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Die Zarentochter

Die Zarentochter

Titel: Die Zarentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Grabesstimme, ohne auf ihren leichten Ton einzugehen. »Ich bin froh, dass diese Zeit vorüber ist. Meine Kinder-und Jugendjahre waren geprägt von Einsamkeit und Gefühlskälte. Vater hat es wahrlich gut verstanden, einer Kinderseele ständig neue Wunden zuzufügen. Wenn ich morgens aufwachte, war mein erster Gedanke:Was wird er mir heute wieder antun? Nimmt er mir mein Kätzchen weg? Entlässt er die Köchin, weil er gesehen hat, dass ich mich am Vortag bei ihr ausweinte? Welche gemeine Strafe hat er sich für mich ausgedacht, um mir das Weinen ein für alle Mal auszutreiben? Im Grunde hatte ich immer nur Angst vor ihm.«
    Angst vor dem eigenen Vater? Olly runzelte die Stirn. Respekt, das schon. Aber doch nicht Angst. »Und was war mit deiner Mutter? Hat sie sich nicht schützend vor dich gestellt?«
    Karl winkte müde ab. »Mutter! Die hat doch selbst schreckliche Angst vor seinem Zorn, daran hat sich bis zum heutigen Tag nichts geändert. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass sie sich ihm jemals widersetzt hätte. Niemand stand mir bei, nicht meine Erzieher, nicht meine Geschwister und auch sonst auch keiner. Alle kuschten sie vor dem großen, mächtigen König. Das waren einsame Jahre …«
    Olly floss das Herz über vor lauter Mitgefühl. Sie umarmte Karl spontan und nahm sich vor, dass es ihm fortan an Liebe nicht mehr mangeln würde. Mit der Zeit würde er dann lernen, selbst auch zärtlich und verschwenderisch mit seinen Gefühlen zu sein.
    Auch Friedrich Hackländer war des Öfteren mit von der Partie. Stets begegnete er Karl und Olly warmherzig und mit großem Re spekt. Dass er es gut mit dem Prinzen meinte, daran gab es für Olly keine Zweifel. Trotzdem konnte sie sich nicht für den Mann erwärmen, vielmehr nahm sie ihm noch immer übel, wie negativ er in Palermo auf Karl eingeredet hatte, statt ihm den Rücken zu stärken.
    »Kann es sein, dass du eifersüchtig auf ihn bist? Die beiden Männer stehen sich doch sehr nahe«, sagte Anna, was Olly jedoch heftig bestritt. Sie und eifersüchtig auf einen Mann? Nie und nimmer!
    »Was für ein schreckliches Wetter«, murmelte die Zarin vor sich hin, während ihre Kutsche die ersten Straßenzüge von Salzburg passierte. Es regnete in Strömen, die Häuserfronten waren triefnass und dunkel. Der weiße Flieder, der in den Vorgärten und Parks verschwenderisch blühte, war vom vielen Regen braun und duftlos geworden.
    Alexandrazog ihre Pelzstola enger um sich. Ein heißes Bad, eine Tasse Schokolade und ein bisschen Ruhe – dafür hätte sie alles gegeben! Ausruhen an einem prasselnden Kaminfeuer, keine angestrengte Konversation, irgendwann die Augen schließen und sanft in einen traumlosen Schlaf hinübergleiten. Reiß dich zusammen!, schalt sie sich. Solchen Wunschgedanken durfte sie sich heute nicht hingeben.
    »Ob das Wetter ein schlechtes Omen ist?«, fragte Olly. »Mir ist gar nicht wohl zumute, und Bauchweh habe ich auch. Vielleicht werde ich krank. Womöglich wäre es am besten, das Treffen mit deinem Vater zu verschieben. Was meinst du?« Fragend wandte sie sich an Karl, doch der starrte nur mit leerem Blick hinaus in den Regen.
    »Du kommst auf Ideen! Karls Eltern sind doch extra aus Stuttgart angereist, um uns zu treffen«, erwiderte Alexandra. Sanfter fügte sie hinzu: »Mach dir keine Sorgen, der König und die Königin werden dich lieben, du wirst schon sehen.« Olly sah wenig überzeugt aus. Ihre angestrengte Miene mit der steilen Falte auf der Stirn erinnerte Alexandra sehr an Nikolaus kurz vor einer seiner schrecklichen Migräneattacken. Fing das Elend bei ihrer Tochter nun etwa auch an?
    Karl schaute währenddessen so bedrückt drein, als stünde ihm der Gang zum Scheiterhaufen bevor und nicht ein Besuch bei den Eltern. Auch Anna Okulow hatte die Angespanntheit der jungen Leute bemerkt.
    »Olly, schau – ist das nicht der berühmte Salzburger Dom? Verehrter Prinz, waren Sie eigentlich schon einmal in Salzburg?«, fragte sie betont fröhlich.
    Sowohl Olly als auch Karl antworteten einsilbig und verfielen dann wieder in dumpfes Schweigen. Olly kaute nervös am Nagel ihres Zeigefingers. Erst als Alexandras strafender Blick sie traf, hörte sie damit auf.
    Alexandra schmunzelte. So verunsichert kannte sie ihre Tochter gar nicht, normalerweise war sie doch eher forsch. Aber natürlich war es ihr außerordentlich wichtig, dass das erste Treffen mit ihren zukünftigen Schwiegereltern gut verlief. Im Augenblick sah es jedoch soaus, als würde Olly bis

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