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Die Zan-Spieler

Die Zan-Spieler

Titel: Die Zan-Spieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. A. Foster
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ein Symptom dafür abgeschrieben, daß er nicht recht in Übung war. Er hatte das Gefühl, die totale Kontrolle über die Situation zu besitzen, und daß er hier so offen auf der Straße herumlief, verschaffte ihm ein Gefühl des Überschwangs.
    In dem Viertel, in dem er sich jetzt befand, gab es weniger Straßenlampen und weniger Verkehr. Er konnte jedoch sehr gut sehen, denn durch das Leuchten am Himmel, dessen niedrighängende Wolken die Lichter der Stadt reflektierten, war es hell genug. Dezember, Zwölfmonat. In diesem Teil der Zentrale waren die Häuser noch jene pastellfarbigen Blocks, wie man sie in den neueren Teilen der Stadt fand, aber es war kein Teil der Stadt, in dem Plätze oder Stationen eine wichtige Rolle gespielt hätten. Es war mehr ein Viertel für Lagerhäuser, lokale Nachschubdepots und ähnliches, vermischt mit schäbigen Wohnhäusern, Unterkünften, Arbeiterschlafplätzen. Er lauschte auf die nächtlichen Geräusche der Stadt: weit entfernter Maschinenlärm, entspannt und ohne Hast, gedämpft. Wasser, das in Rohren gurgelte und von Fahrzeugen tropfte. Das Brummen von Luftkissenfahrzeugen. In einer solchen Nacht würden von ihnen wenige unterwegs sein. Er lauschte sorgfältig, weil das hier seine Welt war, wie ein Raubtier aus vergangener Zeit auf die Geräusche des Dschungels gelauscht hätte. Die Raubtiere waren verschwunden, aber ihr Beispiel blieb für das letzte Raubtier: den Menschen. Die Welt bestand aus einer Stadt, einmal mehr oder einmal weniger dicht bevölkert und bebaut. Das Muster aus Geräuschen beruhigte ihn; alles war normal und ganz genauso, wie es sein sollte.
    Errat erreichte seinen Bestimmungsort, eine heruntergekommene Unterkunft, die zum größten Teil von Wohlfahrtsempfängern, Reisenden, Arbeitern im Ruhestand und Steuerbeamten benutzt wurde, die es samt und sonders nicht geschafft hatten, eine Familienlizenz zu bekommen. Er sah sie sich mit geübten Augen sorgfältig an, um sich davon zu überzeugen, daß das Haus seine vorherigen Erwartungen und Gedanken erfüllte. Das war für zwei Tage eine sichere Stelle, von der aus er seine empfindlichen Antennen auf die Gerüchteküche der Nachbarschaft ausrichten konnte, an der er Zeit hatte, die Neuigkeiten im Fernsehen zu sehen und zwischen den Zeilen zu lesen. Wenn er sich dann wieder auf diese Weise neu orientiert hatte, war es an der Zeit weiterzuziehen.
    Wie er erwartet hatte, gab es einen Portier, aber der hier schien weder aufmerksam noch diensteifrig zu sein. Eigentlich hatte es den Anschein, als würde er halb schlafen; vielleicht sogar mehr als nur halb.
    Errat ging auf den Eingang zu und zeigte dabei Verwirrung, ein leichtes Zögern, und beobachtete dabei die ganze Zeit den Portier genau, ob er Anzeichen für Verrat zeigte. Es gab keine. Der Mann bemerkte ihn nun, aber in seinem Verhalten zeigten sich weder Besorgnis noch andere Alarmzeichen, sondern es gab nur so etwas wie leichte Ungehaltenheit, die von dem Wunsch ausgeglichen wurde, sich während seiner Dienstzeit mit jemandem zu unterhalten. Und es gab ein Gefühl der Überlegenheit, das er in seiner Stellung als Portier spürte, während der Fremde auf der Straße im Regen nichts hatte, keinen Platz, keine Vorgesetzten. Er konnte es sich leisten, hochnäsig zu sein, aber nicht zu sehr, denn dann würde der Fremde ärgerlich werden. Eine fein ausbalancierte Hackordnung. Der Portier dachte, er kenne dieses Spiel gut. Errat war in diesem gleichen Spiel ein Spieler, der ihm haushoch überlegen war.
    Errat begrüßte ihn: „n’Abend.“
    „Ebenfalls“, antwortete der Portier. „Suchen Sie ein Zimmer, oder wollen Sie jemanden besuchen?“
    „Ein Zimmer, wenn’s geht.“ Errat legte seine Tasche ab, die aussah, als seien Werkzeuge in ihr, die in Wirklichkeit aber Kleider und Make-up enthielt.
    „Beruf?“
    „Korrosionskontrolle mach’ ich. Scheißjob.“
    „Sieht so aus. Wo warst du denn? Im Abwasserkanal?“
    „Beinahe. Ich schaff an den Kabelstrecken. Man könnt’ ja meinen, die seien so gebaut, daß man drauf steh’n kann, aber nee, auf allen vieren muß man rumkrabbeln.“ Nachdem Errat die Sprachmuster des Portiers registriert hatte, paßte er seine eigenen Sprachmuster ihnen schnell und unmerklich an. Nichts war so nützlich wie ein richtig wiedergegebener lokaler Akzent.
    „Und? Was gefunden?“
    „Was gefunden?“
    „Korrosion.“
    „Scheißdreck.“
    „So sieht’s aus. Also Name und Nummer?“
    „Tanner, vierundzwanzig-A. Augenblick, ich

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