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Die Zauberer 01 - Die Zauberer

Die Zauberer 01 - Die Zauberer

Titel: Die Zauberer 01 - Die Zauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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herrschte. Noch in der Nacht zuvor hätte er es vielleicht als bedrückend empfunden, an einem Ort wie diesem allein zu sein, nun jedoch war er richtiggehend dankbar dafür, denn auf die Gesellschaft der anderen konnte er im Moment gut verzichten. Verwirrung war das Wort, das seinen Gemütszustand am besten umschrieb. Verwirrung über die Dinge, die er gesehen und erfahren hatte. Verwirrung über die Gefühle, die er dabei empfunden hatte. Verwirrung über die Reaktion der anderen.
    Er war beinahe froh darüber, zum Wachdienst verdonnert worden zu sein, denn er hätte ohnehin nicht geschlafen. Sobald er die Augen schloss, sah er den blutenden Stumpf von Cethegars verstümmeltem Bein und hörte die entsetzlichen Schreie des Stellvertretenden Ordensmeisters. Die Erinnerung daran genügte, um Granock am ganzen Körper zittern und seinen Magen rebellieren zu lassen, nicht nur vor Entsetzen, sondern auch und vor allem aus Wut.
    Wut auf Farawyn, der ihn vor den anderen zurechtgewiesen hatte. Wut auf Alannah, für die hohle Phrasen wie Ehre und Ansehen mehr zählten als das Wohl ihres Meisters. Vor allem aber Wut auf sich selbst - und während er über sich und seine Situation nachdachte, ließ der Zorn auf die beiden anderen nach und steigerte sich jener, den er gegen sich selbst empfand, sodass er im Lauf der Nacht zu regelrechtem Selbsthass wurde.
    »Granock ... ?«
    Es war die Stimme Aldurs, die ihn irgendwann gegen Morgen aus seinen Gedanken riss. Die Farbe des Himmels hatte jene von Schiefer angenommen, und von Osten her schickte sich die Dämmerung an, den Bann der Nacht zu brechen. Die Lichtung, auf die Granock von seinem hohen Posten aus blicken konnte, lag still und friedlich, und nichts erinnerte mehr an den dramatischen Kampf vom Vortag. Fast hätte man glauben können, alles wäre nur ein Albtraum gewesen - dass es nicht so war, war Aldurs bekümmertem Gesichtsausdruck zu entnehmen.
    »Morgen«, begrüßte Granock den Elfen, der zu ihm auf den Baum geklettert war - und das so lautlos, dass Granock ihn nicht einmal gehört hatte. »Willst du mich ablösen?«
    »Nein.« Aldur schüttelte den Kopf. »Ich soll dir sagen, dass wir in einer Stunde aufbrechen.«
    »Also doch.« Granock nickte.
    »Es ist das Beste für uns alle«, erklärte Aldur achselzuckend.
    »Vielleicht. Es ist nur ...«
    »Was denkst du?«, fragte der Elf und schaute ihn erwartungsvoll an. »Willst du es mir verraten?«
    Granock zögerte. Die ganze Nacht über hatte er nachgedacht und gegrübelt, und gegen Morgen war ihm tatsächlich aufgegangen, weshalb er sich tags zuvor derart vehement gegen seinen Meister aufgelehnt hatte. Aber sollte er das jemandem anvertrauen, der noch bis vor Kurzem sein erklärter Feind gewesen war? Zwar hatten sie ihre Rivalität offiziell begraben, aber konnte er Aldur wirklich vertrauen?
    Zu seiner Überraschung verzog der Elf das Gesicht zu einem breiten Lächeln. »Ob du es mir verraten willst oder nicht - ich weiß ohnehin, was in dir vorgeht.«
    »So?«
    »Du machst dir Vorwürfe, weil du Meister Cethegar nicht rechtzeitig zu Hilfe gekommen bist. Ein Zeitzauber im rechten Augenblick hätte manches verhindern können ...«
    »Und?«, fragte Granock scharf, der sich durchschaut fühlte. »Würde es dir nicht ebenso ergehen?«
    »Vielleicht«, räumte Aldur ein. »Aber dann würde mir einfallen, dass ich durch den Zauber, den ich zuvor gewirkt hatte, bereits jemanden gerettet habe und dass sich ein Leben niemals gegen ein anderes aufrechnen lässt. Und diese Regel gilt, so vermute ich, nicht nur bei uns Elfen, sondern auch bei euch Menschen.«
    »Das ... ist wahr«, gab Granock zu.
    »Du brauchst dich also nicht zu grämen. Meister Cethegar hat seine Entscheidung getroffen. Mit dir hat das nichts zu tun.«
    »Dann ist er inzwischen also erwacht?«
    Aldur nickte. »Kurz nach Mitternacht kam er zu sich.«
    »Und?«, erkundigte sich Granock besorgt. »Wie geht es ihm?«
    »Du kennst den alten Knochen doch.« Aldur schnitt eine Grimasse. »Den kriegt so leicht nichts unter.«
    »Also machen wir weiter.« Granock nickte düster. Der Gedanke, dass sie einen der Ihren verstümmelt im Dschungel zurücklassen würden, gefiel ihm noch immer ganz und gar nicht.
    »Natürlich. Cethegar kann es kaum erwarten. Er brennt darauf, den Marsch fortzusetzen.« »Er ... tut was?«, fragte Granock verwundert.
    »Er brennt darauf, den Marsch fortzusetzen«, wiederholte Aldur grinsend. »Was hast du denn gedacht? Der Alte ist so stur, dass

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