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Die Zauberer 01 - Die Zauberer

Die Zauberer 01 - Die Zauberer

Titel: Die Zauberer 01 - Die Zauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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auch euch, Schwestern und Brüder, für euer ebenso rasches wie zahlreiches Erscheinen.«
    »Wir sind längst nicht vollzählig«, sagte Vater Semias einschränkend. »Wie ihr wisst, weilen zahlreiche Ratsmitglieder, unter ihnen auch der Stellvertretende Vorsitzende Cethegar, derzeit nicht in Shakara.« »Dennoch befindet sich in dieser Halle, wenn mich meine Augen nicht trügen, eine beschlussfähige Mehrheit, oder nicht?«, wandte Palgyr ein. »Das ist durchaus richtig«, bestätigte der Älteste seufzend. »Trage dein Anliegen also vor.«
    »Hab Dank, Vater.« Palgyr deutete eine Verbeugung an, während sich unter Farawyns Anhängern Unmut regte. Ihnen allen war klar, weshalb dessen Rivale gerade zu diesem Zeitpunkt eine außerordentliche Versammlung einberufen hatte, ebenso wie sie nur zu gut wussten, weshalb er Semias gleich zu Beginn der Beratung angegriffen hatte: Er vermittelte dem Ältesten das Gefühl, ihn ungerecht behandelt zu haben, und sicherte sich damit schon im Voraus Zugeständnisse. Was immer Palgyr im Schilde führte, er schien es um jeden Preis erreichen zu wollen. Aber worum konnte es sich dabei handeln? Zumindest in dieser Hinsicht herrschte bei seinen Gegnern im Rat Unklarheit. Bis zu dem Augenblick, da Palgyr nach einer wortreichen Einleitung auf den Kern der Sache zu sprechen kam ...
    »Und aus diesem Grund, Schwestern und Brüder«, rief er, »nehme ich für mich das Recht in Anspruch, das auch jedem anderen Meister zusteht, ob Mitglied dieses Rates oder nicht: das Recht, Lehrer zu sein!«
    »Du ... du willst dir einen Schüler nehmen?«, fragte Semias mit gerunzelter Stirn.
    »So ist es, Vater.«
    »Aber weshalb berufst du dann eine außerordentliche Versammlung ein? Du bedarfst nicht der Zustimmung des Rates, um dir einen Novizen zu wählen.« »Dessen bin ich mir bewusst, weiser Vater«, versicherte Palgyr, der offenbar etwas verbarg. »Und ich hätte auch ganz sicher nicht die Dreistigkeit besessen, euch alle wegen etwas einzuberufen, das zur guten und bewährten Tradition unseres Ordens gehört. Der wahre Grund ist ein anderer. Ich nehme nicht nur das Recht für mich in Anspruch, mir einen Schüler nehmen zu dürfen, sondern auch jenes Sonderrecht, das unserem allseits geschätzten Bruder Farawyn vor diesem ehrwürdigen und hochweisen Rat eingeräumt wurde.« »Von welchem Recht sprichst du?«, wollte Semias wissen.
    »Wird der Rat mir zugestehen, was er auch Farawyn zugestanden hat?«, fragte Palgyr dagegen, und es blitzte in den schmalen Augen seines
    Raubvogelgesichts.
    Semias' Zögern währte nur einen kaum merklichen Augenblick. Dem Ältesten war klar, dass er die Einheit des Rates und damit des gesamten Ordens nachhaltig gefährdete, wenn Palgyr nicht die gleichen Privilegien zugestanden wurden wie seinem Rivalen. »Nun«, erwiderte er deshalb, wenn auch zurückhaltend, »ich möchte doch annehmen, dass vor diesem Gremium alle gleich sind ...«
    »Nichts anderes habe ich erwartet«, behauptete Palgyr, und sein triumphierendes Lächeln gab Semias das Gefühl, einen folgenschweren Fehler begangen zu haben. Einen Fehler, der sich niemals wieder korrigieren ließ auch wenn er in Wahrheit nicht wirklich die Wahl gehabt hatte. »Diener«, rief Palgyr laut, »führe den Novizen herein!«
    Wie Ihr wünscht...
    Es dauerte einen Moment, dann wurde die große Pforte, die sich auf der anderen Seite der langen Halle befand, dem Sitz des Ältesten gegenüber, von außen geöffnet. Scheinbar wie von selbst schwang sie auf, und zwei Gestalten erschienen - die eine winzig und von schmächtigem Wuchs, die andere mannsgroß und in einen weiten Mantel gehüllt, dessen Kapuze sie tief ins Gesicht gezogen hatte und dessen Saum um ihre hageren Beine schlug. Wenn die Aufnahme mehrerer Novizen in den Orden anstand, wurde dafür ein eigenes Ritual abgehalten, bei dem sich die Schüler in Einsamkeit und Askese geistig und körperlich reinigen mussten, ehe sie in den Lichtschein caladas treten durften und sich der Musterung durch den Hohen Rat zu stellen hatten. Bei einzelnen Aufnahmeanträgen wurde auf diese Prozedur verzichtet; der Schüler wurde sofort dem Rat vorgeführt, und sein Meister hatte dafür zu bürgen, dass er sich körperlich und geistig auf die bevorstehende Herausforderung vorbereitet hatte.
    Ariel, der Ratsdiener, verließ nach einer Verbeugung wieder den Saal, schloss die Pforte, und zurück blieb nur der Schüler, der eingeschüchtert verharrte. »Komm nur«, ermutigte ihn Palgyr und

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