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Die Zahl

Die Zahl

Titel: Die Zahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Larcher
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Beispiel.«
    Beate Adam nickte. »Ja, ich werde zu meiner Schwester gehen«, sagte sie schluchzend.
    »In Ordnung. Gib Robert bitte die Telefonnummer deiner Schwester, und sobald wir etwas in Erfahrung bringen, rufe ich dich an, okay?«
    Sie nickte und schnäuzte sich. Ohne ein Wort zu sagen, drehte sie sich um und verließ das Büro.
    »Was war denn das?«, fragte Capelli verstört.
    »Das«, sagte Morell, »war Beate Adam. Sie hat heute früh ihren Mann als vermisst gemeldet. Er ist seit zwei Tagen nicht mehr nach Hause gekommen.«
    »Wen wundert das? Wenn ich so eine Frau daheim hätte, würde
ich auch nicht nach Hause gehen wollen«, stellte Capelli trocken fest. »Passiert so etwas hier häufiger?«
    »Eigentlich nicht«, Morell kratzte sich am Kopf. »Vor ein paar Stunden habe ich zwar zu Bender gesagt, dass ich es Andreas Adam durchaus zutrauen würde, dass er bei irgendeinem Bekannten ist und sich nicht nach Hause traut, aber irgendetwas schmeckt mir an der ganzen Sache nicht.« Er rieb sein Kinn. »Ich gebe es nicht gerne zu, aber ich habe ein mulmiges Gefühl im Bauch, das nichts Gutes verheißt – und meinem Bauch kann ich normalerweise vertrauen.« Er tätschelte seine Wampe.
    Capelli schluckte, und ihre Nackenhaare sträubten sich. Innerhalb von wenigen Augenblicken war die Stimmung gekippt. »Du glaubst doch nicht etwa ...«
    Morell schüttelte abwehrend den Kopf. »Nein, wir dürfen uns nicht verrückt machen«, sagte er und zauberte aus seiner Einkaufstüte eine Käsesemmel. »Magst du abbeißen?«
    »Nein, danke. Leander hat den ominösen Brief gestern erhalten. Also einen Tag, nachdem Andreas Adam verschwunden ist.«
    Morell setzte sich, biss in seine Semmel und starrte plötzlich in den Raum. Es war derselbe Blick, den er gestern Abend hatte, als er über die lateinischen Baumnamen nachgedacht hatte. Capelli konnte förmlich sehen, wie die Gedanken durch sein Hirn rasten.
    »Ich ...«
    Mit einer Handbewegung gab er ihr zu verstehen, dass sie ruhig sein sollte.
    Capelli trank also ihren viel zu starken Kaffee und schaute dem Chefinspektor beim Essen und Grübeln zu. Hunderte von schrecklichen Gedanken gingen ihr durch den Kopf: Ein grausamer Mord, ein komischer Brief und jetzt noch ein verschwundener Mann?
    »Worin haben die Männer gewonnen?«, riss Morell sie aus ihren Gedanken.
    »Wie bitte?«
    »Du hast gesagt, dass die Begriffe in der vierten Zeile Namen von Olympiasiegern sind. In welchen Disziplinen haben sie gewonnen?«
    »Keine Ahnung, aber wir können versuchen, Leander zu erreichen, der weiß das sicher.«
    Mit einer Geschwindigkeit, die sie ihm nie im Leben zugetraut hätte, stand Morell auf und rannte aus dem Raum.
    »Ruf du ihn an«, rief er ihr zu. »Seine Handynummer muss irgendwo auf meinem Schreibtisch liegen.«
    Capelli entdeckte die Nummer auf einem gelben Post-it und wählte. Während sie wartete, dass Lorentz abhob, beobachtete sie Morell durch die offene Tür. Er wühlte wie ein Wilder in einer Schublade herum und wurde dabei von einem entgeisterten Bender mit offenem Mund angestarrt.
    Endlich ging Lorentz ans Handy, und Capelli erklärte ihm die Situation.
    »Was sagt er?«, schrie Morell aus dem Vorzimmer.
    »Läufer«, rief Capelli zurück. »Sie sind alle Läufer gewesen.«
    Sie hörte, wie Morell fluchte. Er kam ins Zimmer zurück und knallte eine Landkarte auf den Tisch. »Verdammt! Das hatte ich befürchtet.«
    »Ich versteh nur Bahnhof. Könntest du bitte so nett sein und mich aufklären?«
    Morell sah von der Karte hoch. »Du weißt das wahrscheinlich nicht«, sagte er, »aber in Landau findet jedes Jahr ein traditioneller Herbstlauf statt. Die Athleten laufen dabei durch die große Schlucht, durch einige Waldstücke und am Wasserfall vorbei. Weil die Strecke so schön ist und es attraktive Preise gibt, ist das Landauer Herbstrennen hier im Umkreis ziemlich bekannt.«
    Capelli schluckte schwer. »Du glaubst also, dass jemand Andreas Adam irgendwo auf der Strecke lebendig begraben hat?«
    »Ich weiß, das klingt verrückt. Aber seit der Ermordung von Joe Anders wundert mich gar nichts mehr.«
    »Und wo sollen wir jetzt suchen?«, fragte Capelli und schaute auf den Plan. »Die Strecke scheint mir ziemlich lang zu sein.«
    »Genau hier«, sagte Morell und zeigte auf einen Punkt auf der Karte. »Streckenposten Zwölf.«

»An zwölf Tagen bei uns der Opferaltar dampft.«
    Vergil, Hirtengedicht
    Morell und Capelli saßen schweigend nebeneinander im Auto. Bender war von

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