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Die Zahlen Der Toten

Die Zahlen Der Toten

Titel: Die Zahlen Der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Castillo
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einer Bank sitzt.
    »Was ist passiert?«, frage ich.
    Beide Männer wirbeln herum, offensichtlich überrascht, mich zu sehen. »Sie sind nicht befugt, hier zu sein, Burkholder.«
    Detricks Gesicht ist rot, sein kahler Schädel glänzt schweißnass.
    Ich trete näher, um mir Jonas besser ansehen zu können. Seine Hände sind auf dem Rücken mit Handschellen gefesselt. Um seinen Hals baumeln die Schnürsenkel seiner Schuhe. Unterhalb des Kiefers ist ein blutroter Striemen zu sehen.
    »Der Idiot hat versucht, sich zu erhängen«, sagt Pickles schwer atmend. »Der Sheriff ist gerade noch rechtzeitig gekommen, um es zu verhindern.«
    In Anbetracht meiner jüngsten Erkenntnisse über Detrick kann ich mich des furchtbaren Gefühls nicht erwehren, dass die Wahrheit anders aussieht.
    Detrick kommt auf mich zu. »Was wollen Sie hier?«
    Eine Welle des Unbehagens durchströmt mich, und ich habe das untrügliche Gefühl, dass er mich gleich rausschmeißen wird. Ich sehe Jonas an. »Was ist passiert?«, frage ich schnell auf Pennsylvaniadeutsch.
    Jonas sieht mich an, erschüttert und verängstigt. »Ich hab geschlafen und der englische Polizist hat mich angegriffen.« Er zeigt auf Detrick. »Er hat mir die Schnürsenkel von meinen Stiefeln um den Hals gelegt und fest zugezogen.«
    Detrick steht jetzt dicht vor mir. »Ich habe Sie etwas gefragt.«
    Ich weiche seinem Blick nicht aus. »Ich dachte, ich könnte helfen, wegen der Sprachbarriere.«
    »Wenn ich Ihre Hilfe brauche, werde ich Sie darum bitten.«
    Jonas ist in Gefahr, etwas anderes kann ich nicht denken. »Er muss ins Krankenhaus und untersucht werden.«
    »Ihm fehlt nichts.« Detricks Augen werden zu Schlitzen, doch selbst darin offenbart sich noch Gerissenheit und Vorsicht. Er weiß, dass ich lüge, aber er weiß nicht, warum. »Sie müssen gehen, Kate. Jetzt.«
    Er beugt sich dicht zu mir und fängt demonstrativ an zu schnüffeln. »Haben Sie
getrunken?«
    »Nein.«
    »Sie lügen. Ich rieche es an Ihrem Atem.« Er wirft Pickles einen ungläubigen Blick zu, doch an mich gewandt sagt er: »Sie sind betrunken. Was zum Teufel denken Sie sich eigentlich, in so einer Nacht betrunken Auto zu fahren? Hierher zu kommen, wo wir schon genug am Hals haben.«
    »Ich habe nichts getrunken.« Das ist zwar gelogen, doch ich werde den Teufel tun und es zugeben. Detrick will mich bloß Pickles gegenüber diskreditieren.
    »Burkholder, Sie gehen nach Hause«, sagt er. »Sofort.«
    »Sorgen Sie dafür, dass Jonas ins Krankenhaus kommt«, sage ich zu Pickles.
    Detrick packt meinen Arm. »Ich bringe Sie persönlich raus.«
    Pickles kommt aus der Zelle gelaufen. »Lassen Sie sie los.«
    Detrick zeigt drohend mit dem Finger auf ihn. »Halt das Maul, alter Mann.«
    Pickles lässt sich nicht provozieren, sieht mich aber an. »Vielleicht sollten Sie jetzt einfach gehen, Chief.«
    »Passen Sie auf, dass Jonas nichts –« Plötzlich packt Detrick mich am Nacken und stößt mich ans Gitter. »Geben Sie mir Ihre Hände.«
    »Ich gehe«, sage ich.
    »Sie haben Ihre Chance gehabt. Geben Sie mir jetzt die Hände!«
    Alles in mir schreit danach, Widerstand zu leisten. Doch das würde die Situation nur noch weiter eskalieren lassen, und so halte ich die Handgelenke hin. »Ich habe nichts Unrechtes getan.«
    »Sie sind betrunken und verhalten sich ordnungswidrig.« Er löst die Handschellen von seinem Gürtel, drückt mir schwer atmend und mit schweißnassen Handflächen die Hände im Rücken zusammen und legt mir so brutal die Handschellen an, dass es wehtut.
    Pickles tritt zu uns heran. »Sheriff, das ist unnötig.«
    Detrick ignoriert ihn und starrt mich an, als würde er mich am liebsten mit bloßen Händen erwürgen. »Ich hab keine Ahnung, was Sie damit bezwecken wollten, aber Sie haben sich gerade eine Menge Ärger eingehandelt.«
    »Ich wollte nur helfen, mehr nicht.«
    »Schwachsinn. Sie haben sich betrunken und sind gekommen, um Schwierigkeiten zu machen.«
    Mein Herz schlägt so heftig, dass ich kaum Luft kriege. An die Morde, die dieser Mann vielleicht begangen hat, darf ich erst gar nicht denken. Ich bin in Handschellen und wehrlos. Wenn er jetzt beschließt, seine Waffe zu ziehen und uns alle umzubringen, könnte ich nichts dagegen tun.
    »Ich dachte, Jonas würde eher mit jemandem reden, der Pennsylvaniadeutsch spricht«, sage ich. »Das ist alles.«
    »Mitten in einem Schneesturm? Nach Mitternacht? Sie sind angetrunken und beschließen herzukommen, um zu
helfen?
Burkholder, ich bin doch

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