Die zehn besten Tage meines Lebens: Roman (German Edition)
Himmel und daran, dass ich nicht einfach dreimal die Hacken zusammenschlagen und mich zurück auf meinen Heimatplaneten beamen kann. Und schon rege ich mich wieder fürchterlich auf.
Bei der Fortsetzung von The Breakfast Club kann ich mich nicht mehr konzentrieren. Judd Nelson und Molly Ringwald sind zum erklärten Traumpärchen der Schule avanciert, meiner Meinung nach kein besonders geschickter Schachzug. Was findet sie überhaupt an diesem Kerl? Ehrlich gesagt fand ich diesen Film seit jeher bescheuert. Keine Ahnung, warum der hier überhaupt läuft. Man wartet zwei Stunden nur darauf, dass die Hauptdarsteller endlich nach Hause dürfen, und dann ist der Film vorbei. Es passiert nicht das Geringste. Totale Zeitverschwendung. An wen muss ich mich wenden, wenn ich The Breakfast Club von der Liste meiner Lieblingsfilme streichen lassen möchte? Wer glaubt hier, mich so gut zu kennen, dass er ihn auf meinem persönlichen Fernsehkanal laufen lässt? Der Zuständige hat wohl angenommen, nur weil ich eine Frau bin, müsste ich automatisch auf diesen dämlichen Film stehen, hm? Hm???
Oh Gott, ich werde diesen Test nicht bestehen, und dann muss ich in den vierten Himmel und meine Zellulitedellen kommen zurück und meine Schuhe drücken!
Ist es möglich, im Himmel eine Panikattacke zu erleiden?
Ich muss hier raus. Ein bisschen spazieren gehen. Mich beruhigen und wieder klaren Kopf bekommen.
»Komm, Peaches«, sage ich. »Wollen wir eine Runde gehen? Los, komm mit nach draußen.«
Sie reagiert nicht, sondern starrt weiter in die Glotze. Peaches liebt The Breakfast Club .
»Nun komm schon! Auf der Erde sind wir doch immer gemeinsam spazieren gegangen. Das haben wir hier noch kein einziges Mal gemacht.«
Sie rührt keine Pfote. Faules Stück.
»Na schön«, sage ich und mache mich allein auf den Weg. »Bis später.«
Ich trabe durch die Straßen meines Viertels, an unzähligen Villen vorüber, in deren Gärten Rosenbüsche und Obstbäume mit prallen Äpfeln, Zitronen, Grapefruits und perfekt gereiften Orangen stehen.
»Tag«, ruft mir ein alter Mann aus einem Haus im Tudorstil zu. »Nehmen Sie sich ruhig ein paar Bananen, wenn Sie möchten.«
Ich ignoriere ihn, winke noch nicht einmal zurück. Womit hat der Kerl diese Kokospalmen verdient?
Im nächsten Garten ist eine Frau dabei, vor ihrem doppelstöckigen Gewächshaus Pflanzen einzutopfen.
»Hallo«, sagt sie. »Ist der Himmel nicht grandios?«
»Und wie«, erwidere ich und verdrehe die Augen, obwohl sie nicht wissen kann, warum.
Wieso sind bloß alle so verdammt happy? Bin ich denn die Einzige im ganzen Himmel, die diese blöde Prüfung bestehen muss?
Ich fange an zu joggen, obwohl ich eigentlich noch nie sonderlich gern gejoggt bin. Ehrlich gesagt bin ich überhaupt noch nie gejoggt, aber ich weiß nicht, wie ich sonst diesen Leuten in ihren Traumhäusern entkommen soll, die mir alle unbedingt unter die Nase reiben müssen, wie toll es doch ist, tot und im siebten Himmel zu sein. Wenn ich ein paar Kilometer laufe, bin ich danach hoffentlich zu müde, um mir weiter den Kopf zu zerbrechen.
Vielleicht sollte ich freiwillig gehen.
»Okay, okay«, werde ich zu Deborah, meinem Schutzengel mit den schauderhaft gefärbten roten Haaren sagen. »Ich hab’s kapiert. Mein Leben auf der Erde war alles andere als erfüllend, und das wäre es wohl auch nie gewesen. Also, nur zu, schickt mich in den vierten Himmel.«
Es hat ja doch keinen Sinn. Ich gebe mich geschlagen.
Vielleicht wird es auch gar nicht so schlimm im vierten Himmel. Ich werde dort ja nicht allein sein. Alice hat behauptet, die Leute im vierten Himmel seien echt cool. Ich könnte Gitarrenstunden nehmen und einer Band beitreten.
»Ach, scheiß auf die Joggerei«, fluche ich. Ich bin noch nicht einmal ansatzweise außer Atem. Wahrscheinlich, weil ich kein Mensch aus Fleisch und Blut mehr bin. Verdammt.
»Sind Sie sicher, dass Sie keine Bananen möchten?«, fragt mich der alte Herr, als ich wieder an seinem Haus vorbeikomme.
»Ich will Ihre blöden Bananen nicht, okay?«, belle ich ihn an. »Lassen Sie mich gefälligst in Ruhe.«
»Schon gut, schon gut, kein Grund, sich so aufzuregen«, beschwichtigt er mich. »Geht es Ihnen gut? Wollen Sie nicht reinkommen auf eine Tasse Tee … und ein paar Bananen?«
Ich zeige ihm den Stinkefinger. Jetzt geht es mir etwas besser, aber noch immer nicht gut. Ich schaue noch ein paarmal zu ihm zurück. Er steht an seinem Gartenzaun und stiert mir fassungslos
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