Die Zauberlehrlinge
Entdeckungen sie einleiten würden, ein Traum, aus dem er niemals erwachte. Ein so großzügiges Schicksal kann sich jeder von uns nur erhoffen.«
»Zwei Monate an lebenserhaltenden Schläuchen nennen Sie großzügig?«
»Das war ein tragisches Missgeschick. Es war niemals meine Absicht, dass sein Leben einen so sinnlosen Epilog hat. Ich habe ein BITTE NICHT STÖREN-Schild an seiner Tür hinterlassen, das offenbar entfernt wurde. Wer weiß, warum oder von wem ? Wenn es dort geblieben wäre... Aber wir alle, mich eingeschlossen, sind Spielzeuge des Zufalls und unserer eigenen Fehlurteile.«
»Ach, Sie sind also nicht unfehlbar?«
»Ganz und gar nicht. Wenn ich mich je dafür gehalten hätte, dann hätte Hammelgaards Besuch eine Woche später mich davon kuriert. Er suchte die Notizbücher, konnte sich ihr Verschwinden aus Davids Hotelzimmer nicht erklären. Während wir sprachen, wurde deutlich, dass er zu viel über Davids Arbeit wusste, um das alles auf sich beruhen zu lassen. Er hätte damit weitergemacht. Langsamer, gewiss, und vermutlich weniger kohärent, aber er hatte schon genügend erfasst, um am Ende zum Ziel zu kommen und andere zu überreden, ihm dabei zu helfen. Als er ging, war ich widerstrebend zu dem Schluss gekommen, dass man ihn aufhalten musste.« Sie hielt inne, als sie die Bestürzung auf Harrys Gesicht sah.
»Ich musste beenden, was ich angefangen hatte. Verstehen Sie das nicht? Ich tauschte zwei Leben gegen die Verhinderung einer katastrophalen Zukunft.«
»Zwei? Vor einem Augenblick haben Sie drei Morde gestanden.«
»Ja. Weil ein plötzlicher Tod unter mysteriösen Umständen, wie Davids einer sein sollte, niemanden besonders neugierig machte, während zwei - wenn beide Opfer höhere Dimensionen erforschten - das Risiko bargen, ungesunden Argwohn zu wecken. Ich musste eine falsche Spur legen. Mermillod hatte mich ein paar Wochen vorher besucht und versucht, Informationen zu kaufen, mit denen er Davids Namen anschwärzen konnte. Er hatte sogar die Frechheit besessen, mir eine Art Pfründe bei IHES anzubieten, falls ich meinen Namen für eine Kampagne hergeben würde, die Davids hyperdimensionale Theorien lächerlich machen sollte. Er war ein unangenehmer Mensch und offenbar von Lazenby auf die Sache angesetzt worden. Seine Bestechungsversuche ließen mich kalt, aber sie brachten mich auf eine Idee. Drei Todesfälle würden verdächtig aussehen, und wenn alle drei Opfer frühere Mitarbeiter von Globescope wären, würde der Verdacht in diese Richtung gelenkt. Mermillod hatte mich wütend gemacht, und Lazenby indirekt auch. Ich beschloss, sie zu benutzen, um mein Problem zu lösen, redete mir ein, Mermillod habe sich das selbst eingehandelt. Und das glaube ich noch immer.«
»Und Kersey? Hat er es sich auch selbst eingehandelt?«
»Überhaupt nicht. Aber ich habe Kersey nicht umgebracht. Sein Tod war wirklich ein Unfall, und dazu zu einem außerordentlich ungünstigen Zeitpunkt, denn er überzeugte die anderen am Projekt Sibylle beteiligten Personen davon, dass es eine Verschwörung gegen sie gab. Sie versteckten sich, und auf einmal war Hammelgaard außerhalb meiner Reichweite. Ich zweifelte nicht daran, dass er sich in Kopenhagen versteckte, aber wenn ich mich selbst auf die Suche nach ihm machte, bestand die Gefahr, die Theorie der Globescope-Verschwörung genau in dem Moment zu unterminieren, in dem sie an Schwung gewann. Wie konnte ich in einer fremden Stadt nach ihm suchen, ohne dass mein Name dort bekannt mein Gesicht erkannt, mein Interesse an ihm erinnert und berichtet würde? Nein, nein. Ich konnte nur heimlich reisen und verdeckt zuschlagen. Ich brauchte jemand anderen, der ihn aufspürte. Und ich wählte Sie.«
Harry öffnete den Mund, um zu sprechen, fand aber keine Worte, um den Konflikt auszudrücken, den er zwischen Zweifel und Verstehen empfand. Sie hatte ihn anfangs gefragt, ob er sicher sei, dass er die Wahrheit wissen wollte. Jetzt wäre seine Antwort vielleicht anders ausgefallen.
»Ich war diejenige, die am 17. Oktober bei der Servicestation Mitre Bridge anrief und Ihnen die Nachricht hinterließ. Ich rechnete richtig damit, dass Sie, wenn Sie erst einmal wussten, dass David Ihr Sohn war, keine Ruhe mehr geben würden, bis Sie Hammelgaard gefunden hatten. Sie sind der Typ, der niemals aufgibt, verstehen Sie? Der Typ, der so wenig zu verlieren hat, dass er Berge versetzt, wenn jemand ihm etwas anbietet, woran er sein Herz hängen kann. Ich hatte in den Zeitungen
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