
    »Danke«, sagte sie und suchte nach einer Sitzgelegenheit.
    »Kann ich Ihnen etwas bringen, Frau Doktor? Einen Kaffee vielleicht? Vom Chef werden Sie nur Tee kriegen.«
    Bender hatte die neue Packung Kaffee, die er heimlich gekauft hatte, in seinem Papierkorb unter einem Berg von zerknüllten Zetteln versteckt.
    »Gerne«, sagte Capelli und war froh, als der Inspektor den
Raum verließ. Sie war es nicht gewohnt, Komplimente zu bekommen.
    Bender betrat wenige Minuten später den Raum mit einer dampfenden Tasse in der Hand. »Bitte sehr«, sagte er und stellte den Kaffee vor der Gerichtsmedizinerin auf den Tisch. »Ich hoffe, es stört Sie nicht, ihn schwarz zu trinken. Die Milch ist leider alle.«
    »Kein Problem«, sagte Capelli und nahm einen Schluck. »Puh, der ist aber stark.«
    Bender wollte gerade etwas sagen, als mit viel Gepolter die Eingangstür geöffnet wurde. Er steckte seinen Kopf zur Tür hinaus, um zu sehen, wer es war. »Schauen Sie nur, wer da gerade vom Einkaufen zurückgekommen ist«, sagte er und betonte das Wort ›Einkaufen‹, als würde es sich dabei um eine tödliche Seuche handeln.
    Hinter ihm tauchte Morell in seiner vollen Größe auf. »Wenn du nachher Hunger bekommst und feststellst, dass Brot und Käse im Kühlschrank sind, wirst du mir noch dankbar sein«, sagte er. »Außerdem war ich mir sicher, dass du das für deine Kaffeeorgien brauchen kannst.« Er drückte Bender eine Packung Milch in die Hand.
    Bender nahm verlegen die Milch, murmelte etwas, das wohl ein Dankeschön sein sollte, und verzog sich kleinlaut wieder hinter seinen Schreibtisch.
    Morell betrat sein Büro und schloss die Tür hinter sich. »Hallo, Nina, ist irgendetwas passiert?« Er dachte voller Besorgnis an seine Küche.
    »Nein«, sagte sie, »das heißt eigentlich doch. Leander und ich haben die vierte Zeile des Rätsels entschlüsselt. Ich wollte dir das gleich mitteilen und dachte, dass bei diesem Wetter ein kleiner Spaziergang ganz nett wäre.«
    »Und worum geht es?«, fragte Morell und stellte seine Einkaufstüten neben Capelli auf den Boden.
    »Was hast du denn da Leckeres eingekauft?« Sie begann in den Tüten herumzuwühlen.
    »Nudeln, getrocknete Pilze und italienischen Ricotta-Käse. Das wird unser Abendessen.«
    »Mmmh«, sagte Capelli. »Und das ist wohl für Fred«, sie hob ein großes Stück Schweinebraten in die Höhe.
    Morell

Weitere Kostenlose Bücher