Die Zauberer 01 - Die Zauberer
Gegenseite war zutiefst empört. Um die erhitzten Gemüter zu besänftigen, unterbreitete Palgyr einen Vorschlag.« »Was für einen Vorschlag?«, fragte Farawyn misstrauisch.
»Er vertrat die Ansicht, man könne Alannahs Charakter besser beurteilen und sich eher eine objektive Meinung über sie bilden, wenn nicht Riwanon ihre Meisterin sei.«
»Was?«, schnappte die Zauberin. »Was unterstellt er mir!«
»Er unterstellt dir gar nichts«, sagte Semias. »Doch um die Gegenseite zu beschwichtigen und damit sich der Rat über diese Frage nicht entzweit, unterstützte ich Palgyrs Vorschlag.«
»I-ich verstehe.« Riwanon nickte, doch Tränen der Enttäuschung blitzten in ihren wasserblauen Augen. »Ihr habt richtig gehandelt, nahad. Nur frage ich mich, was Palgyr mit einem solchen Manöver bezweckt.«
»Er führt irgendetwas im Schilde«, war Farawyn überzeugt. »Wenn ich nur wüsste ...«
»So weit würde ich nicht gehen.« Semias wandte sich mit seinen nächsten Worten wieder an die Zauberin. »Palgyr hegte lediglich die Befürchtung, du könntest voreingenommen sein und deiner Schülerin nicht mit der erforderlichen Distanz begegnen - und ich denke, dass sich das auch nicht ganz von der Hand weisen lässt.«
»Und wer soll jetzt Alannahs Meister werden?«, fragte Riwanon wütend. »Etwa sein Handlanger Cysguran?«
»Nicht Cysguran«, sagte Cethegar, »sondern ich!«
Diese Antwort erstaunte die Zauberin zwar zunächst, beruhigte sie aber auch ein wenig. »Zu wissen, dass sie von jenem Meister unterwiesen wird, der auch mich in die magischen Geheimnisse einführte, ist mir ein großer Trost, Vater«, sagte sie und verbeugte sich.
»Hm«, machte der alte Zauberer nur und nickte knapp, während sich seine buschigen Brauen grimmig zusammenzogen - wie immer, wenn er allzu warmherzige Gefühle zu verbergen suchte. »Ich werde alles daransetzen, aus dem Mädchen ein gutes und wertvolles Mitglied unseres Ordens zu machen. Aber eines steht schon jetzt fest.«
»Was, Vater?«, fragte Riwanon.
»Sie ist nicht du«, entgegnete Cethegar leise, und Riwanon brauchte einen Moment, um seine Worte als Kompliment zu verstehen. Cethegar war ebenso bekannt wie berüchtigt dafür, ein besonders strenger Lehrer zu sein, der seine Schüler aufs Äußerste forderte, jedoch geizig war mit Anerkennung und Lob. Dass er ihr eine solche Achtung entgegenbrachte, half Riwanon ein wenig über die Niederlage - nun, über die teilweise Niederlage - hinweg.
»Und wen werde ich unterrichten?«, fragte sie.
»Ein vornehmer junger Elf aus ruhmreichem Hause«, eröffnete Semias lächelnd, »der mit einer ganz besonderen Gabe gesegnet ist ...« »... und ein wenig Schliff durchaus gebrauchen kann«, fügte Cethegar grummelnd hinzu.
11. GALWALAS
Alles hatten sie ihm genommen.
Seinen Besitz.
Seine Kleider.
Und seinen Stolz.
Aldur hockte in der winzigen Zelle, deren Boden, Wände und Decke aus purem Eis bestanden und deren einzige Einrichtung ein Loch im Boden war, und er fror jämmerlich.
Doch er zitterte nicht nur vor Kälte, sondern auch vor Wut. Wut über den Elfen, der ihn hier eingesperrt hatte - und Wut über sich selbst.
Er kam einfach nicht darüber hinweg, dass er in einem der mächtigsten Zauberer des Ordens nur einen gemeinen Pförtner gesehen hatte, und er fragte sich, ob man ihn wohl überhaupt jemals wieder aus dieser Zelle herauslassen würde.
Er musste an zu Hause denken, an den väterlichen Hain, und er verspürte das starke Verlangen, dorthin zurückzukehren und alle magischen Ambitionen fahren zu lassen.
Schon im nächsten Moment jedoch ermahnte er sich selbst. Ein einzelner ihm übel wollender Zauberer würde nicht ausreichen, um ihn vom Traum seines noch jungen Lebens abzubringen. Solange er denken konnte, hatte er nichts anderes gewollt, als in den Orden einzutreten und ein Weiser zu werden. Auf dieses Ziel hatte er seine ganze Jugend lang hingearbeitet, und er würde es nicht aufgeben, nur weil er in eine hinterhältige Falle getappt war, die man ihm aus Böswilligkeit oder Neid oder warum auch immer gestellt hatte. Niemals!
Aldur begann zu meditieren, so wie Meister Cysguran es ihm geraten hatte. Und das half: Während er nackt und mit verschränkten Beinen auf dem eisigen Boden saß, die Handflächen aneinander gepresst und die Augen geschlossen, spürte er kaum mehr die Kälte, die er eben noch als unerträglich empfunden hatte. Was sie ihm auch nehmen und wie sie ihn auch demütigen mochten, er war
Weitere Kostenlose Bücher