Die zehn besten Tage meines Lebens: Roman (German Edition)
Magazine schaffen, aber nicht auf diese Art und Weise.« Gutes Argument, finde ich.
Man konnte in unserer Abteilung im Nu eine persönliche Beziehung zu den Kunden aufbauen, was mir sehr wichtig erschien, weil es damals in den Kaufhäusern total unüblich war. Ich wollte über meine Kunden und ihre Wünsche und Vorstellungen Bescheid wissen, wie die Verkäufer in den guten alten Zeiten, von denen meine Mutter mir so oft berichtet hatte. Ich notierte mir sämtliche Namen, Vorlieben, Abneigungen, und natürlich die Schuhgröße und -weite.
Zu meinen treuesten Kunden zählte zum Beispiel Kal Rogers, ein TV-Regisseur, mit dem ich sogar eine Weile ausging, bis er mir wegen einer Schauspielerin aus seiner Sendung den Laufpass gab, was ihn aber nicht daran hinderte, weiterhin viele Schuhe bei mir zu kaufen, und das war mir weit wichtiger. Oder Lou Sernoff, ein Filmproduzent, der darauf bestand, dass ich den Gipsabdruck für seine orthopädischen Schuheinlagen hinten im Lager aufbewahrte (als das Ding einmal nicht auffindbar war, flippte Lou total aus, doch zum Glück stellte sich bald heraus, dass Peter es als Türstopper verwendet hatte). Stan Mitchell, ein erfolgreicher Drehbuchautor, kaufte ein Jahr lang ausschließlich braune Schuhe bei mir, ehe ich herausfand, dass er farbenblind war. Er hatte gar nicht von seiner Fehlsichtigkeit gewusst – bis ich ihn fragte, was es mit dem Braune-Schuhe-Phänomen eigentlich auf sich hatte.
»Sind die nicht schwarz?«, fragte er und deutete auf seine braunen Mokassins.
Zum Dank kaufte er danach eine Menge Schuhe in einer ganzen Reihe von Farbvarianten.
Mein Lieblingskunde, Lloyd Kerner, war ebenfalls Autor und der fixen Überzeugung, er könne seine Drehbücher nur an den Mann bringen, wenn er beim Meeting mit den zuständigen Leuten ein brandneues Paar Schuhe trug. Lloyd gehörte nicht zu den Männern, die versucht haben, mich aufzureißen – ein Glück, denn sonst wäre es wohl nie zum achten besten Tag meines Lebens gekommen (aber dazu später).
Lloyd war schrecklich dünn. Er wirkte geradezu verhungert. Seine Kleidung sah immer aus, als sei sie ihm drei Nummern zu groß. Selbst wenn er seine schicken Designerklamotten von einem Schneider enger machen ließ, hingen sie noch an ihm herunter wie an einer Vogelscheuche. Erinnern Sie sich an Pig-Pen, den Schmutzfink bei den Peanuts , der immer von einer Staubwolke umgeben ist, ganz egal, wie oft er duscht? So ähnlich war es bei Lloyd, nur dass er nicht schmutzig war, sondern zu mager. Außerdem schien er chronisch erkältet zu sein. Er schnäuzte sich ständig und klang immer, als hätte er einen Schnupfen:
»Hast du diese Conberse all-stars in beiner Größe da? Passen die überhaupt zu bir oder bid ich dafür nicht cool genug?«
Das Tolle an Lloyd war, dass er immer irgendwelche Sorgen hatte, sei es wegen seines aktuellen Drehbuches oder wegen der Idee für das nächste. Ein ziemlich neurotischer Typ also, dabei hätte ihm klar sein müssen, dass er sich über seine Zukunft nicht den Kopf zu zerbrechen brauchte, wenn er es sich leisten konnte, zweimal die Woche neue Schuhe bei mir zu kaufen. Als ich von ihm eine Einladung zur Premiere seines neuesten Filmes erhielt, nebst einem Dankeskärtchen mit dem Wortlaut »Die Converse haben mir Glück gebracht!«, da wusste ich, dass ich es mit einem total durchgeknallten, aber sehr erfolgreichen Menschen zu tun hatte. Ich fing an, ihm auch zwischendurch Schuhe anzudrehen, obwohl der Verkauf seines nächsten Drehbuches noch Monate entfernt war.
»Wer weiß, vielleicht fällt dir, wenn du die hier trägst, eine besonders gelungene Szene ein«, lockte ich ihn.
Auf diese Weise konnte ich ihn überreden, sich gleich zwei Paar Cowboystiefel von Sciapo zuzulegen (eines in braun, eines in schwarz, dreihundertfünfundsiebzig Dollar das Paar).
Mit anderen Worten: Lloyd war der Traumkunde einer jeden Verkäuferin. Er hatte Geld wie Heu, er kaufte, was ich ihm andrehte, und er kam immer wieder. Aber ich mochte ihn auch als Menschen, und ich fand es schön, ihn zu trösten, wenn er sich wieder einmal einen Korb geholt hatte oder von der Tussi, der er ein First-Class-Ticket nach Hawaii spendiert hatte, einen Tag nach dem Urlaub abserviert worden war.
Eines schönen Tages kam er völlig aufgelöst zu mir. Er war seit einem halben Jahr mit Kate, einer erfolglosen Schauspielerin liiert und es schien allmählich etwas Ernstes daraus zu werden.
»Kate böchte bich ihrer Fabilie in Kentuggy
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