Die zauberhafte Tierhandlung, Band 03: Lotte und das Einhorn (German Edition)
anzumerken, wie verletzt sie war. Wie hatte Ruby das vergessen können? Aber sie benahm sich, als sei genau das der Fall.
Ruby errötete, bis ihre Sommersprossen in dem tiefdunklen Rot nicht mehr auszumachen waren. »Oh, Lotte! Es tut mir schrecklich leid! Ich verstehe das nicht. Das war total dumm von mir. Ich bin einfach allein zur Schule gegangen, so wie früher. Es tut mir leid. Hast du auf mich gewartet?«
»Natürlich habe ich das, und jetzt ist Mrs Laurence sauer auf mich!«
Glücklicherweise verflog Mrs Laurences Ärger rasch, aber der Morgen war trotzdem hinüber. Lotte war richtig gekränkt, dass Ruby sie vergessen hatte, und Ruby benahm sich den ganzen Tag über seltsam. Etliche Male schien sie nicht zu hören, wenn Lotte etwas sagte, und in der Mittagspause marschierte sie auf einen Tisch weit entfernt von jenem zu, an dem sie sonst immer saßen.
»Ruby? Ruby! Wo willst du hin?« Lotte versuchte, ihr hinterherzurennen, wobei beinah der Teller mit Pasta von ihrem Tablett geflogen wäre.
Ruby blickte sich abwesend um, dann klärte sich ihre Miene. »Oh, entschuldige, Lotte, ich habe nicht nachgedacht.« Und sie kam zu Lotte zurück.
Am Ende des Tages hatte Lotte beinah das Gefühl, nicht da zu sein. Ruby schien sie immer wieder zu vergessen. Lotte glaubte nicht, dass Ruby es absichtlich machte – sie wirkte jedes Mal so überrascht und schuldbewusst, wenn es geschah. Aber Lotte konnte einfach nicht fassen, wie sie sich aufführte. Sie hatte noch nicht einmal Gelegenheit gehabt, Ruby zu erzählen, wie Pandora heute Morgen im Laden gestanden und sie beobachtet hatte.
»Also, gehen wir jetzt zusammen nach Hause, oder was?«, fragte Lotte, als sie ihre Jacken anzogen. Sie kam sich ein bisschen gemein vor, so pampig zu sein, aber sie war wütend. Vielleicht war es an der Zeit, dass Ruby merkte, wie sie sich fühlte.
Ruby warf ihr einen überraschten Blick zu. »Oh, okay. Klar.« Und damit schwang sie sich ihre Schultasche über die Schulter und ging davon.
Lotte sah ihr nach, ihre Augen füllten sich mit Tränen. Ruby hatte gar nicht vorgehabt, mit ihr nach Hause zu gehen. Sie hatte sie schon wieder völlig vergessen. Es war zum Heulen. Lotte folgte Ruby in einigem Abstand mit vor Scham hochroten Wangen. Sie wollte sich nicht aufdrängen. Es kam ihr so vor, als ginge sie Ruby auf die Nerven. Vielleicht konnte Ruby sie ja nicht mehr leiden? Sie war zu nett, um es ihr ins Gesicht zu sagen, also versuchte sie, es ihr zu verstehen zu geben, indem sie Lotte aus dem Weg ging. Lotte war nicht mehr so niedergeschlagen gewesen, seit ihre Mum sie bei Onkel Jack abgeladen hatte und nicht schnell genug nach Paris hatte abreisen können. Jedenfalls hatte es sich damals so angefühlt.
»Kommst du jetzt oder nicht?«, rief Ruby, die sich umgedreht hatte und rückwärtslief, um Lotte ansehen zu können. Es schien ihr ziemlich egal zu sein. Lotte hätte am liebsten Nein! zurückgebrüllt, aber sie hasste die Vorstellung, allein nach Hause gehen zu müssen. Sie beeilte sich, Ruby einzuholen, und überlegte verzweifelt, worüber sie mit ihr reden sollte – mit Ruby, ihrer besten Freundin, der sie normalerweise alles erzählen konnte, was ihr in den Sinn kam. Vergangene Woche hatten sie eine ganze Unterhaltung nur mithilfe von Songtiteln geführt, und es war albern und verrückt und großartig gewesen. Jetzt hatte sie das Gefühl, als sei Ruby eine völlig Fremde.
Ruby kam auf dem Heimweg manchmal auf einen Sprung mit in die Tierhandlung. Sie lag nicht auf ihrem Weg, aber ihre Mum hatte nichts dagegen, solange sie nicht zu spät nach Hause kam. Lotte versuchte zu klingen, als sei es ihr egal, und fragte: »Kommst du noch mit zu uns in den Laden?«
»Mmm.« Ruby zuckte mit den Schultern. Und dann sagten beide eine Ewigkeit nichts mehr.
Sie bogen gerade in Lottes Straße ein, als Rubys Miene sich plötzlich aufhellte. »Oh, da ist der neue Laden. Ich möchte meiner Mum unbedingt was zum Geburtstag kaufen. Sie haben vielleicht etwas, das ein bisschen ungewöhnlicher ist. Ich springe mal kurz rein.«
»Nein!«, keuchte Lotte entsetzt. Sie wollte auf gar keinen Fall, dass Pandora Ruby kennenlernte. Ihr Bauchgefühl warnte sie entschieden davor.
»Warum nicht?«, fragte Ruby irritiert und starrte sie an. »Was ist nur los mit dir, Lotte? Du bist schon den ganzen Tag so komisch.«
»Ich?«, flüsterte Lotte und beobachtete unglücklich, wie Ruby die Ladentür aufstieß. Die Türglocke bimmelte mit einem lieblichen
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