Die Zauberer 03 - Das dunkle Feuer
niemanden, der mir zur rechten Zeit den Weg gewiesen hat. Wäre es anders gewesen, so wäre vieles, das uns in diesen Tagen Kummer und Sorge bereitet, vielleicht nie geschehen.«
Granock legte den Kopf schief. Farawyns ausgeprägte Eigenheit, sich in Rätseln zu ergehen, hatte ihm schon als Novize Kopfzerbrechen bereitet und ihn oftmals ahnungslos zurückgelassen. Diesmal jedoch ergaben die Andeutungen durchaus Sinn.
»Ihr sprecht von Aldur, nicht wahr?«, fragte er. Der Unwille, den er für einen Moment gefühlt hatte, legte sich aus Respekt vor dem Verlust, den sein alter Meister erlitten hatte - durch Granocks Zutun ...
Farawyn nickte nachdenklich. »Ich wusste immer, dass der Tag kommen würde, da er über die Schwelle Shakaras treten und Aufnahme in den Orden der Zauberer erbitten würde. Es gab eine Zeit, da habe ich diesen Tag herbeigesehnt, aber je näher er rückte, desto mehr habe ich ihn gefürchtet. Denn schließlich wusste ich um das hochmütige Erbe seiner Mutter.«
»Wer war sie?«, wollte Granock wissen. Er hatte die Frage noch nicht ganz ausgesprochen, als er sie bereits bereute. War er zu weit gegangen? Stand es ihm zu, den Ältesten von Shakara so etwas zu fragen? Aber dieses eine Mal war Farawyn offenbar geneigt, seine Geheimnisse mit ihm zu teilen.
»Eine junge Zauberin von vornehmem Geblüt«, entgegnete er ohne Zögern. »Klug und wunderschön und mit der Gabe des Feuers betraut.«
»Genau wie Aldur«, flüsterte Granock.
»Sie stand hoch über mir, aber in meiner Jugend und meiner Leichtfertigkeit scherte ich mich nicht darum. Es kümmerte mich nicht, dass sie bereits einem anderen versprochen war, und ihr wiederum war jeder Anlass willkommen, um gegen die Regeln und Gesetze des Ordens zu verstoßen, die sie als einengend und willkürlich empfand. Ich bin sicher, sie hätte alles getan, um dagegen aufzubegehren«, vermutete der Älteste. »Damals freilich glaubte ich, es wäre ihre Liebe zu mir, die sie dazu bewog.«
Granock nickte. Auch Aldur hatte den Orden und den Hohen Rat in zunehmendem Maße als ungebührliche Einschränkung wahrgenommen. So manches begann damit klar zu werden ...
»Als Aldur nach Shakara kam«, fuhr Farawyn traurig fort, »war ich beeindruckt von den Fähigkeiten, die er schon damals an den Tag legte. Und obschon ich um seine Herkunft wusste und trotz aller Vorbehalte, die ich deshalb gegen ihn hegte, war ich dennoch von eitlem Stolz erfüllt, für den ich heute größere Scham empfinde als für viele andere Fehler, die ich in meinem Leben begangen habe.« Gedankenverloren betrachtete der Älteste den Kristallsplitter in seinen Händen, so als breche sich nicht nur der flackernde Widerschein des Feuers, sondern auch die Vergangenheit darin. »Dieses Mal wollte ich alles richtig machen«, gestand er niedergeschlagen und den Tränen nahe. »Ich wollte meine Fehler von damals wiedergutmachen - und habe gerade deshalb falsch entschieden.«
»Was meint Ihr damit, Meister?«
»Da Aldur seine Mutter nie kennengelernt hat, glaubte ich, es wäre gut, wenn sich eine Zaubermeisterin seiner annehmen und mäßigend auf ihn einwirken würde. Ich sagte dies den Ältesten, und sie teilten meine Ansicht. Niemand von uns ahnte, dass Meisterin Riwanon, auf die die Entscheidung fiel, eine Verräterin war und in Wahrheit für Margok arbeitete. Dadurch wurde alles nur noch schlimmer.«
»Wussten Vater Semias und Vater Cethegar um Aldurs wahre Herkunft?«, fragte Granock.
»Ja.« Farawyn nickte und schloss die Augen, als der Schmerz für einen Augenblick überbordend zu werden schien. »Semias ist es gewesen, der mir riet, meine Liebe zu vergessen und die Vernunft über meine Leidenschaft zu stellen. Bedauerlicherweise habe ich nicht auf ihn gehört. Kummer und Leid sind die Folge.«
»Aber Ihr konntet doch nicht wissen, was geschehen würde!«, wandte Granock ein.
Als Farawyn die Augen wieder öffnete, waren sie von Tränen gerötet. »Wenn man über die Gabe der Weitsicht verfügt, so kann man manches zumindest erahnen«, sagte er tonlos. »Aber ich habe die Augen davor verschlossen.«
»Weil Ihr Aldur wie einen Sohn geliebt habt«, brachte Granock in Erinnerung. »Eure Zuneigung hat Eure Einschätzung getrübt. Ist das nicht nur zu ...?«
Er biss sich auf die Lippen.
»Menschlich« war das Wort, das er hatte sagen wollen, aber er war sich nicht sicher, ob Farawyn es als Beleidigung auffassen würde. Der Älteste jedoch schien auch so zu verstehen, was er meinte.
»Ja«,
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