Die Zauberschatten - Goryydon #2 (German Edition)
und atmete flach. Ihre Kehle schien wie zugezogen. Jemanden so sehr zu lieben, barg eindeutig zu viele Gefahren. Michaela würde diesen Zustand vermeiden, schwor sie sich in diesem Moment. Sie setzte sich zu ihr. Deren apathisches Verhalten bereitete ihr mehr Sorgen, als die vorherigen Heulkrämpfe.
*
Nachdem sich Trauer und Entsetzen fast schon gewaltsam Bahn gebrochen hatten, versank Juliane in ihren Erinnerungen. Der erste Moment als sich ihr und Arans Blick getroffen hatte. Schokobraune Augen mit schwarzen Kristallsplittern, die ihr Herz zum Rasen brachten. Und dieses Gefühl, Teil von ihm, diesem fremden und gleichzeitig vertrauten Jungen zu sein. Das Jubilieren ihrer Seelen, als sie sich vereint hatten.
Erneut stiegen Tränen in Juliane hoch, obwohl sie unfähig zu weiteren sein sollte. Ihre Augen brannten und ihr Kopf schmerzte.
Sie glaubte zu spüren, wie Arans Hände die ihren berührten, das Kribbeln, wenn er sie ansah. Wenn sein Blick bis auf den Grund ihrer Seele glitt und sie erkannte, wie sie wirklich war. Und sie dennoch liebte. Mit all ihren Fehlern und Unzulänglichkeiten. Wie seine Lippen auf den ihren lagen. Sie schluchzte. Der Kummer drohte sie zu überwältigen. Juliane zitterte. Mit Arans Verlust hatte sie ihre Stärke verloren, ihre Zähigkeit, ihren Überlebenswillen. Sie merkte erst nach geraumer Zeit, dass Michaela neben ihr saß und auf sie einredete.
»Soll alles umsonst gewesen sein? Hast du gekämpft, um jetzt im Selbstmitleid zu versinken? Genau das ist es, was Kloob bezweckt. Denk an Kalira. Denke an all die Menschen, die auf dich hoffen. Sie brauchen dich, Juliane«, beschwor Michaela sie eindringlich.
Sie hob ihren Kopf. Selbst diese kleine Bewegung fiel ihr unsagbar schwer. »Wer braucht mich schon?« Es kostete sie tatsächlich Kraft, zu sprechen. Einen Moment lang entstand in ihr das Bild, es säße nicht Michaela, sondern Ranon bei ihr. Sie vermisste ihn. »Wäre doch Ranon hier.«
Michaela zuckte zusammen. Sie ergriff ihre Hand und drückte sie. »Komm, lass dich nicht so hängen. Es wird alles in Ordnung kommen.«
Juliane stieß einen gequälten Laut aus. »Tote kehren nicht zurück.«
Ku’guar reichte ihr eine Schale, aus der es nach Kräutern duftete. »Hier, trink das. Es wird dir helfen, dich zu beruhigen.«
Sie trank gehorsam, nicht, weil sie wollte, sondern weil ihr schlicht die Energie fehlte, dagegen zu protestieren. Die heiße Flüssigkeit rann ihre Kehle hinab und hinterließ ein herbes Aroma. Sie leerte das Gefäß und Ku’guar nahm es ihr ab.
Er streckte seine Hand aus und strich eine ihrer Haarsträhnen zurück. Verständnis blitzte in seinen Augen auf.
Eine bleierne Müdigkeit erfasste Juliane. Sie blinzelte erfolglos dagegen an.
»Schlaf«, murmelte Ku’guar. Seine Hand legte sich in ihren Rücken und drängte sie, sich niederzulegen. Sie fühlte sich so benommen, dass sie sich zusammenrollte und augenblicklich einschlief.
*
Die Sonne ging auf und unter und Juliane schien nicht erwachen zu wollen. Ob das an Ku’guars Kräutertee lag oder an Julianes Erschöpfung, vermochte Michaela nicht zu beurteilen. Es bereitete ihr jedoch langsam Sorgen. »Was wollen wir unternehmen? Sie schläft und schläft, sie muss doch aufwachen.«
»Wir warten. Sie wird mit der Situation besser umgehen können, wenn sie ausgeruht ist. Du kannst unsere Wasserschläuche auffüllen. Ich habe dort hinten eine Quelle entdeckt.« Ku’guar verschwand im Gebüsch und kehrte kurz darauf in seiner Pumagestalt zurück.
»Ich werde uns etwas jagen«, verkündete er und fletschte sein Gebiss.
Michaela schnappte sich die leeren Wasserschläuche und ging in die angegebene Richtung. Als sie das Lager hinter sich gelassen hatte, begann sie, mit Ranon zu reden. Ein Gespräch, das überfällig schien, und hatte warten müssen, da Michaela nie mehr allein gewesen war.
»Was fällt dir eigentlich ein, ständig die Kontrolle zu übernehmen?«, beschwerte sie sich. Es ängstigte sie nicht, dazu waren sie und Ranon zu eng miteinander verquickt, sie spürte, dass keine Arglist hinter seinen Handlungen steckte. Seine Absichten erwiesen sich als durch und durch ehrenhaft.
Hat es dich gestört, dass ich dir bei dem Angriff der Höllenwesen geholfen habe? Ranons Stimme klang unschuldig.
Michaela schnaubte verächtlich. »Verarsch mich nicht. Du weißt genau, dass ich das nicht meine.«
Juliane ist eine Freundin, ich musste sie trösten.
»Das nennst du trösten? Du hast
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