Die Zauberer 03 - Das dunkle Feuer
wir den Menschen die Hand zur Versöhnung reichen und sie fortan nicht mehr als Untertanen, sondern als Freunde und Verbündete sehen.«
»Ich danke Euch, Majestät«, entgegnete Yrena und senkte ehrerbietig das Haupt. »Die Menschen von Andaril nehmen Euer Angebot mit Freuden an.«
»Dankt mir nicht, Fürstin«, entgegnete der König. »Denn Ihr«, fügte er hinzu, wobei er Granock mit einem Seitenblick streifte, »seid schon unsere treue Freundin gewesen, als wir noch eine Feindin in Euch wähnten.«
»Und die Orks?«, fragte Irgon aufgebracht. »Schlagt Ihr vor, dass wir auch ihnen die Hand zum Frieden reichen?«
»Nein«, wehrte Farawyn ab, »aber es hat genug Blutvergießen gegeben. Ohne Margoks Führung werden seine Kreaturen es nicht mehr wagen, ihr angestammtes Gebiet zu verlassen und den Grenzfluss zu überschreiten. Das Schwarzgebirge wird für alle Zeit als Grenze zwischen den Unholden und dem Reich festgeschrieben. Außerdem werde ich Spürtrupps aussenden, die nach Margoks ruchlosen Anhängern, den dun'rai und den Dunkelzwergen, suchen und sie ihrer gerechten Bestrafung zuführen sollen. Euch und Euren Legionären jedoch, General, fällt eine andere Aufgabe zu.«
»Mein König?«, fragte Irgon.
»Hiermit beauftrage ich Euch mit dem Ausrüsten einer Kriegsflotte, die alsbald zu den Fernen Gestaden aufbrechen und sie von Unholden befreien soll«, eröffnete Farawyn. »Die Ehre und die Reinheit Crysalions müssen wiederhergestellt werden.«
»Zu Befehl, mein König.«
»Nehmt nur Freiwillige mit Euch«, fügte Farawyn hinzu, »denn die Belohnung für ihre treuen Dienste wird es sein, lange vor ihrer Zeit das Eiland unserer Vorfahren zu erblicken und, wenn es erst von Feinden gesäubert ist, für immer dort zu verbleiben. Es ist der gerechte Lohn für ihre Opfer.«
»Gilt dieses Angebot auch für mich?«, wollte Irgon wissen.
»Für Euch und für jeden, der bereit ist, sein Leben im Dienste Crysalions zu wagen«, bestätigte Farawyn. »Denkt Ihr, dass sich genügend Krieger finden werden?«
»Daran zweifle ich nicht, Hoheit«, bestätigte der General, und das Leuchten in seinen Augen verriet die Dankbarkeit, die er in diesem Augenblick für den König empfand.
Erneut gab es Gemurmel unter den Versammelten, aber diesmal konnte Granock weder Argwohn noch Unwillen ausmachen - die Stimmung war zu Farawyns Gunsten umgeschlagen. Nicht alle Angehörigen des Hofstaats, des Militärs und des Ministerrats von Tirgas Lan mochten die Ansichten ihres neuen Herrschers teilen, aber zum ersten Mal nach Jahren der Furcht und der Verzweiflung hatten sie das Gefühl, dass das Leben weiterging und tatsächlich etwas wie Ordnung ins Reich zurückgekehrt war. Fraglos hatte der Krieg Spuren hinterlassen, und womöglich gab es Wunden, die niemals ganz verheilen würden. Aber Farawyn hatte auch deutlich gemacht, dass er seinen Blick nach vorn richten wollte, auf die Zukunft.
»Und nun, meine Freunde«, wandte er sich an die Hofbeamten und Soldaten, »bitte ich Euch, mich allein zu lassen mit den Schwestern und Brüdern des Ordens. Wie Ihr alle wisst, war ich Ältester von Shakara, ehe ich Euer König wurde, und in dieser Eigenschaft habe ich noch eine letzte Aufgabe zu erfüllen.«
»Mein König.«
General Irgon verbeugte sich, ehe er die Halle verließ, ebenso wie Narwan und die anderen Fürsten. Auch Statthalter Párnas und die Minister erwiesen ihrem neuen Herrscher Respekt, ehe sie sich zum Gehen wandten. Als Letzte verließen Runan und Yrena den Thronsaal, jeweils begleitet von ihrem Gefolge. Als die Fürstin von Andaril an Granock vorbeischritt, begegneten sich ihre Blicke, und der Zauberer fragte sich, ob sie wohl zueinandergefunden hätten, in einer anderen Welt und zu einer anderen Zeit.
Dann war sie schon an ihm vorbei, und die großen Türflügel der Halle schlossen sich hinter ihr und ihren Leuten. Zurück blieben nur Granock, Alannah, Tavalian, Zenan, Una und einige andere Meister und Aspiranten - im ganzen dreizehn Männer und Frauen. Zusammen mit den wenigen Zauberern, die an den Grenzen im Einsatz gewesen waren und den Krieg überlebt hatten, und mit jenen, die in Shakara verblieben waren, verkörperten sie alles, was von der einstmals stolzen Gemeinschaft der Weisen geblieben war, ein verschwindend geringes Häufchen angesichts der Macht und Größe, die der Orden einst besessen hatte. Womöglich, dachte Granock beklommen, hatten die Zauberer von allen Völkern und Gruppen Erdwelts die größten
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