Die Zauberer 01 - Die Zauberer
das du dir nicht vorstellen kannst. Denn ganz gleich, wie ausgeprägt deine Begabung sein mag und wie bedeutend deine Fähigkeit«, sagte Farawyn und deutete auf die linke Seite von Granocks Brust, »letzten Endes ist das Herz der Ort, wo entschieden wird, ob aus einem durchschnittlichen Wesen ein Zauberer wird.«
Granock kam nicht mehr dazu, etwas zu erwidern. Stimmen drangen in den Saal. Die anderen Schüler kamen, die nächste Unterrichtseinheit begann. »Glaub mir, Junge«, sagte Farawyn, der sich bereits zum Gehen wandte, »du wirst noch mehr als genug Gelegenheit erhalten zu zeigen, zu welcher Sorte du gehörst.«
Kaum hatte Farawyn das Rund der Arena verlassen, erschienen Alannah, Ogan und die anderen Novizen. Und natürlich auch Aldur und seine ständigen Begleiter Zenan und Haiwyl. Auch Trea, das Waldelfenmädchen, dessen Blick selbst massiven Fels zu durchdringen vermochte, gehörte zu der Gruppe; wie man munkelte, hatte sie eins ihrer magischen Augen auf Zenan geworfen. Es dauerte nicht lange, bis Meister Cethegar kam, den üblichen grimmigen Ausdruck im Gesicht. Die vielen Zöpfe, zu denen sein Haar und sein Bart geflochten waren, verliehen dem alten Zauberer ein geradezu furchterregendes Aussehen, und Granock schwor sich, dass er sein Haar ebenfalls einmal auf diese Weise tragen würde, irgendwann, wenn er ein großer und weiser Zauberer geworden war.
Ein weiser Zauberer willst du werden? Dann lern zuerst, deine Gedanken zu beherrschen, Granock Holzkopf plärrte eine Stimme in seinem Kopf. Granock schalt sich selbst einen Narren, dass er immer noch vergaß, seine Gedanken abzuschirmen, wie Farawyn es ihm beigebracht hatte. Der Kobold mit der langen roten Nase und dem triefäugigen Blick, der auf Cethegars Schulter hockte und, wie Granock wusste, auf den Namen Flynn hörte, starrte ihn mit einem Blick an, in dem sich Hohn und Grimm mischten. »Was bringt Ihr uns heute bei, Meister Cethegar?«, fragte Alannah beflissen; als Cethegars Novizin war sie eine der wenigen, die es wagten, den Ältesten direkt anzusprechen. Besonders Aldur verhielt sich in Cethegars Anwesenheit auffallend still, was Granock ganz angenehm war. »Vielleicht einen neuen Schattenkampf?«
»Nein, Mädchen«, antwortete Cethegar brummend, während Ogan und ein weiterer Novize namens Pryll die Übungsstäbe ausgaben. »Ich habe euch alles beigebracht, was es über den Schattenkampf zu wissen gibt. Nun will ich sehen, ob ihr auch aufgepasst habt oder ob ich meine Zeit mit euch vergeudet habe. Ihr werdet das, was ihr im Schattenkampf gelernt habt, nun an eurem Gegner erproben. - Granock, Aldur, in die Arena!«
Die Aufforderung war so unvermittelt und in so beiläufigem Ton erfolgt, dass Granock zögerte. »M-Meister?«, fragte er unsicher.
»Du hast mich doch gehört, oder nicht? Los, auf den Kampfplatz mit dir, und nimm des Aldurans Sohn mit, wenn er sich nicht von allein bewegen kann!« Den Namen von Aldurs Vater sprach Cethegar stets mit einer gewissen Distanz aus, die man auch als Spott deuten konnte. Wäre es nicht der Älteste gewesen, hätte ihn Aldur längst zur Rede gestellt. Seinen verkniffenen Zügen war anzumerken, dass ihm das nicht gefiel.
Wortlos leistete er der Aufforderung des Meisters Folge und fand sich in der Mitte des Kampfplatzes ein, wobei er es fertigbrachte, Granock nicht ein einziges Mal anzusehen. Granock scherte sich nicht darum. Es war ihm mittlerweile völlig schnuppe, dass der Elf ihn für einen Barbaren hielt, mit dem er sich nicht abgeben wollte. Nun, im bevorstehenden Übungskampf würde ihm nichts anderes übrig bleiben.
Dem Duell blickte Granock mit gemischten Gefühlen entgegen. Zweimal war es ihm gelungen, des Aldurans Sohn mit einer Mischung aus Gewitztheit und Glück zu bezwingen und vor den Augen der anderen Novizen bloßzustellen. Ein drittes Mal, da war er sich sicher, würde der Elf dies nicht mit sich machen lassen. Im Gegenteil würde Aldur alles daransetzen, sich an ihm zu rächen, und da Granock nur über unzureichende Erfahrung im Umgang mit dem Stab verfügte, würde ihm dies fraglos auch gelingen.
Zögernd fand sich auch Granock in der Mitte des Runds ein, das auf dem Boden markiert war. Die anderen Schüler gruppierten sich auf Cethegars Zeichen hin rings um den Kampfplatz. Granock trat unruhig von einem Fuß auf den anderen, während er den Stab in seinen Händen wog und immer wieder den Griff wechselte. Bald hielt er das Holz waagrecht vor der Brust, dann wie einen Speer auf
Weitere Kostenlose Bücher