Die Zauberer 03 - Das dunkle Feuer
Kristalle, aber er war so eingenommen von dem Bild, das er selbst von sich hatte, dass er blind wurde für die Wirklichkeit. Doch in dieser Wirklichkeit gab es längst einen anderen Zauberer, der sich trotz mancher Mängel als sehr viel stärker erwiesen hatte als er und dessen Begabung nicht weniger groß war als seine - mit dem Unterschied, dass Herz und Verstand bei dieser Person im rechten Verhältnis zueinander stehen.«
»Damit mögt Ihr recht haben«, stimmte Granock zu. »Ich war auch stets der Ansicht, dass Alannah ...«
»Alannah hatte eine große Begabung, aber ihre zeitweilige Hinwendung zur dunklen Seite hat dafür gesorgt, dass sie niemals die sein wird, die sie hätte werden können«, widersprach Farawyn. »Nicht von ihr spreche ich, Dummkopf, sondern von dir!«
»Von mir?« Granock sprang auf und deutete fassungslos auf seine Brust. »Ihr nennt mich einen Dummkopf und behauptet im selben Atemzug, dass ich ein ebenso großer Zauberer wie Rothgan werden könnte?«
»Nein, Lhurian - größer noch als er. Aldur wusste das; aus diesem Grund hat er dich anfangs bekämpft wie einen Feind. Und auch später, als ihr Freunde und Brüder wart, sind sein Neid und seine Eifersucht nie ganz erloschen. Was zwischen dir und Alannah gewesen ist, hat seine Gefühle nur ans Licht gebracht.«
»Nein!«, widersprach Granock und presste kurz die Hände auf die Ohren, um zu demonstrieren, dass er so etwas nicht hören wollte. »Wie könnt Ihr so etwas nur behaupten? Ich habe versagt, Meister! Ich habe an Euch gezweifelt! Ich habe um meiner bloßen Begierde willen meine Pflicht vernachlässigt...«
«... und damit ein noch größeres Unglück verhindert«, fiel der Älteste ihm ins Wort. »Dich trifft keine Schuld, glaub mir. Willst du wissen, was Aldur in Margoks Klauen getrieben hat? Was ihm in jener Nacht fast das Herz zerriss?«
»Was, Meister?«
Im Schein des Kaminfeuers standen sie einander gegenüber, und eine Pause entstand, in der nur das Prasseln der Flammen zu hören war.
»In Wirklichkeit«, begann Farawyn schließlich zögernd, so als spräche er gegen seinen eigenen Willen, »ist es nicht die späte Enthüllung seiner Herkunft gewesen, sondern die Tatsache, dass du mir in all der Zeit mehr ein Sohn gewesen bist, als Aldur es jemals war.«
»Nein, Meister! Bitte sagt so etwas nicht!«
»Es ist die Wahrheit«, beharrte Farawyn. »Tief in dir weißt du, dass es so ist.«
Granock wollte erneut widersprechen, aber er konnte es nicht. Wenn er ehrlich zu sich selbst war, musste er sich eingestehen, dass auch er in Farawyn den Vater gefunden hatte, den er selbst nie gehabt hatte. Es erklärte die Zuneigung, die er seinem Meister gegenüber stets empfunden hatte und die tiefe Loyalität - aber auch die gegenseitige Verletzlichkeit...
»Aldur wusste es«, flüsterte er. »Er hat es mir vorgeworfen, damals, in jener Nacht des Streits.«
»Und er hatte recht damit«, war Farawyn überzeugt. »Schon als ich dir das erste Mal begegnete, spürte ich deine innere Stärke und war beeindruckt von deiner Fähigkeit.«
»Davon war nicht viel zu bemerken«, stellte Granock fest.
»Meine lange Suche nach einem Menschen mit magischer Begabung fand in dir gleichzeitig ihren Abschluss und Höhepunkt«, fuhr der Zauberer unbeirrt fort, »und sie bestätigte meine Behauptung, dass die Menschen den Elfen eines Tages ebenbürtig sein könnten. Also nahm ich dich mit nach Shakara, um meinen Gegnern dort zu beweisen, dass meine Vermutungen richtig wären. In meinem eigenen Interesse hatte ich dein Wohl vor Augen - aber ich merkte bald, dass du für mich mehr warst als ein gewöhnlicher Schüler, denn ich sah in dir manches von dem jungen Mann, der ich selbst einst gewesen war, wohingegen ich in Aldur nichts von mir fand. Während ich dich also gewissermaßen an Sohnes statt annahm, habe ich ihn vernachlässigt und mit Nichtbeachtung gestraft - und wir alle kennen das Ergebnis.«
Wieder trat Stille ein. Granock wusste nicht, was er erwidern sollte. Niemals zuvor hatte sein Meister ihm derart tiefen Einblick in sein Innerstes gewährt, und niemals zuvor hatte sich Granock ihm so verbunden gefühlt. Aller Zorn, den er gegen ihn gehegt haben mochte, war erloschen.
»Ich bedauere, dich nach Andaril geschickt zu haben, Junge«, gestand Farawyn leise. »Über deinen Kopf hinweg zu entscheiden, was mit dir geschehen soll, war nicht recht. Verzeih einem alten Narren, der an dir wiedergutmachen wollte, was er selbst an
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