Die zehn Kreise (Höllenfeuer) (German Edition)
Seele ist so krank und zerfressen. Ich war nicht stark genug für die Prüfung unseres Herrn…“
„Es war keine Prüfung, Asasel. Hast du das denn noch immer nicht verstanden? Eine Prüfung ist es nur für die Menschen. Für euch Engel ist es eine Aufgabe, an der ihr euch beweisen solltet und ihr selbst seid es gewesen, die sich diese Aufgabe gestellt haben. Ihr solltet die Chance bekommen, euch ebenso wie die Menschen für die richtige Seite entscheiden zu können.“
Asasel sah traurig zu ihm auf, dann ließ er entmutigt die Schultern hängen.
„Ich habe versagt, Herr“, flüsterte er. „Ich wäre so gern wieder der, der ich einmal war. Doch in mir ist nichts übrig geblieben, was mich wieder an die Seite des Herrn bringen könnte.“
Der Fremde zögerte einen Augenblick. „Siehst du?“, sagte er. „Nun weißt du, wie es den Menschen ergeht und warum auch von ihnen so viele scheitern. Selbst wenn man den richtigen Weg zu kennen glaubt, ist es oft genug unmöglich ihn aus eigener Kraft zu begehen.“
Asasel nickte mit niedergeschlagenem Blick, dann sank er noch tiefer zusammen.
„Aber wenn du Hilfe brauchst, dann ist es keine Schande darum zu bitten“, sagte der Fremde. „Selbst dann, wenn die Hilfe nur von einem Menschen kommt.“
Er lachte und dieses Lachen klang trotz der Worte keineswegs spöttisch, sondern über die Maßen freundlich und warm.
„Ich brauche Hilfe, Herr“, flüsterte Asasel. „Ich möchte wieder sein wer ich war und allein kann ich es nicht.“
Nun hob er endlich den Blick und Eleanor sah, wie Tränen sein Gesicht hinab rannen.
Für einen Moment zögerte der Fremde, doch dann trat er an Asasel heran und legte seine Hand auf den Kopf des Engels.
„Sei geheilt!“, sagte er ernst und trat kurz darauf wieder zurück.
Zunächst schien nichts zu geschehen. Doch dann durchlief ein Beben Asasels Körper. Sein Körper begann sich zu verändern. War er gerade eben noch grausam verkrüppelt und verformt, so sah man nun, wie sein Rückgrat sich zu strecken begann. Seine zerfetzten Flügel schlossen sich wieder und auch sein deformiertes Gesicht wurde wieder ebenmäßig und schön. Schließlich stand ein komplett anderer Engel vor ihnen, dem kaum noch etwas von dem anhaftete, was für Asasel seit zweitausend Jahren so charakteristisch gewesen war. Das auffälligste aber war, dass sich auch sein Licht vollkommen verändert hatte. Während er gegen Lilith gekämpft hatte, war es noch feuerrot, lodernd und aggressiv gewesen. Jetzt aber erstrahlte er in eben jenem warmen Licht, das so typisch für all jene Engel war, die auf der guten Seite der Schöpfung standen.
Fasziniert blickte Asasel an sich hinab. Er hob seine Hand und betrachtete fasziniert seine leuchtenden Finger. Dann breitete er seine gewaltigen Schwingen aus und sah sich neugierig wie ein Kind nach ihnen um. Der Blick, den er schließlich auf den Fremden richtete, war so voll Dankbarkeit, dass keine weiteren Worte nötig waren.
Jeshua nickte lächelnd. Dann wandte er sich zu Lilith um, die noch immer am Boden lag, den Kopf in Raphaels Schoß.
Er ging zu ihr und kniete sich an Raphaels Seite neben sie.
„Du bist also Lilith“, sagte er lächelnd.
Lilith nickte schwach. „Ich weiß, wer du bist“, sagte sie leise. „Wenn du gekommen bist um mich für meine Sünden zu strafen, kann ich dir jetzt nicht mehr entkommen.“
Wieder lachte Jeshua. Ein sanftes Lachen, voll Güte und Wärme, doch ihm war nicht entgangen, wie Raphaels Körper sich anspannte. Es war mehr als offensichtlich, dass er Lilith keinem dunklen Schicksal überlassen würde. Jeshua bemerkte diese Bewegung und hob beschwichtigend die Hände.
„Warum sollte ich dich strafen?“, fragte er lächelnd.
„Ich habe vieles in meinem Leben getan“, hauchte Lilith, „was ich gern ungeschehen machen würde. Aber das kann ich nicht. Es klebt an mir und wird es immer tun. Bis ans Ende meiner Tage.“
Jeshua schüttelte den Kopf. „Und dennoch hast du heute bewiesen, was alles Gutes in dir steckt“, sagte er sanft. „Du hast dich Asasel entgegengestellt, obwohl du wusstest, dass du nicht gegen ihn gewinnen kannst. Aber durch deine Tat hast du Eleanor die Zeit verschafft, die nötig war, damit Raphael sie retten konnte. Gut gemacht!“
Jeshua nickte anerkennend.
„Aber das kann doch nicht all meine Untaten ungeschehen machen“, flüsterte Lilith schwach.
„Ungeschehen nicht!“, erwiderte Jeshua. „Aber vergeben. Eine einzige Tat kann reichen ,
Weitere Kostenlose Bücher