Die Zauberlehrlinge
Hand?
Globescope verkauft Vermutungen über die Zukunft an jeden, der sie hören will. Und Globescope ist gut. Sie sagten voraus, dass die Sowjetunion Ende der achtziger Jahre zerbrechen würde, dass aber die chinesische Version des Kommunismus überleben und sich anpassen würde. Das brachte ihnen eine Menge Kredit ein, und Byron Lazenby wurde ein sehr reicher Mann.«
»Wann stießen Sie dazu ?«
»Vor zwei Jahren, als das Projekt Sibylle begonnen wurde. David empfahl mich, angeblich wegen meiner Fachkenntnisse in der technologischen Anwendung von Quanteneffekten. In Wirklichkeit aber, damit wir bei den höheren Dimensionen enger zusammenarbeiten konnten.«
»Dr. Tilson sagte, der Zweck des Projekts sei gewesen, den Zustand der Welt im Jahr 2050 detailliert vorherzusagen.«
»Richtig. Es war ein Auftrag für ein Konsortium aus internationalen Konzernen, das Lazenby nie beim Namen nannte. Wir waren sieben: David und ich, Gerard Mermillod, Marvin Kersey, Donna Trangam, Makepeace Steiner und Rawnsley Ablett. Eine eindrucksvolle Mannschaft: ein Mathematiker, ein Physiker, ein Soziologe, ein Biochemiker, eine Neurowissenschaftlerin, eine Computerwissenschaftlerin und ein Wirtschaftswissenschaftler. Wir hatten zwei Jahre Zeit und sämtliche Einrichtungen von Globescope zu unserer Verfügung, um ein klares und detailliertes Bild von der Mitte des nächsten Jahrhunderts zu zeichnen. Welche Art Leben wir alle führen würden, wie es der Welt und der menschlichen Spezies gehen würde. Sie müssen verstehen, das war kein Job, den man hastig erledigt, keine oberflächliche Skizze der Zukunft, sondern gewogene und analysierte Realität, so wahrheitsgetreu wie nur möglich, mit Spielraum für alle Variablen. So genau, wie eine Vorhersage überhaupt sein kann.«
»Und wie wird das Leben 2050 sein?«
»Das werden Sie von mir nicht hören. Es würde Ihnen nichts einbringen, wenn Sie wüssten, was wir vorhergesagt haben. Sie werden dann längst tot sein. Und ich auch. Und das ist auch nicht der wirkliche Grund, warum wir hier sind.«
»Warum denn dann?«
»Weil wir sieben im letzten Frühjahr Lazenby unsere vorläufigen Schlussfolgerungen präsentiert haben, und sie gefielen ihm nicht. Er sagte, sie seien unvereinbar mit der Politik von Globescope und nicht das, was seine Kunden wollten. Er stritt nicht darüber, ob sie zutreffend waren oder nicht. Damit gab er sich gar nicht ab. Er sagte uns einfach, wir sollten sie abändern. Sollten sie kommerziell akzeptabel machen.«
»Aber wenn Sie sie abänderten, würden sie nicht mehr stimmen!«
»Richtig. In diesem Moment erkannten wir, was wir schon früher hätten erkennen sollen, nämlich, dass Lazenbys Schlüssel zu seinem Erfolg darin bestand, den Kunden das zu sagen, was sie hören wollten. Nicht das, was sie wissen sollten. Weder er noch seine Kunden würden im Jahr 2050 noch da sein, um über diesen Punkt zu streiten. Sie bezahlten allein für die Beruhigung ihrer Anteilseigner. Lazenby sagte nie genau, welche Konzerne unsere Kunden waren, aber wir wussten, dass es sich um große internationale Multis mit Interessen an allen globalen Handelswaren handeln musste. Öl, Autos, Chemikalien, Waffen, Raumfahrt, pharmazeutische Produkte. Was immer es war, unsere Vorhersagen waren klar. Keines von all diesen Geschäften würde 2050 noch genauso ablaufen wie heute. Die heutigen Konzernkönige würden die Welt nicht mehr wiedererkennen und in dieser Welt auch nicht überleben. Es ist nicht nett, wenn Ihnen jemand sagt, dass Ihre Tage gezählt sind, und Lazenby entschied, dass es auch nicht profitabel ist. Also wies er uns an, unsere Parameter zu korrigieren, wie er das nannte, um ein akzeptableres Ergebnis zu erzielen. Wir weigerten uns. Sieben hochgesinnte Wissenschaftler bezogen einen ethischen Standpunkt. Wir würden uns nicht herumstoßen lassen. Statt dessen wurden wir ausgestoßen, auf der Stelle entlassen. Wir mussten das Gelände von Globescope binnen einer halben Stunde verlassen, und während dieser Zeit wurden wir beaufsichtigt, damit wir nichts mitnahmen. Außerdem wurden wir sehr eindringlich daran erinnert, dass die Diskussion irgendeines Aspekts von Projekt Sibylle mit Dritten einen Vertragsbruch darstellte. Wir konnten zu den bequemen akademischen Institutionen zurückkriechen, aus denen wir gekommen waren, und den Mund halten. Oder wir konnten den Mund aufmachen und vor Gericht gezerrt werden.«
»Was haben Sie getan?«
»Zuerst gar nichts. Wir waren alle ein
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