Die Zahlen Der Toten
jungen Polizeibeamten, der kürzlich von Fairbanks, Alaska, nach Dayton versetzt worden war. Ein gut aussehender, junger Detrick lächelt, flankiert von seiner Frau, in voller Uniform in die Kamera. Laut Zeitungsdatum war das genau zwei Monate nach dem letzten Mord in Alaska.
Ich fange an, in dem Zeitraum, in dem Detrick dort war, in und um Dayton nach ähnlichen Morden zu suchen. Es gibt ein Dutzend Websites, die mich immer weiter zu anderen führen – Zeitungen, Fernseh- und Radiosites, ein paar öffentlich zugängliche Polizeiwebsites, sogar eine Crime-Stopper-Site –, doch ich finde nichts. Erst als ich meine Suche auf die umliegenden Staaten ausweite, springt mir in der Archiv-Rubrik der
Kentucky Post
eine Geschichte ins Auge.
LEICHE AM FLUSSUFER IDENTIFIZIERT
Die nackte Leiche einer Frau, die ein Jogger letzte Woche am Ohio River gefunden hatte, wurde als die der zwanzig Jahre alten Jessie Watkins identifiziert. Laut des amtlichen Leichenbeschauers von Kenton County, Jim Magnus, war die Kehle der Frau durchschnitten. Die Polizei von Covington und das Kenton County Sheriff’s Office »setzen alles in Bewegung, um den Täter zu finden«, verlautete es aus einer ungenannten Polizeiquelle am Montag. Watkins, eine aktenkundige Prostituierte, war zuletzt in einer Bar in Cincinnati gesehen worden. Zurzeit gibt es noch keinen Verdächtigen.
Ich öffne eine Landkarten-Website und tippe die Städte Dayton, Ohio, und Covington, Kentucky, ein. Covington ist ungefähr eine Autostunde von Dayton entfernt. Machbar an einem Abend, wenn man genug Zeit zur Verfügung hat.
Als Nächstes suche ich in Michigan nach ähnlichen Verbrechen, aber ohne Erfolg. Unbeirrt versuche ich es in Indiana, klicke mich eine Stunde lang von einer Website zur nächsten. Als ich gerade aufgeben will, stoße ich auf eine Zeitungsnotiz über den Mord an einer jungen Wanderarbeiterin, deren Leiche in einem Maisfeld zwischen Indianapolis und Richmond gefunden wurde.
WANDERARBEITERIN TOT AUFGEFUNDEN
Die Polizei tappt bei dem Mord an der einunddreißig Jahre alten Lucinda Ramos, deren Leiche am Montag in einem Maisfeld an der Interstate 70 nahe New Castle gefunden wurde, noch immer im Dunkeln. »So etwas hab ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen«, sagte Dick Welbaum, der Farmer, der um ein Haar mit seinem Traktor über die Leiche gefahren wäre. Eine anonyme Quelle aus dem Amt des Coroners von Henry County sagte, dass die Tote »an ein Ritual erinnernde Einritzungen« auf dem Unterleib hatte. Auf die Frage, ob es sich um einen Kultmord handeln könnte, verweigerte Mick Barber vom Henry County Sheriff’s Office jeglichen Kommentar. Allerdings sagte er, dass das Sheriff’s Office mit dem New Castle Police Department sowie der State Police zusammenarbeitet, um den oder die Täter zu finden.
Wieder »an ein Ritual erinnernde Einritzungen«. Laut Landkarten-Website braucht man mit dem Auto von New Castle, Indiana, nach Dayton eine Stunde und zwanzig Minuten. Ich finde die Telefonnummer der Indiana State Police im Internet und habe innerhalb weniger Minuten Ronald Duff von der Kriminalpolizei am Apparat.
Ich stelle mich als Chief of Police vor und komme sofort zur Sache. »Ich interessiere mich für einen Mordfall, den Sie 1988 untersucht haben. Der Name des Opfers war Lucinda Ramos.«
»Seit damals hab ich eine Menge Gehirnzellen weniger. Ich hole mir schnell die Akte.«
Er hätte sich weigern können, mit mir zu reden, weil ich mein privates Telefon benutze. Wenn ein Polizist nicht sicher ist, mit wem er spricht, ruft er manchmal die Polizeidienststelle an, bei der der Anrufer behauptet zu arbeiten, und lässt sich dann verbinden. Doch da ich nach einem lange zurückliegenden, ungeklärten Fall gefragt habe, hat er es vermutlich nicht für nötig befunden, meine Identität zu verifizieren.
Nach ein paar Minuten kommt er wieder ans Telefon. »Glauben Sie, eine Spur in diesem Fall zu haben?«, fragt er.
»Wir haben drei Tote hier in Painters Mill. Ich suche in den umliegenden Staaten nach ungeklärten Mordfällen mit der gleichen Täterhandschrift.«
»Wenn ich helfen kann, gern. Wonach suchen Sie konkret?«
»In dem mir vorliegenden Bericht werden Einritzungen bei der Toten erwähnt. Können Sie mir vielleicht mehr darüber sagen?«
Am anderen Ende höre ich Papier rascheln. »Ich hab den Bericht des Coroners vorliegen. Darin steht, ich zitiere: ›Einritzungen in der Haut sind oberflächlich und acht Zentimeter über dem
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