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Die Zarin der Nacht

Die Zarin der Nacht

Titel: Die Zarin der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Stachniak
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meinem Herzen auf der Seite seiner unglücklichen Landsleute bin, die nicht für ihr Land eintreten können, wenn sie nicht ihre Freiheit und ihr Vermögen verlieren wollen.«
    â€ƒ Mir fiel ein neuer Unterton von Bitterkeit in der Stimme des Großfürsten auf. Er hielt inne, und für einen Moment war der Fluss seiner Beichte – denn das war es in Wahrheit – unterbrochen. Er war sehr aufgewühlt und kämpfte mit seinen Gefühlen: »Man vertraut mir nicht … ich bin der Gegenstand ständiger Sorge … meine Gefühle werden als kindisch und oberflächlich abgetan.«
    â€ƒ Wie sehr hätte ich mir gewünscht, stehen zu bleiben, seine Hand zu nehmen und ihm zu versichern, wie froh ich
über diese noblen Worte sei, aber ich hielt mich an mein Versprechen und ließ meine Beine weiterlaufen.
    â€ƒ »Da ich aufrichtig zu dir bin, hoffe ich, dass du mir in Zukunft genügend vertraust, um ebenfalls aufrichtig zu mir zu sein. Glaub mir, wenn ich sage, dass ich deine Gefühle respektiere, deine Sorgen und deinen Schmerz teile. Unter all den vielen Personen an diesem verhassten Hof teilt nur meine Frau meine Ansichten. Auch sie schaudert es bei dem Gedanken an Ungerechtigkeit. Jeder andere hätte mich verraten.«
    â€ƒ In diesem Augenblick blieb der Großfürst von Russland stehen und berührte kurz meinen Arm.
    â€ƒ »Wirst du mich mit deinem vollen Vertrauen beehren?«, fragte er mich. »So wie ich dir soeben mein Vertrauen geschenkt habe?«
    â€ƒ Ich nickte stumm, zu bewegt, um meiner Freude Ausdruck zu verleihen. Ein Zarewitsch, der im Hass auf alles Polnische erzogen wurde, der von Schmeichlern umgeben ist und von Träumen von absoluter Macht, hat all das mit unversehrter Seele überstanden! Welchen Beweis brauche ich noch, um zu glauben, dass die Herrschaft der Tyrannei keine Zukunft hat? Dass das Ende der Ungerechtigkeit naht!
    *
    Im Staatsschlafzimmer hängt ein Gemälde von Mariä Verkündigung, das Katharina gerne betrachtet. Sie findet es erstaunlich, wie wenig ein geschickter Maler tun muss, um die Wirkung von Kostbarkeit zu erzeugen. Die Perlen am Saum von Marias Gewand sind nur graue Klümpchen, jedes mit einem Tupfer Weiß, aber so perfekt abgestimmt, dass jeder Farbklecks, wenn man einen Schritt zurücktritt, zu einem Juwel wird.
    Sie erkennt eine Lehre darin. Augen lassen sich leicht täuschen. Man muss nicht alle Einzelheiten liefern, ein Hinweis
reicht schon. Alles Übrige kann vom Gedächtnis oder von Wunschdenken ergänzt werden.
    Sie liegt ausgestreckt auf ihrem Bett und hört Le Noiraud zu, der ihr berichtet, die Verhandlungen mit dem schwedischen König kämen gut voran. Er hat mit Morkow sämtliche Klauseln entworfen. Sie werden sich morgen mit den Schweden treffen, um den endgültigen Wortlaut zu besprechen.
    Die Ära Russlands ist angebrochen. Ihres Russlands, das Europa seine wahre Natur gezeigt hat. Es ist eine Ära der Eroberungen und harten Verhandlungen. Verglichen mit den Osmanen und Polen, dauern die Auseinandersetzungen mit Schweden am längsten. Und der Regent unternimmt noch immer Versuche, mit den Franzosen anzubändeln. All das wird ein Ende haben, wenn Alexandrine erst einmal Königin der Schweden ist.
    Â»Morgen?«, fragt sie.
    Â»Direkt nach dem Frühstück«, erwidert Le Noiraud.
    Sie blickt auf die Uhr. »Zeig mir, was du vorbereitet hast«, sagt sie. Ihr Ton ist ein Fehler, merkt sie, kaum dass sie die Worte geäußert hat. Platon ist nicht Besborodko. Für ihn sind die Verhandlungen keine Regierungsgeschäfte, sondern die Möglichkeit, seine Nützlichkeit zu beweisen. Sie hätte indirekter vorgehen, ihn eher anspornen sollen.
    Â»Vertraust du mir nicht einmal so weit, Katinka? Oder hat Besborodko dir wieder etwas eingeflüstert?« Sein verletzter Ton tut ihr weh.
    Â»Ich diskutiere mit niemandem über dich«, erwidert sie und hofft, das genügt, zumindest fürs Erste.
    Le Noiraud nickt, sieht sie aber nicht an. Was als Nächstes folgen wird, wenn sie diese Albernheiten nicht beendet, ist beleidigtes Schweigen, seine letzte Waffe. Sie sollte ihn sein lassen, wie er ist, ihren jungen Liebhaber. Sei nachsichtiger, befiehlt sie sich. Er möchte dich doch beeindrucken.
    Dies ist der Zeitpunkt für einen Kompromiss. Sie wird nicht verlangen, den Entwurf zu sehen, kann sich aber eines war
nenden

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