Die Zauberquelle
daß sie nicht lieb sind – nur unordentlich. Gib zu, daß sie dir über den Kopf gewachsen sind, weil du einfach zuviel zu tun hast.«
»Ich habe ihnen sehr wohl gesagt, sie sollen sich die Hände waschen, ehe sie ein Buch aufschlagen…«
»Und das haben sie wortwörtlich befolgt, aber nicht beherzigt. Sie haben sich die Hände gewaschen und dann beim Lesen gegessen.«
»Aber das mit der Tinte ist meine Schuld. Ich habe Master Will von deinem Vorrat abgegeben, und das Papier…«
»Margaret, der Fall liegt sonnenklar. Sie müssen in ein vornehmes Haus, sie müssen Schliff bekommen. Denn den haben sie nicht im geringsten, soviel steht fest. Und ins Verlobungsalter gelangen sie allmählich auch, und ich habe meiner Lebtage keine eheuntauglicheren Mädchen gesehen. Und da ich jetzt beim Herzog in Gunst stehe, kann ich gewiß etwas für sie tun.«
»Das ertrage ich nicht, nein, nein. Sie in die Fremde zu schicken. Angenommen, man behandelt sie schlecht? Angenommen, sie werden krank? Hier haben sie ihren Platz, ihre Paten in der Nähe, und sie sind wohlangesehen. Aber im Haus eines großen Edelmannes – nein, das ertrage ich nicht, nein, nein, nein.«
Gilbert sah mich nachdenklich an. »Ich verstehe durchaus, was du meinst«, sagte er. »Dennoch, es gehört sich nicht, sie im Haus zu behalten. Vielleicht noch ein Weilchen… Aber du bist zu nachsichtig mit ihnen, Margaret. Wenn du sie liebst, dann laß ihnen gutes Benehmen beibringen. Ohne das geht es nun einmal nicht. Ei, wenn sie sogar einen Drachen wie Madame in die Flucht schlagen können…«
»Daran sind nicht sie schuld, sondern du, Gilbert.«
»Ich?« Er schien vollkommen ratlos.
»Sie hat gesagt, es wäre bereits erniedrigend genug, im Haus eines Kaufmanns Französisch lehren zu müssen, aber daß ich meinen achtbaren Witwenstand so entehren und einen Mitgiftjäger und Schreiber heiraten mußte, der sich als Mönch ausgegeben hatte, um bei uns aufgenommen zu werden – in solch unanständigem Haus könne sie nicht länger bleiben.« Doch anstatt beleidigt zu sein, warf mein Mann den Kopf zurück und lachte schallend.
»Himmlisch!« sagte er, »einfach himmlisch! Genau das, was sie brauchen. Das muß ihnen eingetrichtert werden. Sieh es einmal so: Es dient ihnen als Schutz. Die Welt ist nicht wie dieses Haus, Margaret. Sie duldet keine aufsässigen Frauen. Aber um eine Lady, die nur wie eine Lady denken kann, kümmert sich immer jemand.« Ich sah ihn mit großen Augen an und sagte nichts. »Abgemacht, Margaret. Sie können hierbleiben, wenigstens noch ein Weilchen, wenn du diese Frau dazu bewegen kannst, daß sie ihnen beibringt, sich wie Ladys zu benehmen. Untadelige Ladys, denn das müssen sie werden.«
»Aber – aber das geht nicht. Master Will hat sie auf der Straße gesehen und sie gefragt, ob sie wieder in ein Haus – naja – beispielsweise unseres, aufgenommen werden möchte – und sie hat gesagt, lieber würde sie in ihren Schuhen sterben.«
»Und was hatte sie auf der Straße zu suchen?«
»In ihren Schuhen sterben.«
»Vor Hunger? Sie steigt nur noch in meiner Achtung. Margaret, ihre Art kenne ich gut.« Er lachte. »Das wird ein Spaß. Ich schicke zwei von den Burschen, die bei uns gegessen haben, gestiefelt und gespornt vor ihre Tür – mit der Botschaft, daß SIR Gilbert de Vilers, Waffengefährte des großen Herzogs von Lancaster und der sprichwörtliche Kriegsheld, um eine Unterredung mit ihr bittet. Margaret, du hast einfach nicht lange genug in diesen Kreisen gelebt, um den Vorteil eines Titels zu ermessen, selbst wenn er gekauft ist.« Er reckte und streckte sich auf seinem Stuhl, schob die Hände hinter den dunklen Lockenkopf und schmunzelte, und in seinen braunen Augen funkelte der Schalk. Das war mein alter Gregory, der zu klug und zu querköpfig war, als daß er sich irgendwo richtig einfügen könnte – weder an der Universität noch auf dem Schlachtfeld, noch im Kloster oder bei Hofe. Er würde noch immer in der Stadt herumstromern und die Menschen mit satirischen Gedichten verärgern, wenn der gerissene Herzog von Lancaster nicht seine Qualitäten erkannt und ihn in seinem Netz gefangen hätte. Von einem Dichter von Format unsterblich gemacht zu werden – diese Abmachung gefiel beiden.
Ich sah zu, wie er sich katzenartig streckte und in seinen lederbesohlten Beinlingen mit den Zehen wackelte. Er hatte noch immer eine Beule auf dem Schienbein seines gebrochenen Beins, da, wo es nicht ganz gerade geschient gewesen
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