Die Zauberer 03 - Das dunkle Feuer
Gesichtszügen an. »Du hast meinen essamuin verraten«, flüsterte er. »Einem Fremden ...«
»Ich weiß«, erwiderte sie tonlos. »Bitte verzeih mir.«
Ein Zischen drang aus seiner Kehle, das mehr an eine Schlange denn an einen Elfen erinnerte. »Hilf mir, Alannah«, krächzte er dann und streckte ihr verlangend seine Rechte entgegen. »Hilf mir...«
Granock konnte sehen, wie sie innerlich rang. Sie hatte Rothgan geliebt, sogar mehr als ihn, aber da waren auch die fürchterlichen Dinge, die er ihr angetan hatte ...
»Los jetzt«, drängte er, während das Grunzen der Orks immer lauter wurde. »Wir müssen gehen!«
»Hilf mir«, wiederholte Rothgan drängend. »Um unser beider Liebe willen ...«
»Liebe?«, erwiderte sie und schüttelte traurig den Kopf. »Du hast schon vor langer Zeit vergessen, was das ist.«
Damit wandte sie sich ab, und Granock packte sie am Arm und zog sie den Korridor hinab davon, hinein in das schützende Halbdunkel.
»Alannah!«, rief Rothgan ihnen hinterher, indem er seine letzten verblieben Kräfte zusammennahm, »Alannah ...!«
Aber diesmal war es sein Rufen, das unerwidert verhallte, auch wenn Granock fühlen konnte, wie schwer dies Allannah fiel, trotz allem, was Rothgan ihr angetan hatte. Sie ging nur langsam und wie in Trance. Erst als Rothgans Schreie hinter ihnen zurückfielen, schien der unsichtbare Bann von ihr abzufallen. Sie beschleunigten ihre Schritte, und Alannah übernahm die Führung.
Durch einen schmalen Gang, der sich an das Archivgewölbe anschloss, verließen sie die Bibliothek und erreichten eine Treppe, die sich in engen Windungen emporschraubte, zurück in jene Bereiche des Palasts, die sich über dem Vulkanberg erhoben. Durch die durchscheinenden Wände drang Tageslicht in den Schacht und gab den Flüchtlingen das Gefühl, ins Leben zurückzukehren. Ihre Verfolger hörten sie nicht mehr, dennoch war Eile geboten. Wenn die Unholde erst mitbekamen, was geschehen war, würden sie Alarm geben, und dann würde es überall vor Wachen wimmeln.
Rein körperlich hätte Granock ihnen nichts mehr entgegenzusetzen gehabt. Sich an seinen Zauberstab klammernd, quälte er sich Stufe für Stufe empor, wobei Alannah ihn noch zusätzlich stützen musste. Die lange Haft und die Folter zeigten nun endgültig Wirkung, dennoch war er weit davon entfernt aufzugeben. Nicht nachdem sie Rothgan besiegt und Alannah sich endlich zu ihm bekannt hatte - auch wenn sie ihre Zweifel zu haben schien ...
»Was haben wir nur getan, Granock?«, flüsterte sie immer wieder. »Was haben wir nur getan?«
»Was wir tun mussten«, presste Granock atemlos hervor. »Wir hatten keine andere Wahl.«
»Wenn Margok erfährt, dass wir seinen obersten Diener getötet haben, wird seine Rache schrecklich sein.«
»Deshalb müssen wir ... so rasch wie möglich ... nach Tirgas Lan. König Elidor muss ... Flotte schicken ... Befreiung der Fernen Gestade ...«
»Aber die Überfahrt dauert lange!«
Keuchend blieb Granock auf den Stufen stehen. Er fühlte sich wie ein Greis, seine Glieder schmerzten und waren träge und er rang nach Atem. Dennoch huschte ein Grinsen über seine ausgemergelten Gesichtszüge. »Ich habe nicht vor, mit dem Schiff zu reisen, Alannah«, stellte er klar. »Doch wie ...?«
»Durch die Kristallpforte«, sagte er nur. »Auf demselben Wege, auf dem Ihr damals hierhergekommen seid.«
»Die Pforte?« Alannah schaute ihn entgeistert an. »Aber ich habe sie noch nie geöffnet...«
»Ich ebenfalls nicht.«
»Und wenn unsere Kraft dazu nicht ausreicht? Wir sind nicht so mächtig wie Farawyn oder Rothgan, und wir sind beide zusätzlich geschwächt.«
»Richtig«, räumte Granock ein, »aber wir haben dies hier.« Er hob den Gegenstand empor, den er in seiner Linken hielt und der im einfallenden Tageslicht glitzerte.
Es war der Splitter des Annun.
»Alannah! Alannah ...!«
Rothgan schrie den Namen seiner Geliebten - auch dann noch, als sein Bewusstsein sich bereits einzutrüben und er zu ahnen begann, dass seine irdische Existenz sich dem Ende näherte. Und zu seiner unbändigen Wut, in der er sich weigerte anzuerkennen, dass seine Feinde stärker gewesen waren und ihn bezwungen hatten, gesellte sich wachsende Verzweiflung.
Der Elf, der einst der vielversprechendste Schüler Shakaras gewesen war, hatte in seinem noch jungen Leben viele Momente der Einsamkeit erlebt.
Damals, als er Aldurans Hain verlassen hatte und nach Shakara aufgebrochen war; als seine Meisterin Riwanon
Weitere Kostenlose Bücher