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Die Zauberquelle

Titel: Die Zauberquelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
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war, aber ich hatte es schon fast hinbekommen. Er war dieser Tage dazu übergegangen, sich daheim in das fleckige gesteppte Lederwams zu kleiden, das er früher unter dem Kettenhemd getragen hatte. Es war seine neueste Verkleidung: Ritter nach der Rückkehr vom Schlachtfeld. Damit machte er Eindruck bei den Nachbarn. Und wenn die sich in der Öffentlichkeit vor ihm verbeugten, funkelte es teuflisch-schalkhaft in seinen Augen. »Margaret«, sagte er, »es ist mir ein Herzensanliegen, Madame wieder für dich einzufangen. Und gewiß bei weitem nicht so schwierig, wie die heilige Ampulla zu erobern.«

Kapitel 7
    E s hatte den ganzen Morgen und den Abend zuvor geregnet, doch als aus Nachmittag Abend wurde, waberte feuchter Nebel zwischen den alten Eichen. In dem nassen grünen Dach über der glucksenden Quelle krächzten Saatkrähen. Die nassen Lappen klebten an dem hohen Felsen. Hugh, der Schweinehirt, wußte, daß man an einem solchen Tag keinen Hund vor die Tür jagte, und nahm die Gelegenheit wahr, seine Fallen zu überprüfen. Fallenstellen war streng verboten, aber die Versuchung zu wildern war groß, und einen schlauen Kerl wie ihn erwischte man so leicht nicht. Unter dem alten Fell, das er sich gegen die Nässe umgehängt hatte, trug er einen Sack mit zwei Kaninchen, die seinem Herrn gehörten. Mit gesenktem Kopf und mit den Gedanken schon beim Abendessen, stapfte er barfuß durch den Schlamm und beachtete das Rauschen des brodelnden grünen Wassers nicht weiter. Erst als er fast über ihn gestolpert wäre, bemerkte er den Wassergeist. Er war ganz in Schwarz gekleidet, hatte die Gestalt einer Frau angenommen und ging mit verschleiertem Gesicht in Richtung der Sonne um den Teich herum.
    »Bleib, wo du bist, du hast mich gesehen und kannst nicht mehr fort«, sagte sie mit sanfter, jedoch stahlharter Stimme. Hugh fiel auf die Knie.
    »Vergebt einem armen Sünder«, rief er und bekreuzigte sich. »Laßt mich bitte gehen, Ihr könnt auch die Kaninchen haben.«
    »Kaninchen?« sagte sie. »Was soll ich mit Kaninchen? Nein, ich will etwas Kostbareres von dir.«
    »N – n – nicht meine Seele«, schrie Hugh verzweifelt.
    »Nein, nicht deine Seele«, sagte sie, und dann spürte er, wie sich ihre Hand an ihm zu schaffen machte, und die war kalt wie das grüne Wasser. Er erschrak und regte sich furchtbar auf, und da merkte er, daß sich noch etwas anderes regte. »Du bist ein schöner, kräftiger Bursche«, sagte der Succubus. »Gib mir deinen Samen.« Er spürte, wie ihn eisige Hände bearbeiteten, bis er nicht mehr wußte, ob er im Himmel oder in der Hölle war. Dann drückte ihn der Succubus sacht rücklings in den Morast und bestieg ihn. Mittlerweile war Hugh völlig außer sich vor Verlangen. Und die übernatürliche Kraft des Succubus, der sich auf ihm wand, sog ihm den Samen aus. Und dann hörte er nicht nur den Succubus stöhnen, sondern auch sich selbst. Und als er sich verzückt aufbäumte, bemerkte er den Dolch nicht, der zustieß und wieder und wieder zustieß…
    Da lag Hugh nun halb nackt und von der Mitte abwärts blut- und dreckverschmiert und lauschte dem Gurgeln des Wassers, während es dunkel wurde und über dem Wald ein bleicher Vollmond aufging. Nach Haus, er mußte nach Haus. Der Sack mit den Kaninchen lag noch an der Stelle, wo er hingefallen war. Selbst noch im Tode sparsam, schob Hugh eines davon über den Weiherrand in das grüne Wasser. Und sah im hellen Mondschein zu, wie der pelzige Kadaver auf den schimmernden Fluten tanzte, bis eine unsichtbare Hand ihn nach unten zu ziehen schien.
    Später konnte er sich nicht mehr erinnern, wie er nach Hause gekommen war und wer seine Wunden verbunden hatte, doch als der Priester an sein Bett trat, beichtete er alles, nur die Kaninchen nicht.
    »Überirdische Lust und Ekstase? Ganz in Schwarz, sagst du, und gesichtslos? Aber hat man dich nicht vor derlei Dingen gewarnt? Ein Succubus, daran besteht kein Zweifel. Nur wenige haben das überlebt und konnten davon berichten. Dich hat nur das Kreuz um deinen Hals gerettet. Er hat dir den Samen geraubt, weil er neue Teufel hervorbringen will, soviel steht fest.«
    »O lieber Herr Jesus, vergib mir. Ich wollte wirklich keine weiteren Teufel in die Welt setzen.«
    »Bist du in Versuchung geführt worden?«
    »Das war mehr als nur Versuchung. Alles ganz und gar gegen meinen Willen. Ein mächtiger Zauberbann hat mich gefangengehalten, so daß ich mich nicht mehr rühren konnte. Das versteht Ihr doch, Vater, ja? Und

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