Die Zarin der Nacht
Hinweise auch nicht gänzlich enthalten. »Es ist der Regent, den du im Auge haben musst«, sagt sie. »Trotz all seiner Versprechungen ist er derjenige, der versuchen wird, uns Hindernisse in den Weg zu legen.«
»Ich weiÃ. Ich beobachte ihn.«
»Dann ist es ja gut.«
Ein kleiner Sieg, und dennoch, wie groà ist Platons Freude darüber! Er umarmt sie und strahlt dabei wie der Polarstern. »Es wird alles genau so ausgehen, wie du es wünschst, Katinka«, murmelt er. Alexandrine, Königin von Schweden. Von ihrem Gatten geliebt. An ihrer Seite ihr orthodoxer Beichtvater und Priester, der sie heimlich berät. Schwedische Politik, die sich nach und nach immer mehr in den Dienst russischer Interessen stellt.
Einen Moment lang sieht er tatsächlich aus wie ein triumphierender Krieger, der von der Bergspitze herab auf das Schlachtfeld mit den erschlagenen Feinden blickt. Das Stöhnen der Sterbenden hört, die blutigen Banner sieht. Und die wogende Menge seiner eigenen Truppen, die ihn verehren.
Denn wer ein Liebling der Frauen ist, möchte von Männern geliebt werden.
Einen Moment lang erinnert sie sich an Grischenka und wie sie beide im Triumph über Mustafas Niederlage gekichert haben. Die gefallenen Festungen zählten. Die türkischen Drohungen ignorierten. Kinder der Vorsehung. Die ihre Schritte sorgfältig berechneten, mit denen sie das Schicksal in die richtige Richtung schoben.
Immer noch bereiten die warmen, feuchten Küsse, die Liebkosungen junger Arme ihr einiges Vergnügen. Die bewundernden Blicke, die sie über alle anderen Frauen erheben. Der Stolz in den Augen eines jungen Mannes, dass sie, seine Kaiserin, ihn unter so vielen anderen erwählt hat.
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Le Noiraud entfernt sich strahlend. Als die Tür sich schlieÃt, hört sie seine Stimme aus dem Vorraum, die irgendjemanden wegen seiner Langsamkeit schilt und einen anderen zur Eile antreibt.
Durch ihren glücklichen Liebhaber friedlich gestimmt, gestattet sie sich, an die Toten zu denken. Nicht lange, aber lang genug, um deren Warnungen zu hören.
Sei nicht allzu närrisch, Katinka, tadelt Grischenka sie. Er ist eingebildet. Er überschätzt sich.
Liebt er dich auch genug, Matuschka ?, fragt Sascha Lanskois Stimme. Ist er überhaupt zur Liebe fähig?
Aber sind die Toten nicht immer eifersüchtig auf die Lebenden?
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Was ich nicht ändern kann, unterminiere ich, denkt sie, als Prinz Adam gemeldet wird.
Die vergoldeten Türen öffnen sich, und Alexanders Freund tritt mit einer Miene einstudierter Besorgnis ein.
Prinz Adam ist hergekommen, weil sie es gewünscht hat. Sein Aufenthalt am russischen Hof ist die Bedingung für ihr zukünftiges Wohlwollen seiner Familie gegenüber, die so töricht den Aufstand unterstützt hat. Die Besitzungen der Czartoryskis sind nur beschlagnahmt, nicht konfisziert worden, doch der alte Fürst Czartoryski hat ihre Entscheidung als das verstanden, was sie ist: als Warnung. Geben Sie mir einen einzigen weiteren Grund für Russlands Missfallen, und eine mächtige Familie wird stürzen. Wenn Sie wünschen, dass ich Ihnen vergebe und meinen Befehl aufhebe, dann lassen Sie Ihren Erben selbst sehen, wie Russland in Wirklichkeit ist, lassen Sie ihn schauen und lernen.
So hat sie damals gedacht. War es ein Fehler?
Man könnte ebenso argumentieren, dass diese Freundschaft â mit all ihrer jugendlichen Torheit â eine gute Sache ist. Der Erbe einer mächtigen polnischen Familie ist mit einem russischen
Thronerben verbunden. Bande, die so früh geschmiedet werden, könnten sehr dauerhaft sein. Die Wechselfälle des Lebens überstehen. Ein Vabanquespiel? Ja. Aber wenn es funktioniert, dann sind solch starke Bande gefeit gegen Käuflichkeit oder gesetzliche Verordnungen.
Prinz Adam verneigt sich mit geschliffener Eleganz. Er hat dunkle Ringe unter den Augen. Beweis einer durchwachten Nacht. Eines weiteren langen Gesprächs mit Alexander? Schlafen die jungen Leute überhaupt jemals?
»Ich möchte Ihnen sagen, wie dankbar ich für Ihren Einfluss auf den GroÃfürsten bin«, sagt sie.
Prinz Adams Gesicht erstarrt für einen kurzen Moment. Wenn er hofft, seine Gedanken verbergen zu können, so muss sie feststellen, dass seine Maske durchlässig ist, sein Unbehagen verrät.
»Mein Enkel erzählt mir die wunderbarsten Dinge von Ihren Sommerspaziergängen«,
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