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Die Zarentochter

Die Zarentochter

Titel: Die Zarentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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in Wien recht erfreulich war. Dem Anschein nach ist mir mit Leichtigkeit gelungen, was unsere Diplomaten nicht schafften: Ich konnte Fürst Metternich für Dich, geliebte Tochter, einnehmen. Das Kaiserhaus kann sich inzwischen eine Heirat zwischen Dir und Stephan unter gewissen Umständen vorstellen.« Ollys Augen funkelten ungläubig. »Das gibt’s doch nicht …«
    » Gewisse Umstände?«, wiederholte Anna, doch die beiden anderen beachteten sie nicht.
    Alexandra seufzte. »Wer hätte daran noch geglaubt?«
    »Die Österreicher haben ihrer Hoffnung Ausdruck verliehen, dass durch eure Heirat die Unterdrückung der römischen Kirche in Russland gemildert werden möge –«
    »Welche Unterdrückung der römischen Kirche in Russland?«, wurde Olly von ihrer Mutter unterbrochen. »Solche Reden werden deinem Vater nicht gefallen.«
    Olly zuckte mit den Schultern. »Das liest sich anders. Vater schreibt, er mache sich nun voller Hoffnung auf den Weg nach Rom. Ein Treffen mit dem Papst sei anberaumt, seiner Ansicht nach dürften die Verhandlungen bis Ende des Jahres erledigt sein und dann stünde einer Heirat wohl nichts mehr im Wege. Danach will er kommen und mit uns den Jahreswechsel feiern.«
    Einen Moment lang herrschte fassungslose Stille. Alle hatten Mühe, die guten Nachrichten zu verarbeiten. Schließlich war Olly die Erste, die ihre Sprache wiederfand. »Mutter, Anna – versteht ihr, was das bedeutet? Nach sieben Jahren kommen der Palatschinken und ich zusammen. Wenn Adini das hätte erleben können …« Freudentränen rannen über ihre Wangen, sie drückte, küsste und umarmte Anna und ihre Mutter im Wechsel. »Endlich! Ich dachte schon, es liegt an mir, dass kein Mann etwas von mir wissen will. Aber nun sieht alles wieder ganz anders aus.« Olly schluchzte auf.
    »Ich freue mich so für dich!« Auch der Zarin liefen Freuden tränenübers Gesicht. »Aber was wird denn nun aus dem württembergischen Prinzen Karl?«
    »Karl?« Olly stutzte. Den hatte sie schon wieder vergessen. »Wenn er mich unbedingt kennenlernen will, soll es so sein«, sagte sie gnädig, fuhr aber fort: »Nur, sollten wir damit nicht warten? Vater wird bis Jahresende hier sein, dann wissen wir mehr.«
    Die Zarin nickte. »Eine kluge Entscheidung. Den Prinzen Karl kannst du auch noch im Januar einladen.«
    Oder ihm absagen, fügte Olly im Stillen hinzu. Gott würde es für sie richten, so wie er es ihr einst versprochen hatte. Wie hatte sie nur an ihm zweifeln können?
    Triumphierend drehte sie sich zu Anna um. »Wie lautete dein Spruch mit dem Fest in der Straße? Lange dauert es nun nicht mehr, bis wir feiern können. Ich kann’s nicht fassen, Anna, jetzt wird alles doch noch gut!«

25. KAPITEL
    F rohen Herzens fieberte Olly dem Jahresende entgegen. Jeden sonnenbeschienenen Tag spekulierte sie mit ihrer Mutter darüber, wo sich ihr Vater gerade befand, wen er traf, mit wem er sprach, wie seine Gespräche verliefen und so weiter. Briefe aus St. Petersburg trafen ein, die guten Nachrichten hatten sich wie ein Lauffeuer im Kreis der Familie verbreitet. Sascha und Cerise boten an, erste Vorbereitungen für die kommenden Feierlichkeiten zu treffen, Mary schrieb, sie habe am guten Verlauf der Dinge nie gezweifelt, sondern diese vorausgesehen. Sogar Kosty meldete sich. Ein wenig steif übermittelte er seine Glückwünsche.
    Dann traf die heißersehnte Depesche aus Rom ein. Der Besuch des Zaren bei Papst Gregor sei bestens verlaufen, stand darin. Nikolaus habe dem über siebzigjährigen Oberhaupt der katholischen Kirche einen Handkuss und das Versprechen gegeben, dass alle Katholiken in Russland ihre Religion ohne Repressalien ausüben durften. Auch würden Ollys Kinder katholisch erzogen werden, nur Olly selbst würde ihrem Glauben treu bleiben, was dank des zwischen beiden Kaiserhäusern einstmals geschlossenen Geheimvertrags, der inzwischen wieder aufgetaucht war, ja erlaubt war.
    Der Papst habe sich das blass gewordene alte Dokument angeschaut und war damit zufrieden gewesen. Im Allgemeinen sei der kleine, schmächtige Mann sehr wohlwollend und angenehm erschienen, schrieb Nikolaus. Sämtliche Hindernisse waren endlich ausdem Weg geräumt, er hatte dem Wunsch Wiens voll und ganz entsprochen. Nun wollte er es sich nicht nehmen lassen, Fürst Metternich dies höchstpersönlich mitzuteilen.
    Olly konnte ihr Glück nicht fassen: So viele Jahre hatte auf ihrem Weg ein Stolperstein nach dem anderen gelegen. Und nun lief auf einmal alles so glatt.

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