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Die Zauberer 01 - Die Zauberer

Die Zauberer 01 - Die Zauberer

Titel: Die Zauberer 01 - Die Zauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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dass sowohl das Reich als auch dieser Orden auf Dauer nur bestehen können, wenn wir uns nach außen hin öffnen und in unseren vermeintlichen Feinden Freunde zu finden suchen.«
    »Und das ist wirklich deine Meinung?«, fragte Semias zweifelnd. »Aber natürlich - den Fortbestand des Reiches und des Ordens zu sichern und ihren Ruhm zu fördern«, zitierte Palgyr aus der Eidesformel. »Etwas anderes hätte ich nie im Sinn. Früher nicht und auch jetzt nicht.«
    »Und es geht dir nicht darum, es einem Rivalen heimzuzahlen, indem du dich seiner Argumentation bedienst, um damit genau Gegenteiliges zu erreichen?« »Vater, wo denkst du hin?«, fragte Palgyr entrüstet, und um alle Zweifel auszuräumen, fügte er, auf die Statuen der Könige deutend, hinzu: »Der Zorn unserer Ahnen soll mich treffen, würden solche niederen Beweggründe mein Handeln diktieren.«
    Vater Semias erwiderte nichts. Steif saß er da, den Blick auf Palgyr gerichtet, und dachte angestrengt nach.
    »Vater!«, rief Meister Codan entsetzt. »Du wirst solchen Worten doch nicht etwa Glauben schenken? Palgyr geht es nur darum, uns alle bloßzustellen!« »Bruder Palgyr lautet die korrekte Anrede, Bruder Codan«, verbesserte Palgyr kaltschnäuzig. »Und ich versichere sowohl dir als auch allen anderen Schwestern und Brüdern, dass ich keineswegs etwas so Schändliches plane. Gewiss, ich gebe es zu: Die Niederlage, die unser geschätzter Bruder Farawyn mir vor einiger Zeit in dieser Halle beibrachte, hat mich geschmerzt. Aber wie man es mir einst als jungen Novizen beibrachte, habe ich aus meiner Niederlage gelernt und eine Schwäche zur Stärke gemacht. Das Ergebnis meiner Läuterung seht ihr hier vor euch.« Und mit den letzten Worten wies er auf den Orkschamanen.
    »Das Ergebnis deiner Läuterung?«, rief Codan erbost. »Du hast die Frechheit zu behaupten, dieser Unhold wäre deine Wiedergutmachung an Bruder Farawyn?«
    »Nun, Bruder Codan, wenn du es so sehen willst...«
    »Unerhört, unerhört!«, rief eine junge Zauberin, die unweit von Codan saß und aufgesprungen war. Doch sofort meldeten auch Palgyrs Anhänger sich zu Wort, und zu beiden Seiten des Saals erhoben sich die Ratsmitglieder von ihren Plätzen, verfielen in lautes Geschrei und schwenkten drohend die Fäuste.
    Von seinem hohen Sitz aus sah Semias mit Besorgnis, was im Saal vor sich ging. Dies war fraglos eine historische Stunde. Genau das war geschehen, was zu verhindern der Älteste stets als die wichtigste seiner Aufgaben betrachtet hatte: Der Rat stand kurz davor, sich zu spalten, und mit ihm der ganze Orden. Und dies in einer Zeit der Unsicherheit und der Veränderung. Was auch immer geschah und welche Opfer er dafür auch immer bringen musste, der Älteste durfte nicht zulassen, dass die Einheit des Ordens verloren ging. Nicht in einer Zeit wie dieser, wie hoch der Preis dafür auch immer sein mochte ... Er hob die Arme, um den Tumult einzudämmen, aber es war, als wollte er kraft seiner Gesten und Worte einen tobenden Sturm besänftigen. Erst als er zum Zauberstab griff und eine energetische Entladung aus dem großen Kristall unterhalb des Gewölbes die Gestalt des Ältesten für einige Augenblicke sonnenhell erstrahlen ließ, legte sich das wüste Geschrei ein wenig, völlige Stille kehrte jedoch nicht ein, dazu war die Erregung zu groß.
    »Schwestern! Brüder!«, beschwor Semias. »Haltet ein in eurer Raserei und eurem sinnlosen Streit!«
    »Aber Vater!«, rief jemand. »Seht Ihr denn nicht, was hier geschieht?« »Das tue ich«, versicherte der Älteste mit bebender Stimme, »und es erfüllt mein Herz mit tiefer Trauer, dass Bruder gegen Bruder und Schwester gegen Schwester steht. Wir sollten uns in diesen Augenblicken auf das besinnen, was uns eint, statt uns zu entzweien. Eine gemeinsame Vergangenheit. Gemeinsame Werte.
    Und schließlich ein Schwur, den ihr alle geleistet habt und der uns aneinander bindet.«
    Das erregte Getuschel, das hier und dort noch in der Halle zu hören gewesen war, verstummte, und aller Augen waren auf den Ältesten gerichtet, der es mit Autorität und Besonnenheit noch einmal geschafft hatte, die Ratsmitglieder beider Parteien zu beruhigen. Vermutlich das letzte Mal, wenn es nicht gelang, eine Lösung zu finden, mit der beide Seiten leben konnten. Die Existenz des Ordens stand auf dem Spiel.
    »Es ist nicht zu leugnen«, sagte Semias leiser, »dass Bruder Palgyrs Argumentation auch etwas für sich hat.«
    »Aber Vater ...«
    »Persönlich bin ich

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