Die zauberhafte Tierhandlung, Band 02: Lotte und die Drachenmagie (German Edition)
sämtliche Probleme lösen. Danny und Lotte wechselten einen vielsagenden Blick. Manchmal blendete Onkel Jack schwierige Dinge einfach aus, überlegte Lotte. Vielleicht waren er und ihr Dad sich auch in dieser Hinsicht ähnlich? Sie hatten sehr ähnlich ausgesehen, wenn man den Fotos Glauben schenkte. Mum hatte gesagt, dass Dad nicht sehr gut darin gewesen sei, Verantwortung zu übernehmen, und vielleicht ging es Onkel Jack ja ebenso.
Lotte schlenderte auf den Pausenhof und bemerkte, dass alle kurz den Atem anhielten. Es wusste also jeder Bescheid. Niemand würde mit ihr reden, Zara hatte ihnen allen zu viel Angst eingejagt. Vielleicht konnte sie sich noch mit den Erstklässlern anfreunden, solange sie ihnen ihren Namen nicht verriet, aber das war’s dann auch. Rasch bildeten sich kleine Grüppchen, da alle bemüht waren, beschäftigt auszusehen, falls Lotte versuchen sollte, sie anzusprechen.
Lotte guckte stur geradeaus und marschierte entschlossen über den Hof auf eine Bank zu. Sie grinste in sich hinein, als die zwei Mädchen, die darauf saßen und die beide in ihrer Klasse waren, schnell aufsprangen und wegrannten, bevor ihnen vorgeworfen werden konnte, sie hätten sich mit dem Feind verbündet. Es war beinahe lustig, wenn auch auf eine Art, die sehr wehtat. Sie setzte sich hin und holte ihr Hausaufgabenbuch heraus, das sie am Tag zuvor bekommen hatte. Sie hatten zwar keine Hausaufgaben auf, aber sie musste so tun, als sei sie mit irgendetwas furchtbar beschäftigt.
»Du übertreibst es ein bisschen, meinst du nicht?«, fragte jemand und ließ sich neben ihr auf die Bank plumpsen. Lottes Kopf fuhr erschrocken hoch. Sie wollte das hübsche rothaarige Mädchen mit den Sommersprossen gerade warnen, dass es nicht mit ihr reden durfte, als ihr klar wurde, dass Zara sogar sie dazu gebracht hatte, sich für eine Aussätzige zu halten. Lotte schüttelte den Kopf. Wow. Es war unglaublich, was eine Flüsterkampagne an nur einem Tag ausrichten konnte.
Sie grinste das andere Mädchen an. »Du warst gestern noch nicht da, oder?«, fragte sie nachdenklich.
Die Sommersprossen des rothaarigen Mädchens waren kaum noch zu sehen, als es knallrot anlief. »Äh, nein … « Sie guckte auf ihre Hände und knibbelte dann an einem ihrer Nägel. »Meine Mum hat sich im Datum vertan, wenn du es genau wissen willst. Sie hat viel zu tun«, fügte sie verteidigend hinzu. »Sie arbeitet pausenlos.«
Lotte lächelte mitfühlend. »Genau wie meine. Sie ist zum Arbeiten nach Paris gegangen und hat mich hier in Netherbridge gelassen.«
»Oh, damit hast du gewonnen, meine ist bloß im Garten. Aber sie könnte genauso gut in Paris sein. Wenn sie erst mal losgelegt hat, bekommt man sie da nicht wieder raus.« Aber das rothaarige Mädchen schien erleichtert, jemanden getroffen zu haben, dessen Mutter ebenfalls nicht perfekt war.
»Ist sie Gärtnerin?«, fragte Lotte interessiert.
»Neiiin!« Das rothaarige Mädchen bog sich vor Lachen. Lotte ging es gleich viel besser, als sie ihr ausgelassenes Kichern hörte. »Sie ist Künstlerin und hat ihr Atelier draußen. Sie macht komische Sachen aus Draht und Perlen und Zeugs, das sie im Garten findet. Dann verkauft sie alles und bekommt tonnenweise Geld dafür, was spitze ist, aber wenn es darum geht, Mittagessen zu kochen oder sich daran zu erinnern, wann das Schuljahr losgeht, und solchen Kram, ist sie eine totale Niete. Ich bin Ruby Geddis. Aber sag jetzt bitte nichts über mein rubinrotes Haar. Das habe ich alles schon mal gehört.«
Lotte nickte eifrig. »Ich bin Lotte Grace. Ich lebe bei meinem Onkel in der Tierhandlung in der Stadt. Wohnst du in Netherbridge? Oder kommst du aus einem der umliegenden Dörfer?«
»Oh nein, wir leben am äußersten Stadtrand. Beim Fluss. Aber ich war fast den ganzen Sommer weg. Wir haben einen voll langweiligen Urlaub gemacht, der daraus bestand, dass meine Mum Galerien abgeklappert hat, die ihr Zeugs verkaufen, und mein Dad in irgendwelchen Antiquitätenläden verschwand. Es war der schlimmste Urlaub aller Zeiten. Ich bin richtig froh, wieder in die Schule gehen zu dürfen.«
Ruby sah tatsächlich ziemlich zufrieden aus, und Lotte fühlte sich schuldig. Was, wenn es ihr etwas ausmachte, dass Zara und die anderen nicht mit ihr redeten? Es wäre unfair gewesen, sie nicht zu warnen. »Ähm, es gibt da etwas, das du wissen solltest«, sagte sie zögernd.
Ruby warf ihr einen gespannten Blick zu, als ihnen plötzlich auffiel, dass jemand anders sich zu ihnen
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