Die Zauberer 03 - Das dunkle Feuer
vom Annun, dem Licht Crysalions!«
»Splitter ... Annun ... Crysalion ...«
Wie ein Echo gingen die Worte reihum. Alle Anwesenden kannten den Urkristall, in dem der Überlieferung nach das Licht von calada bewahrt wurde, nur vom Hörensagen und waren überrascht, ein Bruchstück davon plötzlich zum Greifen nahe vor sich zu haben. Jedoch nur die Zauberer konnten ermessen, was für eine immense Kraftquelle der unscheinbare Splitter von der Größe einer Handspanne bergen mochte.
»Woher habt Ihr ihn?«, wollte Cysguran wissen.
»An dem Tag«, erwiderte Alannah leise, »als die Flotte des Feindes vor den Fernen Gestaden auftauchte, verdunkelte sich der Himmel über Crysalion, und ein Blitz zuckte herab, der in die Turmkammer einschlug und den Annun erfasste. Dabei löste sich dieser Splitter, und es war nicht mehr möglich, den Kristallschirm zu errichten, sodass die Gestade dem Ansturm der Unholde schutzlos ausgeliefert waren. Den Splitter jedoch nahm Rothgan an sich, und er bildete die Grundlage einer Schreckensherrschaft, die er über die fernen Gestade errichtete. Die Kraft, die ihm innewohnt, ist unermesslich. Nur mit der Hilfe des Splitters konnten wir die Kristallpforte öffnen und nach Tirgas Lan gelangen - und ohne ihn wäre es uns ganz sicher nicht gelungen, den Angriff der Orks abzuwehren, erschöpft und geschwächt, wie wir waren.«
»Ihr habt den Splitter also gegen den Feind eingesetzt?«, erkundigte sich Farawyn.
»Nur um unsere eigenen Kräfte zu verstärken«, schränkte Granock ein. »War das ein Fehler?«
»Vermutlich«, brummte der Älteste.
»Aber hätten wir es nicht getan, wäre Tirgas Lan gestern von den Unholden überrannt worden und wir stünden bereits nicht mehr hier, um dieses Gespräch zu führen.«
»Damit hat er recht«, pflichtete Cysguran Granock bei. »Wie Ihr Euch sicher entsinnen werdet, Bruder Farawyn, versuche ich Euch schon seit Längerem zu überzeugen, die Kristalle als Waffe einzusetzen. Der Annun jedoch ist nicht irgendein Kristall, sondern ihrer aller Ursprung! Nicht auszudenken, welche Zerstörungskraft ihm innewohnt...«
»... und welche Gefahren«, fügte Farawyn hinzu. »Habt Ihr nicht gehört, was Thynia gesagt hat? Der Splitter bildete die Grundlage von Rothgans Herrschaft! Und was hat er ihm am Ende eingetragen? Tod und Untergang!«
»Unser Bruder hat sich von Margok korrumpieren lassen, nicht aber von der Macht des Kristalls«, widersprach Cysguran. »Wie anders wollt Ihr Euch erklären, dass es jenen beiden Unerschrockenen hier« - damit deutete er auf Granock und Alannah - »gelingen konnte, den Splitter zur Verteidigung Tirgas Lans einzusetzen und den feindlichen Angriff zurückzuschlagen?«
»Ich kann es Euch nicht erklären, Bruder«, gab Farawyn zu. »Aber ich weiß, dass für alles ein Preis zu entrichten ist.«
»Verzeiht, wenn ich Euren Disput unterbreche, Ihr Weisen«, rief Elidor dazwischen, »aber darf ich Euren Worten entnehmen, dass es möglich wäre, diesem Kristall hier Kräfte zu entlocken, die Tirgas Lan vor der Eroberung und Vernichtung durch den Feind bewahren könnten?«
»Ganz ohne Zweifel, mein König«, sagte Cysguran überzeugt.
Elidor drehte den Kopf zu Farawyn, der neben ihm stand. »Und wie denkt Ihr darüber, Ältester?«
Vornüber auf die Tischplatte gestützt, starrte Farawyn düster vor sich hin. »Mein König«, sagte er dann, jedes Wort betonend, »es steht außer Frage, dass einem Splitter des Annun sagenhafte Macht innewohnt - Macht, die zum Guten verwendet werden kann, aber auch zum Bösen. Andere Kreaturen in großer Zahl zu vernichten, selbst wenn es in äußerster Not geschieht, ist jedoch immer ein Werk des Bösen. Den Splitter als Waffe zu verwenden, wird daher Folgen haben.«
»Welcher Art?«
»Das vermag ich nicht vorherzusagen, mein König«, entgegnete der Älteste und schaute auf, um Elidor einen unheilvollen Blick zuzuwerfen. »Aber derjenige, der die Macht des Kristalls entfesselt, ist Anfechtungen ausgesetzt, die sich mit nichts vergleichen lassen. Verlockungen der Allmacht, wie ihnen kein Sterblicher zu widerstehen vermag. Rothgan jedenfalls konnte es nicht.«
»Weil er die dunkle Saat bereits in sich trug«, war Elidor überzeugt. »Doch es besteht die Hoffnung, dass jemand, der starken Willens ist und ein reines Gewissen hat, den Verlockungen des Splitters zu widerstehen und Tirgas Lan zu retten vermag.«
»Das denke ich auch, mein König«, bestätigte Cysguran und blickte Beifall heischend in
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