Die Zauberer 03 - Das dunkle Feuer
Versäumnissen begangen hatte.«
»Da ist nichts zu verzeihen, Meister«, erwiderte Granock. »Denn ich habe Euch Eure guten Absichten schlecht gedankt. Ich habe den Auftrag, den Ihr mir erteilt habt, vernachlässigt und auf diese Weise verschuldet, dass das Bündnis mit den Menschen nicht zustande gekommen ist. Stattdessen«, fügte er leiser hinzu, »habe ich meine eigenen selbstsüchtigen Ziele verfolgt ...«
»... und die Fernen Gestade damit von einem Tyrannen befreit, der sich ihrer unrechtmäßig bemächtigt hatte«, fügte Farawyn hinzu. »Die Welt, in der wir leben, ist kompliziert geworden, junger Freund. Wer vermag noch zu sagen, was richtig ist und was falsch, wenn die Grenzen zwischen Gut und Böse so rasch verwischen? Aus guten Absichten mag Böses entspringen, und böse Taten mögen der guten Sache zum Sieg verhelfen. Wo endet die Wahrheit, und wo beginnt die Täuschung? Wo die Rettung und wo das Verderben? Selbst ich vermag es nicht mehr zu durchschauen - wie also willst du es verstehen, der du um so vieles jünger und unerfahrener bist als ich?«
Farawyn hielt den Kristallsplitter hoch, und Granock begriff, dass der Älteste zuletzt nicht mehr über ihn, sondern über das Artefakt gesprochen hatte.
»Kann der Kristall uns helfen?«, fragte er leise.
»Ich weiß es nicht, Junge, aber es wäre möglich. Immerhin ist es ein Splitter des Annun.«
»Was genau ist der Annun?«
»Ich wünschte, das könnte ich dir sagen - vielleicht wäre es dann einfacher, seine Geheimnisse zu durchschauen. In einer alten Inschrift, die nur zum Teil erhalten ist, ist davon die Rede, dass der Annun einst von den Sternen zu uns gekommen ist.«
»Von den Sternen?« Granock hob die Brauen.
»Von einer Welt, die außerhalb unseres Kosmos und unseres Begreifens liegt«, erläuterte Farawyn rätselhaft. »Vielleicht ist das der Grund dafür, dass Kristalle die Fähigkeit haben, die Kräfte der Natur und der Magie zu bündeln und zu beherrschen. Und genau jene Macht kann durch dunklen Zauber missbraucht werden, sodass ein Kristall zur tödlichen Waffe wird. Und wenn schon ein gewöhnlicher Kristall zu einem fürchterlichen Mordwerkzeug zu werden vermag, was wird dann erst aus einem Splitter des Urkristalls? Und was aus dem, der sich dieses verbotenen Zaubers bedient? Wie verzweifelt müssen wir sein, um all diese Dinge ernstlich zu erwägen?«
»Was genau befürchtet Ihr, Meister?«
»Dass die Macht, die mir der Kristallsplitter verleiht, mir die Seele rauben und ich das Gute aus den Augen verlieren könnte - so wie mein eigen Fleisch und Blut es getan hat.«
»Ihr habt Angst, wie Rothgan zu werden?« Der Gedanke erschien Granock geradezu absurd. »Ihr glaubt, dass es das war, was mit ihm geschehen ist? Dass der Missbrauch der Kristalle ihn verändert hat?«
Farawyn nickte bedächtig.
»Aber sagtet Ihr nicht, dass Aldur von jeher hochmütig gewesen sei? Dass das Erbe seiner Mutter und der schlechte Einfluss seiner Lehrerin ihn verdorben hätten?«
»Das sagte ich - aber vielleicht möchte ich das auch nur glauben, um mir nicht eingestehen zu müssen, in welch große Gefahr ich mich begebe. Denn eines scheint mir offenkundig: Dass Rothgan nach der Schlacht am Siegstein nicht mehr derselbe gewesen ist.«
Granock nickte. So sehr es ihm widerstrebte, er konnte Farawyns Beobachtung nur bestätigen. Bis zu jenem Tag, an dem es im Flusstal zur ersten großen Auseinandersetzung zwischen Elfen auf der einen und Orks und Menschen auf der anderen Seite gekommen war, war Aldur hochmütig gewesen und bisweilen auch anmaßend, aber dennoch dem Orden und der lichten Magie zugehörig; nachdem er jedoch die Blutkristalle des Feindes benutzt hatte, hatte er sich verändert...
»Und was wollt Ihr nun tun, Meister?«, fragte Granock und schaute dem alten Zauberer dabei prüfend in die Augen.
Farawyn lächelte matt. »König Elidor hat mir befohlen, den Kristallssplitter zur Verteidigung Tirgas Lans zu verwenden, also habe ich wohl keine andere Wahl. Allerdings werde ich versuchen, einen Weg zu finden, den Splitter des Annun einzusetzen, ohne dabei seiner Macht zu verfallen - auch wenn es mir wohl kaum gelingen wird.«
»Es muss, Meister«, beharrte Granock, »andernfalls werden viele Unschuldige innerhalb dieser Mauern ihr Leben verlieren!«
»Unschuldig?« Farawyn blickte ihm lange ins Gesicht, dann schüttelte er resignierend den Kopf. »Unschuldig ist keiner von uns, mein Junge. Das Volk der Elfen hat seine Unschuld schon vor
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