Die Zauberer 03 - Das dunkle Feuer
über den Zinnen angebracht, von denen aus glühendes Verderben auf die Angreifer her abgegossen werden konnte. Die Pforte selbst wurde durch dicke Pfeiler verbarrikadiert, außerdem wurde die Außenseite mit Tierfellen beschlagen, die durchnässt wurden, damit sie Schutz vor Brandpfeilen boten.
Auch die Mauern wurden verstärkt, soweit es die knappe Zeit erlaubte: Die Wehrgänge wurden überdacht und ebenfalls mit Brandschutz versehen, Katapulte und Pfeilschleudern in Stellung gebracht, wobei es an Soldaten mangelte, die in der Lage waren, sie zu bedienen. In Anbetracht der Tatsache, dass die Erste Legion von der Hauptstadt abgezogen worden war, um Tirgas Dun zu verteidigen, blieb nichts anderes, als Zivilisten zu den Waffen zu rufen und unter dem Banner des Königs zu versammeln. Poeten und Schreiber, Bildhauer und Sänger, die nie zuvor eine Klinge in ihren Händen gehalten hatten, sollten sich gegen blutrünstige Orks verteidigen und die Mauern der Stadt behaupten, bis General Lavan und die Königslegion zurückkehrten. Farawyns Schätzung nach würde dies erst in einigen Tagen der Fall sein, wohingegen Margoks Horden die Stadt schon bald erreichen würden, vermutlich im Morgengrauen.
Prinz Runan hatte Wort gehalten und seinen Vater um Unterstützung gebeten, der daraufhin dreihundert schwer gepanzerte Zwergenkrieger geschickt hatte: eine Geste tiefer Freundschaft und Bündnistreue, zumal keiner der Krieger, die nach Tirgas Lan gekommen waren, damit rechnete, die Stadt jemals wieder lebend zu verlassen. In Anbetracht der schätzungsweise zehntausend Orks, die sich auf den Schiffen verbargen und womöglich noch Verstärkung erhalten würden durch jene aus der Modermark, war es allerdings nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Hoffnungen nicht nur der Bürger, sondern auch König Elidors und seiner Berater ruhten in diesen Tagen auf niemand anderem als den Zauberern.
Am Fenster seines Quartiers im Palast von Tirgas Lan stehend, blickte Farawyn auf die leeren Straßen hinab. Greise, Kinder und all jene, die aus irgendeinem Grund nicht in der Lage waren, sich zu verteidigen, waren in die Ewigen Gärten verbracht worden, die zum Palast gehörten und eine zusätzliche Ummauerung besaßen. Alle anderen waren zum Waffendienst verpflichtet worden, selbst die Frauen und die Töchter der Ehrwürdigen Gärten. Es beschämte Farawyn, dass Schönheit und Anmut in diesen Tagen unter rasselnden Ketten und eisernen Brünnen verschwanden, aber ihm war klar, dass keine der Frauen von Tirgas Lan freiwillig darauf verzichtet hätte, ihren Beitrag zum Überleben ihres Volkes zu leisten - denn genau darum ging es.
Wenn Tirgas Lan fiel, so fiel das ganze Elfenreich, und Margok wusste das. Der dunkle Herrscher wollte sich ganz Erdwelt Untertan machen und alle Sterblichen unter sein Joch zwingen. Seine Anhänger mochte er mit falschen Versprechungen täuschen, die ein neues Reich und eine bessere Welt versprachen - Farawyn wusste es besser. Wenn Margok den Sieg davontrug, so brach eine Zeit der Finsternis an, in der Tyrannei und Willkür herrschten und das Blut Unschuldiger den Boden tränkte. Die Furcht vor dem Dunkelelfen und seinen Schergen würde alles Leben ersticken, und schon bald würde sich niemand mehr daran erinnern, wie es gewesen war, ein freies und fühlendes Wesen zu sein.
Farawyn wand sich vor Grauen angesichts dieser unerträglichen Vorstellung. Aber genau so würde es kommen, wenn den Horden des Bösen nicht Einhalt geboten wurde. Vor den Mauern Tirgas Lans würde die Entscheidung fallen über Niederlage oder Sieg, Tod oder Überleben.
Der Älteste von Shakara hatte seine Zauberer und ihre Schüler auf die gesamte Stadt verteilt, wo sie mit ihren speziellen Fähigkeiten helfen sollten, die Verteidigung vorzubereiten. Zauberer wie Meister Zenan, dessen Gabe darin bestand, seine Körperkräfte in extremer Weise zu konzentrieren und so enorme Gewichte zu heben, oder wie Meister Asgafanor, der die Fähigkeit mentaler Kinese besaß, waren dabei besonders nützliche Helfer. Aber auch die übrigen Weisen gaben ihr Bestes, um die Bewohner Tirgas Lans zu unterstützen. Vielfach legten sie mit Hand an, wenn es darum ging, Bollwerke zu verstärken oder Brandpfeile mit Pech zu tränken; oder sie nahmen sich wie Bruder Tavalian und Schwester Tarana der Schwachen und Verzweifelten an und sprachen ihnen Trost zu.
Von den Rivalitäten und dem gegenseitigen Misstrauen, das noch vor wenigen Jahren das Verhältnis zwischen dem
Weitere Kostenlose Bücher