Die Zauberer 03 - Das dunkle Feuer
versuchten die nächsten Angreifer den Wall zu überwinden - und erstarrten plötzlich in ihrer Bewegung.
Den Vorteil seiner Gabe rücksichtslos nutzend, ließ Granock das Schwert kreisen, das er vom Schlachtfeld aufgelesen hatte, und enthauptete einen Angreifer. Einem zweiten stieß er die Klinge bis zum Heft in die Brust - als dieser aus dem Zeitbann erwachte. Röchelnd und mit den Armen rudernd stürzte der Ork zurück, und Granock gab ihm einen Gedankenstoß mit auf den Weg, sodass er seine nachfolgenden Artgenossen gleich mit von den Beinen riss - und Alannah überzog sie mit einer Schicht aus tödlich kaltem Eis.
Granock nickte ihr dankbar zu, aber schon war die nächste Welle von Angreifern heran. Speere wurden geschleudert, und ein Aspirant, der auf den Namen Eras hörte, wurde von einem der mörderischen Geschosse durchbohrt. Die junge Elfin neben ihm schrie entsetzt auf, dann wurde sie von einem Feindespfeil ereilt - und damit entstand eine Lücke, die sich nicht mehr rechtzeitig schließen ließ.
Zwar versuchte Granock, einen weiteren Zeitzauber zu wirken, aber er war zu geschwächt, als dass dieser von großer Wirkung gewesen wäre. Die den Wall erstürmenden Orks schienen lediglich für einen kurzen Moment von unsichtbaren Händen festgehalten zu werden. Dann war der Bann gebrochen, und wie Wasser, das durch eine leckgeschlagene Stelle drang, quollen die Angreifer über das Hindernis. Zenan stellte sich ihnen entgegen, breitbeinig und mit einer riesigen Doppelaxt in den Händen, die er einem gefallenen Ork abgenommen hatte. Mit furchtbarer Wucht ließ er die Waffe kreisen und zerschmetterte Schädel und Knochen - aber auch das vermochte den Dammbruch nicht mehr zu verhindern.
Die jungen Elfenkrieger, in deren Reihen die Unholde wie ein Unwetter fuhren, leisteten kaum noch Widerstand. Als die Ersten unter den Hieben von Äxten und saparak'hai fielen, wichen die übrigen zurück - und Granock erkannte, dass der Kampf um die Hauptstraße verloren war.
»Rückzug!«, brüllte er aus Leibeskräften, hoffend, dass ihr aussichtsloser Kampf möglichst vielen Elfen, die sich noch in der Stadt aufgehalten hatten, die Flucht in den Palast ermöglicht hatte. »Los doch! Lauft!«
Auf diesen Befehl hatten die Elfenkämpfer nur gewartet. Von Furcht getrieben, fuhren sie herum und begannen zu laufen. Nicht wenige von ihnen ließen die Waffen fallen; nur die älteren, erfahreneren Soldaten leisteten hier und dort noch Widerstand, um ihren Rückzug zu decken.
Granock hielt die Stellung, bis sich die Aspiranten vom Wall zurückgezogen hatten, zu denen auch einige aus seinem dysbarth gehörten. Nun konnten sie einsetzen, was er sie gelehrt hatte, und vermutlich hatten sie inzwischen längst erkannt, dass jede Härte, die er dabei an den Tag gelegt hatte, nichts gewesen war gemessen an der grausamen Realität des Krieges. Alannah versuchte, einen Schild aus Eis zu errichten, um die flüchtenden Zauberschüler vor Pfeilen und Wurfgeschossen zu schützen, aber er zerschellte unter den Axthieben der Orks.
»Flieh, Alannah!«, rief Granock seiner Gefährtin zu.
Erst auf seinen Befehl hin gab sie ihren Posten auf der rechten Seite des Walls auf. Granock brachte einen letzten Gedankenstoß an, um ihr den Weg freizuräumen. Dann wandte auch er sich zur Flucht, gemeinsam mit Meister Zenan, der sich bis zuletzt auf der linken Flanke behauptet hatte.
Nun gab es kein Halten mehr. Wie Eiter aus einem aufgeplatzten Geschwür ergossen sich die Orks die Strasse hinab, ein Pulk aus stinkenden grünen Leibern, begleitet von ohrenbetäubendem Gebrüll.
Im Laufen wandten sich die Zauberer um und verübten Gedankenstöße, um die Verfolger auf Distanz zu halten, aber es gelang nur teilweise. Hier und dort kam ein Menschenkrieger oder ein Unhold zu Fall, aber ihre nachstürmenden Kumpane trampelten einfach über sie hinweg. Der Vergleich mit einer in Panik geratenen, blökenden Herde Vieh drängte sich Granock auf. Das also war die Streitmacht des glorreichen neuen Elfenreichs, das Aldur beschworen hatte!
Die drei Zaubermeister schlossen zu ihren Schützlingen auf, von denen viele verwundet und entsprechend langsam waren. Einen Soldaten, in dessen Bein eine abgebrochene Speerspitze steckte und der kaum noch laufen konnte, hob Zenan kurzerhand hoch und lud ihn sich auf die Schulter. So rannten sie weiter, den Mauern des Palasts entgegen, der, durch den dichten Schneefall nur schemenhaft zu erkennen, am Ende der Straße aufragte,
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