Die zehn besten Tage meines Lebens: Roman (German Edition)
Einstellung betrachtet? Habe ich es deshalb bislang nicht geschafft, meinen Eltern im Traum zu erscheinen oder sie da unten für länger als nur einen Augenblick zu besuchen?
»So etwas Nettes hat mir ja noch niemand gesagt«, murmle ich mit Tränen in den Augen.
»Ich hoffe, du wirst meine Worte in Erinnerung behalten, Alex, was auch immer geschehen mag.«
»Das werde ich, versprochen.«
Bevor ich einschlafe, gehen mir noch zwei Gedanken durch den Kopf.
1. Ich kann nicht fassen, dass ich Adam nicht schon früher eingeweiht habe.
2. Ich muss mich bei dem alten Herrn, dem ich den Stinkefinger gezeigt habe, entschuldigen.
ACHT
Es wird Sie wahrscheinlich verblüffen, das ausgerechnet von mir zu hören, aber: Es ist ein gutes Gefühl, gute Arbeit zu leisten.
Nach zirka einem halben Jahr bei Barney’s CO-OP in Beverly Hills war ich so richtig in meinem Element. Barney’s CO-OP ist die Abteilung für trendige, lässige Herren-Freizeitmode. Infolgedessen waren auch meine Kunden, hauptsächlich Regisseure und Drehbuchautoren, lässig und trendig. Sie machten kein großes Theater beim Schuhkauf. Für sie stand cooles Aussehen an erster Stelle. Nach gut sechs Monaten hatte sogar ich kapiert, dass die Männer-Variante der Frage »Sehe ich darin auch nicht fett aus?« lautet: »Sehe ich damit auch cool aus?« Sie glauben gar nicht, wie viele meiner Kunden mir diese Frage gestellt haben.
In der Schuhabteilung des traditionellen Barney’s, wo es die vornehmeren Modelle gibt, gehen vor allem Agenten, Manager oder auf die Unterhaltungsindustrie spezialisierte Anwälte ein und aus, schwierige Fälle also, die Stunden brauchen, um sich für ein Paar zu entscheiden.
Aber vor denen blieb ich zum Glück verschont. Ich muss zugeben, bei uns in der Freizeitschuhabteilung war die Arbeit das reinste Vergnügen. Als ich anfing, waren rote Adidas-Sneakers ein Muss, jedenfalls bei den Drehbuchautoren. Keine Ahnung, weshalb. Ich weiß nur, dass die Nachfrage nach roten Adidas-Sneakers enorm war und wir kaum je andere Schuhe nachbestellten. Den Sommer über waren dann Flipflops der letzte Schrei, was für mich ein wahrer Segen war.
Falls Sie nie Schuhe verkauft haben, fragen Sie sich vielleicht warum. Weil Flipflops so schön leicht sind. Der Beruf des Schuhverkäufers hat nämlich einen großen Nachteil: Wenn man den lieben langen Tag tonnenweise Schuhkartons von den Regalen im Lager angeln muss, geht das mit der Zeit ganz schön ins Kreuz. Zumal man bei Männern am besten immer gleich zwei Kartons von jedem Paar mitbringt, weil die selten ihre Schuhgröße kennen. Die Schlepperei hat aber auch ihr Gutes: Sie stählt Bizeps und Trizeps ganz ungemein. Nach einer Weile konnte ich mir sogar das Krafttraining im Fitnessstudio sparen, dabei waren meine Oberarme immer meine größte Problemzone gewesen. Ganz gleich, wie viele Gewichte ich gestemmt hatte, meine »Fledermausärmel« war ich ums Verrecken nicht losgeworden. Nicht dass sie im Wind geflattert hätten, wenn ich die Arme hob, aber gestört haben sie mich trotzdem. Früher oder später hätte ich mir bestimmt das Fett an den Oberarmen absaugen lassen, wenn ich nicht vorher gestorben wäre. Es sei denn, ich hätte noch länger in der Schuhabteilung gearbeitet, dann hätte ich mir die Mühe garantiert sparen können. Vorausgesetzt natürlich, der Verkauf von Flipflops hätte sich nicht auf die Wintersaison ausgedehnt. Zum Glück war das nicht der Fall, so lange ich bei Barney’s CO-OP Schuhe verkauft habe. Mit meinen Oberarmen hätte ich als Double von Linda Hamilton in Terminator II fungieren können.
Mein Kollege Peter war Single und schwul, also teilten wir uns die attraktiven Kunden entsprechend auf. War einer gut aussehend und hetero, dann bediente ich ihn, und dann kam es mir auch gar nicht so schlimm vor, die wuchtigen veloursledernen Halbschuhe von Paul Smith aus dem Lager herbeizuschaffen. Wir wurden beide des Öfteren angebaggert, durchschnittlich einmal am Tag bestimmt. Nicht selten erhielten wir Einladungen zu Partys oder Filmvorführungen. Peter wurde eines Tages von einem sehr populären Schauspieler angemacht, der verheiratet und offiziell hetero ist. (Nein, tut mir leid, ich darf nicht verraten, um wen es sich handelte. Einmal Barney’s- Angestellter, immer Barney’s-Angestellter; wir plaudern nie aus dem Nähkästchen.) Jedenfalls hat Peter abgelehnt, und als ich ihn fragte, weshalb, meinte er: »Schätzchen, ich würde es gern irgendwann ins Peoples
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