Die Zauberer 03 - Das dunkle Feuer
ihnen nieder, ein zweiter wurde von Alannahs Eis durchbohrt. Etwas musste die Unholde so erschreckt haben, dass sie kaum noch in der Lage waren, Widerstand zu leisten, und als die Zauberer den Westturm passierten, sahen sie deutlich, was das war.
Der Dragnadh!
Granock traute seinen Augen nicht, als er die knöcherne Kreatur aus dem grauen Himmel herabstürzen sah, mit ihren löchrigen Schwingen schlagend und im nächsten Augenblick loderndes Feuer speiend. Woher die Flammen kamen, war unerklärlich, denn zwischen den Rippen der Kreatur befand sich nichts als leere Luft, und ihr Rachen bestand aus wenig mehr als aneinandergefügten Wirbelknochen. Die Flammen, die aus seinem Schlund stachen, waren jedoch so echt und so vernichtend, wie sie es nur sein konnten.
Mit verheerender Wirkung gingen sie auf die Orks und Menschen nieder, die sich im Schutz der Stadthäuser angepirscht und nur darauf gewartet hatten, dass der Stollen einstürzen und die Westmauer zu Fall bringen würde. Tödliches Verderben hatten sie den Verteidigern von Tirgas Lan bringen wollen - nun brach es über sie selbst herein.
Es war schwer zu sagen, wie viele feindliche Krieger sich auf den Straßen und dem Vorplatz drängten - es mochten an die zweitausend sein. Sie standen dicht gedrängt und boten dem Dragnadh ein leichtes Ziel, der in diesem Augenblick wieder herabstieß und grelle Feuerlohen spie.
Chaos brach aus, das seinesgleichen suchte: Orks, Gnomen und Menschen rannten schreiend durcheinander, die einen lichterloh brennend, die anderen im verzweifelten Bemühen, sich in Sicherheit zu bringen. Vergeblich suchten sie, sich mit ihren Schilden gegen die Flammen zu schirmen - die Hitze, die von den weiß glühenden Pflastersteinen zurückprallte, setzte sie dennoch in Brand.
Einige flüchteten sich in die angrenzenden Häuser, die vor dem Dragnadh jedoch ebenfalls keinen Schutz boten - der untote Drache, der wie eine entfesselte Naturgewalt über den Feind herfiel, setzte auch sie in Flammen. Der Anblick war entsetzlich, das Geschrei unbeschreiblich, und fast hatte es den Anschein, als wolle der Drachenwächter sein Zerstörungswerk erst dann beenden, wenn halb Tirgas Lan in Schutt und Asche läge.
Plötzlich jedoch schien er sich anders zu besinnen, stieg hoch in die von Rauch durchsetzte Morgenluft und drehte dann zum Palast hin ab. Einen Lidschlag später war er zwischen den Türmen verschwunden.
»Was hat er vor?«, fragte Alannah.
»Ich weiß es nicht«, erwiderte Granock grimmig und hob seinen flasfyn, »aber ich weiß, was ich vorhabe. Der Feind ist geschwächt. Das ist unsere Chance, ihn zu schlagen. Jetzt!«
Alannah kam nicht mehr dazu, etwas zu erwidern - denn wie um Granocks Worte zu bestätigen, öffnete sich plötzlich das Westtor des Palasts, und das Fallgitter glitt ratternd in die Höhe. Dahinter erschienen die Paladine Andarils, in voller Rüstung und hoch zu Pferd, sowie elfische Lanzenreiter, deren Helme und Brünnen im Licht des neuen Tages blitzten.
Ihre Rosse schnaubten und scharrten unruhig mit den Hufen, bis ihre Herren ihnen endlich die Sporen gaben. Unter ohrenbetäubendem Donner jagten die Tiere zum Tor hinaus, geradewegs auf die Reihen der verschreckten Feinde zu. Auch von Norden und Süden setzten Reiter heran, und durch das Westtor drängte Fußvolk nach. Offenbar hatte Farawyn die Gunst der Stunde erkannt und wollte die unverhoffte Hilfe durch den Drachenwächter nutzen, um den Feind in einem überraschenden Ausfall zu schlagen und aus Tirgas Lan zu vertreiben - angesichts der zahlenmäßigen Unterlegenheit der Verteidiger noch immer ein Wagnis, aber das Auftauchen des Dragnadh hatte den Kämpfern Tirgas Lans neuen Mut gegeben.
Nicht länger hatten sie das Gefühl, von der Geschichte vergessen und von ihren Ahnen im Stich gelassen worden zu sein. Der Drachenwächter hatte ihnen gezeigt, dass die gerechte Sache noch immer siegen konnte - und diese Hoffnung ließ sie erbitterter fechten als je zuvor.
Aber wo war Farawyn?
Granock entdeckte Irgon und Yrena unter den Reitern, seinen alten Meister jedoch sah er nicht. Sollte Farawyn es vorgezogen haben, als neu gewählter König innerhalb der Palastmauern zu bleiben und andere an seiner Stelle kämpfen zu lassen? Granock konnte es sich kaum vorstellen.
Und noch jemanden vermisste er, schon seit sie den Stollen verlassen hatten.
Rambok.
Seit dem Auftauchen des Dragnadh war der Ork spurlos verschwunden, aber Granock sorgte sich dennoch nicht um ihn. Denn
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