Die Zauberer 03 - Das dunkle Feuer
mag, es ist ohne Bedeutung«, stellte Alannah klar, »denn ich war nicht ich selbst, als ich die Worte sprach. Einen anderen Schwur hingegen habe ich sehr viel früher und in vollem Bewusstsein geleistet - den Eid von Shakara!«
»Und du denkst, du brauchtest dich nur daran zu erinnern, und alles wäre wie früher?« Rothgan schüttelte den Kopf. »Wenn du dich schon erinnerst, dann erinnere dich an alles, Alannah. Zusammen mit mir hast du über die Fernen Gestade geherrscht, und es kommt nicht von ungefähr, dass sie dich die >dunkle Königin< nennen. Du hast Dinge getan, die unaussprechlich sind. Hast du deinem menschlichen Verehrer auch davon erzählt? Vielleicht solltest du das tun - oder soll ich das für dich übernehmen?«
Granock sah, wie Alannah erschrak, und er wusste, dass er eingreifen musste. Zum einen, um Rothgans unheilvollem Treiben ein Ende zu setzen. Zum anderen aber auch, weil er nicht wissen wollte, was die Frau, die er liebte, getan hatte, als sie unter dem Bann des Bösen stand ...
»Es spielt keine Rolle, Verräter!«, rief er. »Was auch immer Alannah getan haben mag, es war nicht ihr freier Wille, der sie dazu trieb. Du jedoch hast dich aus freien Stücken für die dunkle Seite entschieden. Aus Ehrgeiz und Machthunger bist du Margoks Diener geworden. Du bist für alles verantwortlich!«
»Und?« Geringschätzung sprach aus Rothgans Blick. »Was willst du tun? Dich an mir rächen?«
»Das würde ich gerne, glaub mir«, versetzte Granock, während er mit erhobenem Zauberstab auf seinen Rivalen zutrat und dabei genau auf dessen Hände achtete, die zu jeder Zeit ein loderndes Inferno zu entfesseln vermochten. »Aber das wäre nicht mein Weg, sondern der deine, Rothgan. Außerdem bin ich es leid, mich fortwährend zum Werkzeug anderer machen zu lassen. Wenn ich dich töte, arbeite ich Rurak damit nur in die Hände. Aber vermutlich weißt du das.«
»Vermutlich«, entgegnete Rothgan feixend. »Als ob du in der Lage wärst, mich zu töten!«
»Alleine wohl nicht«, räumte Granock ein. »Aber vergiss nicht, dass wir zu zweit sind.«
»Du glaubst, meine Königin würde ihre Hand gegen mich erheben?« Obschon Verachtung aus seinen Worten sprach, war Rothgan zurückgewichen und stand nun mit dem Rücken zu den Waben. Die Kristalle darin begannen matt zu leuchten, als er sie berührte, ein Zeichen der Zauberkraft, die ihn durchfloss, und die sich vermutlich steigerte, je zorniger er wurde. Nicht innere Ruhe und Kontemplation, sondern Wut und Aggression waren die Quellen, aus denen der Dunkelelf seine magische Macht nährte. Und Rothgan war schon immer ein gelehriger Schüler gewesen ...
»Das würde ich«, bestätigte Alannah ohne Zögern und richtete das Ende des flasfyn auf ihn. »Zwinge mich nicht, es dir zu beweisen, Aldur.«
»Aldur und immer wieder Aldur!«, schrie er. »Warum nennst du mich noch immer so?«
»Weil es dein wahres Ich ist, deine wirkliche Berufung«, gab Granock zur Antwort. »Du hast es lediglich vergessen!«
»Und du willst mich daran erinnern? Ausgerechnet du?«
»Allerdings«, stimmte Granock zu, »denn ich habe jenen Aldur gut gekannt. Er war mein Kampfgefährte. Mein Freund. Mein Bruder ...«
»Schweig, Mensch!«, fuhr Rothgan ihn an. »Erkennst du immer noch nicht den Frevel, der in diesen Worten liegt? Wir beide hätten einander niemals in Shakara begegnen dürfen! Es war ein Verrat an unserer Geschichte und an allem, was den Angehörigen des Elfengeschlechts etwas wert sein sollte.«
»Jetzt sprichst du wie einst Palgyr«, konterte Granock. »Dabei dachte ich, wir wären anders.«
»Das sind wir auch. Ich bin ein Elf, die Krone der Schöpfung, und du nur ein Mensch. Wir können niemals zueinanderfinden.«
»Das ist es, was Margok dich glauben lässt«, erwiderte Alannah beschwörend, »denn er weiß genau, dass sein Ende besiegelt ist, wenn Elfen und Menschen lernen, ihren Streit zu beenden und ihn gemeinsam zu bekämpfen. Gemeinsam jedoch können wir Erdwelt dauerhaft Frieden geben. Das war Farawyns Vision.«
»Farawyn.« Rothgan lachte bitter auf. »Der alte Hexenmeister hat tatsächlich eine Vision - aber sie ist anderer Natur, als ihr in eurer Naivität und Einfalt vermutet. Er trachtet nicht weniger danach, sich Erdwelts Krone aufs Haupt zu setzen, als Margok es tut.«
»Unsinn!«, begehrte Granock auf.
»Glaubst du wirklich?« Rothgan grinste, und seine schmalen, knochigen Züge erinnerten an einen Totenschädel. »Und wenn ich dir sagte, dass es
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