Die Zauberer 03 - Das dunkle Feuer
sehen, weil das Licht der Fackeln ihn blendete, und nur ihren Schattenriss erkennen ließ. Dann jedoch kam er näher, und als der Feuerschein auf ihr Antlitz fiel, erkannte er, dass es niemand anders als Alannah war.
Die Nacht war hereingebrochen.
Dichte Wolken hatten sich am Himmel zusammengezogen, und der eisige Wind, der von Nordwesten heranwehte, ließ vermuten, dass sie den ersten Schnee des Jahres bringen würden.
Schwärzeste Dunkelheit lag über Tirgas Lan, die nur von den Fackeln durchbrochen wurde, die auf den Türmen und Wehrgängen der Stadt aufgepflanzt worden waren. Dennoch schlief niemand in dieser Nacht, denn seit dem späten Abend waren die Trommeln des Feindes zu hören, dumpf und bedrohlich, von wilder Rohheit und immer näher kommend. Farawyn wusste, dass es genau das war, was die Orks damit bezweckten, dass sie die Verteidiger einschüchtern und sie daran hindern wollten sich auszuruhen. Aber auch er fand keinen inneren Frieden, seit der erste Trommelschlag erklungen war.
Zusammen mit den Meistern Filfyr und Daior stand er auf dem Wehrgang über dem Großen Tor und spähte nach Westen, wo sich der Wald von Trowna erstreckte und er die Angreifer wusste, irgendwo unter den Wipfeln der Bäume verborgen.
Die Kundschafter, die sie ausgeschickt hatten und von denen nur ein paar wenige zurückgekehrt waren, hatten berichtet, dass Margoks Krieger genau das getan hatten, was befürchtet worden war: Aus den Planken ihrer Schiffe hatten sie sich behelfsmäßige Flöße gezimmert, auf denen sie die Zuflüsse des Glanduin hinaufgefahren waren, mitten hinein in das Herz von Trowna. Den Rest der Strecke hatten sie zu Fuß zurückgelegt - schnaubend und stampfend, eine Schneise der Verwüstung hinterlassend. Noch war in der Schwärze der Nacht nichts von ihnen zu sehen, aber der Wind, der über die Mauern blies, trug bereits den Geruch des Todes heran.
»Mögen unsere Vorfahren uns beistehen«, flüsterte König Elidor, der sich den Zauberern zugesellt hatte. Bei ihm waren Caia und General Irgon sowie die königlichen Leibwächter. Der Fackelschein beleuchtete das Gesicht des Königs, in dem sich Furcht und Sorge gleichermaßen spiegelten.
»Unsere Ahnen haben zu ihrer Zeit Großes geleistet, Majestät«, entgegnete der General, »aber in diesem Fall werden sie uns nicht helfen können. Alles, was diesen Feind aufhalten kann, ist blanker Stahl.«
»Und die Kraft der Magie«, fügte Meister Daior hinzu, der schon an der Schlacht im Flusstal teilgenommen und seither an vielen Orten gegen die Schergen des Dunkelelfen gekämpft hatte.
»Und das wird ausreichen?«, fragte Elidor.
»Wir werden sehen, Hoheit«, entgegnete Farawyn - was er tatsächlich dachte, behielt er lieber für sich.
Es war offenkundig, dass der Wintereinbruch kurz bevorstand. Wenn es zu Schneefällen kam, würde dies das Vorankommen der Ersten Legion noch zusätzlich hemmen. Ohnehin würde es noch mindestens zwei Tage dauern, bis das Ersatzheer eintraf. Eine geradezu unendlich lange Zeitspanne in Anbetracht der feindlichen Übermacht, die die Trommeln ankündigten.
Schweigen trat auf dem Wehrgang ein, und alle lauschten dem gleichförmigen Klang, der durch die Nacht hallte und die Tiere vertrieb. Kreischend flatterten Vögel aus den Bäumen auf und verschwanden in der Dunkelheit, Hasen und Rotwild brachen aus dem Unterholz und ergriffen panisch die Flucht vor dem nahenden Verderben. Und plötzlich erschienen am Waldrand auch die schemenhaften Gestalten mehrerer Reiter ...
»Da kommen sie!«, rief einer der Turmposten, und die Befehle der Kommandanten gellten durch die Nacht. Armbrüste wurden gespannt und Bogensehnen zurückgezogen, um dem Feind ein gebührendes Willkommen zu bereiten. Aber es waren keine Orks, die sich unten auf der Lichtung zeigten ...
Farawyn, der seine Augen zu schmalen Schlitzen verengt hatte, um in der Dunkelheit besser sehen zu können, beugte sich über die Zinnen. Noch hatten die Reiter - es waren acht - den Lichtkreis der Feuer nicht erreicht, sodass sie nicht genau zu erkennen waren. Aber die steife Haltung, mit der sie in den Sätteln saßen, und das unruhige Schnauben der Pferde verhießen nichts Gutes.
Unruhig setzten die Tiere einen Huf vor den anderen und näherten sich dem Tor mit träger Langsamkeit - und endlich sah Farawyn den Grund dafür: Die Reiter auf ihren Rücken waren allesamt enthauptet worden!
An der grünen Kleidung erkannte Farawyn, dass es Späher waren, die sie ausgesandt hatten,
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