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Die Zauberer 03 - Das dunkle Feuer

Titel: Die Zauberer 03 - Das dunkle Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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durch das hohe Fenster fiel, spendete die einzige spärliche Beleuchtung, so als hätte Elidors Tod nicht nur jeden Funken Hoffnung, sondern auch jede wärmende Flamme in Tirgas Lan erstickt. Granock fror erbärmlich in seiner Robe, nicht nur der niedrigen Temperaturen wegen, sondern auch wegen des Schocks, den der Tod des Königs hinterlassen hatte.
    Farawyn saß hinter dem schmalen Eichentisch, das Gesicht in den Händen vergraben. Vor ihm lag der Splitter des Annun, stumpf und grau, so als hätte er jeden Glanz verloren.
    »Komm her, Junge«, forderte der Älteste ihn auf, und Farawyn trat an den Tisch. »Ich habe dich nie gefragt, wie es an den Fernen Gestaden gewesen ist.«
    Die Frage kam unerwartet. Granock legte die Stirn in Falten. »Was genau meint Ihr, Meister?«
    Farawyn schaute zu ihm auf, und Granock erschrak fast über die tiefen Furchen, die sich in das Gesicht des Zauberers eingegraben hatten. Im Unterschied zu allen anderen in Tirgas Lan schien er keine Tränen über Elidors Tod vergossen zu haben; die Hoffnungslosigkeit, die aus seinen müden, vom Schlafmangel geröteten Augen sprach, war jedoch noch schlimmer als alle Trauer.
    »Wie war es, gegen einen Freund zu kämpfen?«, erkundigte sich der Älteste leise. »Was hast du dabei empfunden?«
    Granock biss sich auf die Lippen. Er war sich nicht sicher, worauf sein alter Meister hinauswollte, und hätte ihn am liebsten danach gefragt, wie er es früher stets getan hatte. Ein Gefühl sagte ihm jedoch, dass es klüger war, einfach zu antworten. »Es war entsetzlich«, gestand er stockend. »Nie zuvor in meinem Leben habe ich etwas Schlimmeres getan. Obwohl Aldur - ich meine Rothgan - uns all diese Dinge angetan hat, war es, als würde ein Teil von mir getötet.«
    Farawyn nickte, als hätte er nichts anderes erwartet. »Würdest du es wieder tun?«, fragte er dann.
    Granock merkte, dass sich das Gespräch in eine Richtung entwickelte, die er nicht einschlagen wollte. »Nun«, hörte er sich vorsichtig sagen, »ich nehme an, dass, wenn die Situation ähnlich wäre und ich keine andere Wahl hätte ...«
    »Ja?«
    »... dass ich es dann wieder tun würde«, erklärte Granock ein wenig fester. »Warum wollt Ihr das wissen?«
    Statt zu antworten, schaute Farawyn ihn nur prüfend an. Dann erhob er sich langsam. »Ich habe einen Fehler begangen«, erklärte er dazu. »Ich habe abgewartet und das Unausweichliche aufgeschoben, und wir wurden bitter dafür bestraft. Hätte ich den Splitter des Annun eingesetzt, wäre das Große Tor nicht gefallen. Dann wäre Tirgas Lan nicht in der Hand des Feindes, und König Elidor wäre noch am Leben.«
    »Das wisst Ihr nicht, Meister«, widersprach Granock. »Außerdem, habt Ihr nicht gesagt, dass der Einsatz des Splitters ein unkalkulierbares Risiko darstellt? Dass wir dabei Gefahr laufen, zu verlieren, indem wir siegen?«
    »In der Tat«, bestätigte Farawyn und kam um den Tisch herum auf Granock zu. Den Kristallsplitter ließ er fast achtlos auf der Tischplatte liegen. »Deshalb muss es mein Ansinnen sein, das Risiko zu beschränken, statt nach einer Möglichkeit zu suchen, es ganz zu vermeiden.«
    »Aber Ihr seid an König Elidors Befehl nicht mehr gebunden. Den Splitter einzusetzen oder nicht, liegt nunmehr in Eurem Ermessen.«
    »Tut es das?« Farawyn seufzte. »Du hast recht, die Dinge haben sich geändert. Das Schicksal des Elfenvolks liegt nun in meinen Händen, und deshalb bleibt mir keine andere Wahl, als den Kristallsplitter einzusetzen, wenn ich nicht den Untergang unseres ganzen Volkes in Kauf nehmen will.«
    »Aber - sagtet Ihr nicht, dass Ihr genau das tun wolltet, wenn Ihr zu entscheiden hättet?«
    »Das sagte ich. Aber ein junger Zauberer, der offenbar klüger ist als ich, erinnerte mich an meine Verantwortung gegenüber den Unschuldigen. Und nun, da sie tatsächlich auf mir lastet, kann ich all diese Leben nicht einfach wegwerfen.«
    »Dann habt Ihr eine Möglichkeit gefunden, dem Einfluss des Kristalls zu entgehen?«, fragte Granock hoffnungsvoll.
    »Nein.«
    »Was wollt Ihr dann tun? Was, wenn die Macht des Kristalls Euch zum Werkzeug des Bösen werden lässt, genau wie Aldur?«
    »Aus diesem Grund habe ich dich rufen lassen, Lhurian«, erwiderte Farawyn und sah ihm dabei tief in die Augen. »Ich brauche jemanden, der über mich und meine Taten wacht. Der mich bei dem, was ich tue, genau beobachtet.«
    »Ich verstehe - und an wen habt Ihr dabei gedacht?«
    »An dich, mein ehemaliger Schüler«,

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