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Die Zauberer 03 - Das dunkle Feuer

Titel: Die Zauberer 03 - Das dunkle Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Boden. In ihren Brustkörben jedoch klafften hässliche Wunden, die von fünf Speeren rührten, die sie in den Rücken getroffen und durchbohrt hatten - Speere, die nicht aus Holz und Eisen bestanden, sondern aus schimmerndem Eis!
    Obwohl Granock das Gefühl hatte, er müsste verstehen, was geschehen war, dauerte es noch einen Moment, bis er tatsächlich begriff. In dieser Zeit zersplitterten die Eisspeere mit hellem Knacken, und die Wächter brachen zusammen, blieben reglos in ihrem Blut liegen. Hinter ihnen stand Alannah, die Hände noch immer zu dem tödlichen Zauber erhoben, den sie gewirkt hatte.
    Nicht nur ihre Haltung hatte sich verändert; Granock konnte sehen, dass auch jene unnachgiebige Härte aus ihrem Gesicht gewichen war, die ihn so an ihr erschreckt hatte. Blankes Entsetzen spiegelte sich in ihrer Miene, während sie auf Granock starrte, so als erblicke sie ihn erst jetzt tatsächlich.
    »Alannah ...«, stieß Granock mühsam hervor. Die Stimme versagte ihm fast dabei, und erneut drohte er in den dunklen Abgrund der Ohnmacht zu kippen. Er versuchte, sich daran zu hindern, aber es gelang ihm nicht ganz. Als er die Augen wieder öffnete, hing er nicht länger kopfüber von der Decke. Jemand hatte ihn heruntergelassen, ihn von den Fesseln befreit und seine nackte, frierende Gestalt in einen Umhang aus schwarzem Stoff gehüllt. Auf dem nackten Steinboden liegend, kam er wieder zu sich und fragte sich, ob er wachte oder träumte. War er etwa bereits gestorben und war dies die nächste, bessere Welt?
    Das unverminderte Rauschen in seinem Kopf und das Hämmern in seinen Schläfen belehrten ihn eines Besseren. Er war nicht tot, so viel stand fest - aber was, in aller Welt, war geschehen? Er befand sich in einem Gewölbe mit niederer Felsendecke. Eine Fackel sorgte für spärliches Licht...
    »Granock?«
    Alannahs Gesicht erschien plötzlich über seinem, und er begriff, dass sie es gewesen war, die ihn aus seiner elenden Gefangenschaft befreit und von seinen Fesseln erlöst hatte. Eine Woge der Dankbarkeit durchflutete ihn, trotz all der grässlichen Dinge, die sie ihm angetan hatte. Ihr Gesicht war jetzt wieder so strahlend und schön, wie er es in Erinnerung hatte, aber auch traurig. Sie hatte geweint. Gezackte graue Linien verliefen überall dort über ihr Gesicht, wo die Tränen den Puder verwischt hatten, auch an den Lippen, wo unter dem tristen Schwarz wieder lebendiges Rot zum Vorschein gekommen war. Der Anblick erinnerte Granock an einen öffentlichen cinu'ras, der sich nach erfolgtem Vortrag vor aller Augen die Schminke aus dem Gesicht wischte und damit deutlich machte, dass er aus der Rolle, die er verkörpert hatte, wieder ins wirkliche Leben wechselte. Auch Alannah, so schien es, war eine andere gewesen.
    Vier lange Jahre ...
    »Shumai«, hauchte er nur. »Schön, dich zu sehen.«
    Sie wollte antworten, aber sie konnte nicht. Ein erneuter Schwall von Tränen erstickte ihre Stimme und rann so ungehemmt über ihre Wangen, dass er auch noch den letzten Rest von Schminke fortnahm. Mit jeder Träne, die sie vergoss, schien die Elfin ihrem alten Selbst näherzukommen.
    Zumindest äußerlich ...
    »Was habe ich nur getan?«, flüsterte sie schließlich. »Was habe ich nur getan ...?«
    »Was auch immer es war ... es scheint... vorbei zu sein«, knurrte Granock, dem das Sprechen schwerfiel. Er versuchte den Kopf zu heben, aber es gelang ihm kaum. Seine Nackenmuskeln waren verkrampft, und ihm war sterbenselend. Seine Beine, in denen kaum noch Blut gewesen war, konnte er zwar wieder fühlen, sie aber nicht bewegen.
    Sie nickte betreten und schaute an sich herab, betrachtete die lederne Rüstung, die sie trug, mit großem Befremden. »Ich erinnere mich an alles«, stellte sie fest. »Aber es ist, als blicke ich durch rußgeschwärztes Glas. Alles ist dunkel und verschwommen ...«
    »Was ist passiert?«, wollte er wissen. In seinem Kopf hämmerten Tausende winziger Zwerge, und sein Magen, der sich vollständig entleert hatte, drückte nach oben und schien seinen Platz erst wieder finden zu müssen. Sein Pulsschlag ging rasch und, so kam es ihm vor, unregelmäßig, sodass ihm immer wieder schwarz vor Augen wurde.
    »Was passiert ist?« Sie sah ihm direkt in die Augen, und der Schmerz und die Trauer darin erschütterten ihn. Am liebsten hätte er sich aufgerichtet und sie in seine Arme geschlossen, hätte ihr gesagt, dass sie sich nicht zu sorgen brauche und alles gut werden würde. Aber zum einen war er dazu

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