Die Zauberlehrlinge
über Sie gelesen, als Sie in das Verschwinden dieses Mädchens auf Rhodos verwickelt waren, und ich hatte mitbekommen, wie die Geschichte ausging. Ich hatte Sie als die Art Mann in Erinnerung, die ein Nein als Antwort nicht akzeptiert. Letzten Oktober wurde mir klar, dass ich einen solchen Mann brauchte.
Ein paar Tage später schickte ich Ihnen den Zeitungsausschnitt, um sicherzustellen, dass Sie der Spur hier nachgehen würden. Am Ende hätten Sie das auf jeden Fall getan, aber die Zeit drängte allmählich. Ich wusste, Sie würden meinem Rat folgen und in Kopenhagen nach Hammelgaard suchen. Das war sicher. Als Sie es taten, ging ich mit Ihnen.
Zweifellos dachten Sie, Sie reisten allein, aber das war nicht der Fall. Ich war bei Ihnen, bei jedem Schritt. Außer, als ich auf der Knippelsbro-Brücke auf Hammelgaard wartete und Sie noch nicht gekommen waren.«
»Das kann nicht wahr sein!«
»Es ist aber wahr. Er hat mich nicht gesehen. Er wusste nicht, was passieren würde, noch Sekundenbruchteile vorher wusste er es nicht. Er hatte keine Schmerzen und keine Vorahnung. Ich glaube, Sie haben mich auf der Brücke erspäht, nicht wahr, gespürt, wie nahe ich war?«
»Nein«, behauptete Harry gegen besseres Wissen, »ich habe nichts gespürt.«
»Wie Sie wollen. Jedenfalls war das der Gipfelpunkt. Mit Hammelgaards Tod war das Geheimnis in Sicherheit. Alles, was Sie in Amerika erreichten, war nur noch Dekoration, fürchte ich. Oder hätte es sein sollen. Leider war es nicht so einfach. Davids Kontakt mit Carl und Carls anschließende Flucht aus dem Hudson Valley waren schockierende Entdeckungen für mich. David hatte mich eindeutig mehr beargwöhnt, als ich angenommen hatte. Und was Carl betrifft, die Verbindung zu mir, die man über ihn herstellen konnte, war eine echte Gefahr. Ich wusste, wenn Sie davon erfahren würden, würden Sie anfangen, die Wahrheit Stück für Stück zusammenzusetzen. Ich tat, was ich konnte, um Sie irrezuführen. Hackensacks Unfall, Ihr Verlust von Rosenbaums Adresse, jede Ablenkung, die mir einfiel. Aber ich wusste insgeheim die ganze Zeit, dass all das nur einen Aufschub bringen würde. Am Ende mussten Sie wieder auf mich zurückkommen.«
»Gehörte zu diesem Aufschub auch die Ermordung von Dobermann?«
»Nein. Ich weiß nicht genau, wie er zu Tode kam. Ich wusste nicht, dass er das Haus in Maple Place beobachtete. Er muss mich gesehen haben, als ich hinging, um die restlichen Notizbücher und Papiere zu holen. Welche Wirkung das auf ihn hatte, kann ich nur erraten, und um ehrlich zu sein, ich möchte es lieber nicht.«
»Ach, das möchten Sie lieber nicht?« Harry wusste, dass sein Zorn teilweise künstlich war, eine Maske für seine Unfähigkeit, was Athene gesagt hatte, zu akzeptieren oder zu leugnen. Aber er wusste auch, dass er ihn aufrechterhalten musste. Zorn war seine letzte Abwehr. »Ich dachte, Sie hätten behauptet, Sie dienten der Zukunft, nicht Ihren eigenen Empfindlichkeiten.«
»Und ich dachte, Sie hätten behauptet, Sie wollten die Wahrheit wissen. Haben Sie Ihre Meinung geändert?«
»Ich habe nicht die Wahrheit gehört. Wenn Sie alles glauben, was Sie mir erzählt haben, dann müssen Sie verrückt sein.«
»Aber Sie wissen, dass ich nicht verrückt bin!«
»Ich weiß nichts dergleichen.«
»Warum, glauben Sie, habe ich Sie in das Geheimnis eingeweiht?«
»Sagen Sie es mir!«
»Weil David Ihr Sohn war. Gerade Sie sollten die Wahrheit über ihn wissen. Über sein Leben und seinen Tod. Diese Wahrheit liegt jetzt zwischen uns, wortwörtlich und metaphorisch. Hier in seinen Notizbüchern und in dem Wissen, das ich mit Ihnen geteilt habe und mit sonst keinem lebenden Menschen.«
»Dass Sie im Besitz der Notizbücher sind, beweist gar nichts. Sie brauchen keinen Zugang zu höheren Dimensionen, um eine Diebin zu werden. Und wenn ihr Inhalt so welterschütternd ist, wie Sie behaupten, dann hätten Sie sie längst vernichtet.«
»Sicher, das hätte ich tun sollen. Aber ich habe auch meine Schwächen. Die Notizbücher sind ein einzigartiger Beweis von Davids Werk, seine Fahrkarte zur Unsterblichkeit. Wenn sie verbrannt werden, verbrennt auch die Erinnerung an ihn und an einen Teil von mir.«
»Was wollen Sie damit sagen? Dass Sie von mir erwarten, ich würde widerstandslos gehen und den Mund halten, während Sie hier sitzen und die Entdeckung meines Sohnes in einer verschlossenen Schublade verschimmeln lassen?«
»Kaum. Selbst wenn Sie dazu bereit wären, würde die
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