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Die Zahl

Die Zahl

Titel: Die Zahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Larcher
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nahm es ihr aus der Hand und steckte es zurück in die Einkaufstasche.
    »Warum kaufst du dir bloß ständig Fleisch, wenn du es dann doch nicht isst? Da stimmt doch was nicht. Otto Morell, der Vegetarier und große Tierfreund, der keiner Fliege etwas zuleide tun kann, lässt zu, dass arme kleine Kälber und süße Schweinchen ganz umsonst sterben müssen.«
    Morell versuchte sie nicht anzusehen. »Ich erklär dir das ein anderes Mal, okay? Jetzt will ich erst mal wissen, was die vierte Zeile des Rätsels zu bedeuten hat.«
    »Nur wenn du versprichst, mir wirklich zu verraten, warum du immer Fleisch kaufst.«
    Morell suchte nach einer Ausrede.
    »Arme kleine Ferkelchen, haben keine Mama und keinen Papa mehr, weil der böse Morell ...«
    »Ist ja schon in Ordnung, hör auf damit! Ich werde es dir erzählen – aber nicht jetzt.«
    »Aber bald!«
    »Ja doch«, sagte Morell und versuchte das Bild von den armen, kleinen Schweinchen aus seinen Gedanken zu verbannen.
    »Gut«, meinte Capelli. »Vorweg sage ich dir gleich, dass weder ich noch Leander eine Ahnung haben, was die Lösung zu bedeuten hat. Es geht anscheinend um die Olympischen Spiele. Die drei Begriffe der vierten Zeile sind die Namen von berühmten antiken Olympiasiegern.«
    Aus Morells Gesichtsausdruck konnte Capelli ablesen, dass er genauso wenig Ahnung hatte, was das bedeuten sollte, wie sie.
    Noch bevor er etwas sagen konnte, wurde im Vorzimmer lautes Geschrei hörbar. Wenige Sekunden später wurde die Tür aufgerissen, und eine aufgebrachte Frau stand im Türrahmen. Hinter ihr tauchte Bender auf. »Tut mir echt leid, Chef, aber ich konnte sie nicht bremsen«, sagte er und zuckte mit den Achseln.
    Die Frau war Mitte 30 , groß, vollbusig, hatte dickes, schwarzes Haar, das ungekämmt auf ihre Schultern fiel, und ein vor Zorn gerötetes Gesicht. Capelli duckte sich instinktiv, als die Furie einen Schritt auf Morells Schreibtisch zu machte.
    »Ich will wissen, wo Andreas steckt!«, schrie die Frau. »Ich bin den ganzen Vormittag bei allen möglichen Freunden und Bekannten vorbeigefahren, so wie dein kleiner Freund da draußen gesagt hat, aber er war bei keinem von denen!«
    »Jetzt beruhige dich erst einmal, Beate«, sagte Morell.
    »Mich beruhigen?«, schrie sie noch lauter. »Ich soll mich beruhigen? Ich möchte sehen, wie ruhig du wärst, wenn deine Frau seit zwei Tagen verschwunden wäre. Draußen rennt ein Mörder herum.« Ihre Stimme überschlug sich.
    »Bitte, Beate, beruhige dich doch«, bat Morell noch einmal.
    »Ich will mich aber gar nicht beruhigen«, schrie der Drachen weiter. »Da draußen herrschen Temperaturen wie in der Antarktis. Wenn mein Andreas irgendwo da draußen liegt, dann ist er sicher schon tot, und was tust du?« Sie zeigte mit dem Finger auf Morell. »Du sitzt in deinem warmen Büro, trinkst Tee und flirtest mit, mit ... ja, wer ist die Frau überhaupt?« Sie funkelte Capelli, die sich am liebsten hinter Morell versteckt hätte, mit ihren zornigen Augen an.
    »Das ist Frau Dr.Capelli. Sie ist Gerichtsmedizinerin und kommt aus Innsbruck.« Noch bevor Morell den Satz ganz ausgesprochen hatte, hätte er ihn am liebsten wieder zurückgenommen. Das Wort ›Gerichtsmedizinerin‹ löste bei Beate Adam nämlich einen Heulkrampf aus, aber wenigstens hörte sie dadurch auf zu schreien.
    Capelli wusste nicht, was sie sagen sollte, und starrte deshalb Morell und die Furie fassungslos an.
    »Hör mal, Beate«, versuchte Morell die schluchzende Frau zu beruhigen. »Wenn Andreas auf dem Weg nach Hause irgendetwas zugestoßen wäre, dann hätte ihn schon längst jemand gefunden.«
    Morell kam hinter seinem Schreibtisch hervor und reichte ihr ein Taschentuch. »Bist du sicher, dass du bei allen Bekannten nachgefragt hast, bei denen er untergekommen sein könnte?«
    Sie nickte. »Wir sind doch eingeschneit, er muss also hier in Landau sein.«
    »Wir werden ihn schon finden«, sagte Morell und tätschelte ihre Schulter. »Hattet ihr vielleicht Streit?«, fragte er und provozierte einen erneuten Heulkrampf. »Könnte er in einem Hotel sein?«
    »Nein, ganz sicher nicht«, sie schüttelte ihren ungekämmten Haarberg. »Er ist einfach verschwunden.«
    »Niemand verschwindet einfach so«, sagte Morell. »Wir werden den Andreas finden, das verspreche ich dir. Jetzt geh erst einmal schön nach Hause und trink dort eine Tasse Tee. Hast du vielleicht eine Freundin oder Verwandte, die sich ein wenig um dich kümmern könnte? Deine Schwester, zum

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