Die Zahlen Der Toten
Treffer. »Ist dort George Ogusawara?«, frage ich.
»Und wer sind Sie?« Eine Tenorstimme mit einem starken asiatischen Akzent.
Ich stelle mich schnell als Chief of Police vor. »Waren Sie früher Ermittler in Fairbanks?«
»Ich war Detective in Fairbanks, Ma’am. Bin als Detective Lieutenant in Ruhestand gegangen vor sieben Jahren. Wo Sie jetzt Richtigen gefunden, was wollen Sie wissen?«
»Ich ermittle in einer Serie von Morden, die mit denen in Fairbanks Anfang der 1980 er Jahre große Ähnlichkeit haben.«
»Schlimme Zeit, die Morde damals, hat allen Albträume gemacht, einschließlich mir. Was Sie wollen wissen?«
»Ich habe gelesen, dass der Mörder jedem Opfer etwas auf den Unterleib geritzt hat.«
»Ja, bevor er sie gefoltert und getötet hat. Der Kerl ist krankes Dreckschwein, kann ich Ihnen versichern.«
»In dem Bericht, der mir vorliegt, steht nicht, was er eingeritzt hat. Ich wollte wissen, ob Sie sich vielleicht noch daran erinnern können?«
»So was vergisst selbst hartgesottener Cop wie ich nicht. Er hat Zahlen eingeritzt. Römische Zahlen. Eins, zwei, drei.«
»Wurde der Mörder gefasst?«
»Er war einziger Grund ich bin nicht in Rente gegangen, bis ich schließlich zu alt war und nicht mehr konnte.« Er hält inne. »Sie glauben, Sie haben ihn erwischt?«
Ich will ihm nicht zu viel erzählen, bin sowieso schon zu weit gegangen, als ich sagte, ich sei Chief of Police. »Ich bin nicht sicher. Gibt es sonst noch etwas, das Sie mir über die Morde sagen können?«
»Die waren das Schlimmste, was ich je gesehen. Wirklich übler Kerl, der Mörder.«
»Sie waren mir eine große Hilfe, vielen Dank.«
Er will noch etwas sagen, doch ich lege auf. Was mache ich jetzt mit diesen neuen Informationen? Drei ähnliche Morde in Alaska, über dreitausend Meilen weit weg. Wenn es wirklich derselbe Mörder ist, was hat ihn dann bewogen, von Ohio nach Alaska und zurück nach Ohio zu ziehen?
Ich setze mich wieder an den Computer und lese alles über den Tanana-River-Mörder, was die Suchmaschine mir bietet. Als ich einen kleinen Artikel im
Tanana Leader
überfliege, gefriert mir beim Anblick eines Namens das Blut.
Nate Detrick, ein Jagdführer bei den Yukon Hunting Tours, entdeckte die Leiche und informierte die Polizei …
Ich traue meinen Augen kaum. Wie groß ist die Chance, dass ein Mann zweimal im Leben mit verblüffend ähnlichen Morden, die Tausende Meilen voneinander entfernt geschehen sind, in Berührung kommt? Jetzt erinnere ich mich dunkel an eine Bemerkung, die Glock heute Nachmittag gemacht hatte:
Detrick war anscheinend mal ein bedeutender Jagdführer in Alaska.
In dem Moment fällt mir ein, dass ich bei meinen Recherchen schon mal auf den Namen des Sheriffs gestoßen bin. Gespannt rufe ich noch einmal die Website von Holmes County Auditor auf, und ein eiskalter Schauer erfasst mich, als ich lese, dass Nathan Detrick und seine Frau Grace im September 1994 ihr zweihundertdreißig Quadratmeter großes Grundstück in Millersburg verkauft haben.
Ich will die Verbindung, die mein Verstand gerade hergestellt hat, nicht wahrhaben. Es muss ein Zufall sein. Nathan Detrick ist Polizist. Ihn zu verdächtigen ist mehr als lächerlich. Er ist über jeden Verdacht erhaben.
Oder nicht?
Detrick gehört zu der Handvoll Menschen, die in den ausschlaggebenden sechzehn Jahren aus Painters Mill weggezogen waren. Er hat in Alaska gelebt, wo es ähnliche Morde gegeben hat, und ich bin schon lange genug Polizistin, um zu wissen, dass das eine Weiterverfolgung der Spur rechtfertigt.
Beim Blick auf meine Hände sehe ich, dass sie zittern. Ich weiß, dass ich falsch liege. Zufälle gibt es
wirklich,
und ich bin bescheuert, Detrick zu verdächtigen. Aber der Sheriff entspricht dem Profil weitaus besser als Jonas, und mein Polizistenbauch sagt mir, weiterzugraben.
Mir fällt die Liste mit den registrierten Schneemobilen ein, um die ich Pickles gestern gebeten hatte, und ich wühle in den Papieren auf dem Tisch, bis ich sie finde. Es ist eine getippte Liste mit den Namen der Leute, die in Coshocton County und Holmes County ein blaues oder silbernes Schneemobil angemeldet haben. Mittendrin taucht auch Detrick auf. Er besitzt ein blaues Yamaha.
»Das kann nicht wahr sein«, flüstere ich. »Niemals.«
Ich setze mich wieder an den Computer, um mir Detrick etwas genauer anzusehen. Nach einer halben Stunde stoße ich in der
Dayton Daily News
vom Juni 1986 auf einen Zeitungsartikel über einen aufstrebenden
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