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Die Zarentochter

Die Zarentochter

Titel: Die Zarentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Herzens hören? Dann wüsstest du, dass ich recht habe.«
    »Was weißt du schon von der Stimme meines Herzens!«, fuhr Olly auf. »Würdest du Karl kennen, wüsstest du, wie gut wir zwei zusammenpassen.«
    »Das tut ihr eben nicht. Ich habe Dinge über den Prinzen gehört – Olly, das kann nicht gutgehen! Ich beschwöre dich, lass es bleiben.«
    Sie schaute ihn voller Abscheu an. »Du würdest alles tun oder sagen, um mir mein Glück zu nehmen, nicht wahr? Hättest du dich nur damals, als es um uns ging, ebenso engagiert. Aber nein, du konntest ja nicht einmal die Zeit bis nach Saschas Hochzeit abwarten, sondern hast dich vor lauter Ungeduld in Julias Arme gestürzt. Damals hättest du mir solch einen verrückten Vorschlag machen sollen, statt …« Sie winkte ab. Damals wäre sie wahrscheinlich mit ihmweggelaufen. Sie hätte alles für Alexander aufgegeben. Und was hatte er getan? Ihre Liebe mit Füßen getreten. Eine andere geküsst.
    Mit vor Aufregung zitternder Stimme fuhr sie fort: »Und dann in der Zeit nach Adinis Tod, als du in der Stadt warst und wir uns wieder öfter sahen. Wer weiß, wozu ich in meiner Trauer fähig gewesen wäre. Das Zusammensein mit dir hat mir gutgetan, ich war so verletzlich, so … Doch gerade zu jener Zeit, als ich dich wirklich gebraucht hätte, warst du plötzlich wieder weg. Ein auswärtiges Manöver deines Regimentes, bei dem du nicht fehlen durftest. Dabei hätten Sascha oder Cerise gewiss ein gutes Wort für dich eingelegt, hättest du in St. Petersburg bleiben wollen. Aber das war dir wohl nicht wichtig genug. Ich war dir nicht wichtig genug. Und heute kommst du daher und willst mir etwas von Liebe erzählen? Du weißt doch gar nicht, was Liebe ist.« Mit fahrigen Bewegungen leinte sie ihren Hund an. Sie hatte dieses Gespräch so satt! Was bildete sich Alexander überhaupt ein? Erst lockte er sie unter falschem Vorwand aus ihrem Zimmer, und dann glaubte er, sie würde mir nichts, dir nichts ihre ganzen Zukunftspläne über den Haufen werfen.
    »Ich danke dir für deinen Besuch«, sagte sie gestelzt. »Aber nun muss ich dringend zurück ins Hotel. Meine Mutter und ich müssen noch etliche Einkäufe erledigen. Du glaubst ja nicht, was es für eine so große Hochzeit alles zu besorgen gilt.«

30. KAPITEL
    Peterhof, im Juni 1846
    F ast acht Monate waren Olly und ihre Mutter fort gewesen. In der duftenden Blütenfülle Italiens hatte sie gar nicht gemerkt, wie sehr sie Russland vermisste. Nun durchströmte sie ein immenses Glücksgefühl, wann immer sie durch die langen Gänge des Großen Palastes in Peterhof spazierte oder in einem Wagen durch St. Peters burg fuhr. Endlich wieder zu Hause! Der Anblick einer goldenen Kuppel, der Duft einer Tasse schwarzen russischen Tees, der Klang der herrlichen Gesänge beim Willkommensgottesdienst – alles ließ Tränen der Rührung in ihr aufsteigen. Wohin sie kam, wen immer sie traf, jeder gratulierte ihr zu ihrem Bräutigam, dem zukünftigen König von Württemberg. Olly nahm die Glückwünsche lächelnd entgegen, blieb innerlich jedoch unberührt: Die Hofdamen, Cousinen und Bekannten, die ihr heute schmeichelten, waren oftmals dieselben, die sie vor nicht allzu langer Zeit als alte, glücklose Jungfer verspottet hatten. Nicht zum ersten Mal empfand Olly den höfischen Zirkus als oberflächlich und scheinheilig. So bitter diese Erkenntnis auch war, sie erleichterte ihr den Gedanken an den nahenden Abschied. Die meisten Hofdamen und Kammerherren würde sie gewiss nicht vermissen.
    Stundenlang beschäftigte sie sich mit dem Sichten und Verpacken ihrer Aussteuer und der Geschenke, die täglich zahlreich eintrafen. Daneben gab es genügend andere Hochzeitsvorbereitungen, bei denen ihr Mary, Cerise und die Zarin mit Rat zur Seite standen. Ollygenoss diese Stunden im Kreis ihrer Lieben, aber sie vertrieben ihre Sehnsucht nach Karl nicht.
    Täglich schrieb sie ihm lange Briefe. Er war es, nach dem sie sich sehnte. Ganz gleich, wie sehr sie ihre Familie und ihre Freunde liebte – tief in ihrem Inneren spürte sie, dass sich ein Teil von ihr schon abgelöst hatte.
    Gedankenverloren sah Olly aus dem Fenster. Es war der dreißigste Juni. Morgen, am ersten Juli, war der Geburtstag ihrer Mutter. Morgen feierten ihre Eltern außerdem ihren Hochzeitstag. Den wievielten, wusste Olly nicht.
    Morgen würde sie Karl heiraten.
    Die meisten Gäste waren schon vor dem fünfundzwanzigsten Juni zur großen Verlobungsfeier angereist: die Verwandtschaft aus

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