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Die Zauberquelle

Titel: Die Zauberquelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
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scheute, seinen Sohn zu herzen, ihm den Kopf zu streicheln und ihn zu bewundern. Gar nicht typisch für meinen Gregory, der mit Kindern immer so steif und förmlich umging.
    »Um Geld zu sparen, wie? Gut, gut, macht nichts. Wir lassen Futter holen. Und Perkyn soll auch in die Garküche schicken, wir brauchen ein paar Braten und einen ganzen Spieß Geflügel, die Burschen hier sind alle bei uns zum Essen eingeladen. Margaret, stell die Tische in der Diele auf, ich bin wieder daheim.«
    »Aber…«
    »Margaret, sorge dich nicht. Für dieses Nachtmahl zahlen die Burgunder. Richtig, Jungs?«
    »Richtig!« riefen sie im Chor.
    »Und holt eure Liebsten und die alten Mütter. Heute geht mir keiner nüchtern nach Haus.«
    »Sir Gilbert, Ihr habt es nicht weit. Ihr seid bereits zu Hause.«
    »Dann bin ich verpflichtet, mich am ärgsten zu betrinken«, verkündete Gilbert und breitete schwungvoll die Arme aus.
    »Wieder richtig!« riefen sie.
    »Margaret, nimm mir Peregrine ab und hilf mir beim Aussteigen.« Als er sich auf meine Schulter stützte und zu seiner Krücke griff, sagte er: »Und da sind ja auch meine beiden kleinen Hexen. Wie viele Mägde habt ihr seit meiner Abreise verschlissen? Ihr seid beide noch hübscher geworden. Bald seid ihr richtige Ladys.« Die beiden Mädchen blickten sich vielsagend an. »Ha! Freut mich zu sehen, daß ihr euch nicht verändert habt. Ich wäre auch furchtbar enttäuscht, wenn ihr während meiner Abwesenheit züchtig und gesittet geworden wärt.«
    »Was um alles in der Welt ist nur in dich gefahren?« fragte ich, während er sich auf mich stützte und ich ihm ins Haus half. »Du wirkst so – verändert.« Rings um uns drängten sich die Menschen, freuten sich und wollten mehr hören. Mehr über den Krieg, über den Herzog, über den König, über Schlachten und Belagerungen, über königliche Gunst und Glücksfälle des Lebens.
    »In mich gefahren? Oh, ich bin vom Blitz getroffen worden.«
    »Nicht richtig«, sagte ich.
    »Aber ja doch, und ich hatte einen sehr komischen Traum.«
    »Wie tapfer, wie bescheiden!« hörte ich jemanden ausrufen. »Im schlimmsten Getümmel mit bösen französischen Edelleuten verwundet, und er prahlt nicht einmal damit!« Ein Gemurmel und Gejubel lief durch die Menge, und ich spürte, wie man die beneidete, die hineingebeten wurden, während sich der Verwalter bemühte, die Menschen fortzudrängen, damit er die Tür hinter uns zumachen konnte. Trotzdem hatten wir, kaum daß mein heimgekehrter Gemahl auf der Diele Platz genommen hatte, von den drei bedeutendsten Familien des Stadtteils bereits Einladungen zum Essen erhalten. Das Bein auf einem Schemel hochgelagert, hielt er seinen Sohn auf dem Schoß, während ihn seine Stieftöchter umsorgten und seine Waffengefährten das Haus nach Eßbarem durchstöberten, und er sah dabei zufriedener aus als ein König auf seinem Thron. Ich jedoch, ich war die Glücklichste von allen.
    »Margaret, du machst es schon wieder.«
    »Was denn, mein Herzallerliebster?«
    »Du leuchtest – ganz rotgolden um die Kanten herum. Ungemein komisch. Weißt du eigentlich, daß mir das jahrelang nicht aufgefallen ist? Es schickt sich nicht.«
    »In meinem eigenen Haus, mein Herr Gemahl, kann ich leuchten, soviel ich will«, sagte ich, während wir uns schon wieder küßten.
    »Wo ist meine Tinte geblieben? Ich dachte, ich hätte mehr. Ich weiß ganz genau, daß ich den Stöpsel mit Wachs versiegelt habe, damit sie nicht eintrocknet.« Gilbert stöberte in seinen Sachen herum und überprüfte, ob sich alles noch am rechten Fleck befand. »Und mein Garin le Loheraine liegt auch nicht mehr in der Truhe, und – pfui – da sind ja Krümel zwischen den Seiten. Haben die Mädchen ihn etwa gelesen? Diese kleinen Ungeheuer. Jemand sollte ihnen Manieren beibringen. So geht man nicht mit einem Buch um.« Ärgerlich wischte er die Krümel fort. »Was ist eigentlich aus diesem grimmigen Frauenzimmer geworden, dieser Madame, die Master Kendall als Französischlehrerin eingestellt hatte? Nun, das war eine Frau, die Zucht und Ordnung zu halten wußte.«
    »Ich etwa nicht?«
    »Margaret, der Beweis liegt auf der Hand. Krümel in meinem Buch und eine ganze Flasche Tinte weg, mit der sie höchstwahrscheinlich Flausen aufgekritzelt haben. Und mein Papier… Wenn diese Mädchen nicht das Bett hüten müssen, stellen sie den ganzen Haushalt auf den Kopf. Sie müssen lernen, um Erlaubnis zu bitten.«
    »Sie sind lieb…«
    »Ich habe auch nicht behauptet,

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