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Die zehn Kreise (Höllenfeuer) (German Edition)

Die zehn Kreise (Höllenfeuer) (German Edition)

Titel: Die zehn Kreise (Höllenfeuer) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Conrad
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gestellt haben, weil sie Gott leugneten und alles wofür er steht, für Hirngespinste hielten.“
    „Hingabe und Selbstaufopferung“, ergänzte Robert betreten.
    „Freundschaft und Liebe“, sagte Kathryn.
    „Selbstlosigkeit und Güte“, fügte Allys hinzu.
    „Nächstenliebe und den festen Willen diese Welt durch sein Leben ein wenig besser zu machen. Selbst wenn es den eigenen Untergang bedeuten sollte.“
    Alle blickten zu Eleanor, die die letzten Worte gesprochen hatte. Toby und Allys nickten, die anderen lächelten.
    „Wir sollten machen, dass wir hier wegkommen“, sagte Eleanor schließlich. „Ich habe das Gefühl, dass dieser Ort nicht weniger gefährlich ist, als der Steinbruch der Akoloythoi.“
    Wortlos setzten sie sich wieder in Bewegung. Sie folgten nun dem schmalen Pfad, der sie bereits vom Fluss fortgeführt hatte. Doch je weiter sie sich vom zweiten Grenzfluss entfernten, desto dichter wurde der Nebel, bis sie zuletzt keine zwei Meter mehr weit sehen konnten und einander an die Hand nehmen mussten, um sich nicht zu verlieren. So stolperten sie durch den dichten finsteren Nebel, ohne Ziel vor Augen, ohne zu wissen, was vor ihnen lauern mochte.
    „Hört ihr das?“, fragte Allys nach einer Weile.
    Die kleine Gruppe blieb stehen und sie alle lauschten angestrengt in die Umgebung.
    „Ich höre nichts“, sprach Robert nach einer Weile. „Der Nebel schluckt alle Geräusche. Wir könnten direkt neben einem Orchester stehen und ich würde nichts hören.“
    „Nein, da ist tatsächlich etwas!“, widersprach Eleanor. „Es ist sehr leise, aber ich kann es hören.“
    William schob sich näher an sie heran. „Was ist es?“, fragte er ruhig.
    „Ich bin mir nicht sicher. Es klingt wie der Wind, der durch einen Kamin pfeift. Es scheint weit weg zu sein.“
    Erneut lauschte die kleine Gruppe, einige wandten suchend die Köpfe hin und her.
    „Ich weiß was ihr meint“, sagte Toby schließlich. „Aber ich kann nicht sicher sagen, woher das Geräusch kommt.“
    „Lasst uns weitergehen“, drängte William sie. „Wir sollten hier nicht bleiben. Dieser Ort ist böser, als es den Anschein hat.“
    Furchtsam sahen sie sich um und hasteten dann unsicher durch den dichten Nebel weiter. Keiner von ihnen hätte sagen können, wie lange sie auf diese Weise durch diesen Teil der Hölle gegangen waren, denn dieser Ort hatte kein Gesicht und keine Seele. Weder Landschaftsmarken, noch Gerüche, Geräusche, Farben oder Formen unterschieden einen Platz vom anderen. Allein das stete Geheul eines unheimlichen und unsichtbaren Windes begleitete sie unablässig, folgte ihnen auf Schritt und Tritt und ließ sich durch nichts abschütteln.
    Hin und wieder vermeinte der eine oder andere im Nebel Konturen ausmachen zu können, Bewegungen und Schatten. Doch wann immer sie genauer hinsahen, löste sich der flüchtige Eindruck ebenso schnell wieder auf, wie er entstanden war. An diesem Ort gab es nichts, was man mit Händen hätte greifen können. So verwunderte es niemanden, als Kathryn die Augen zusammenkniff und angestrengt in das wabernde Nichts vor ihnen sah.
    „Was ist?“, fragte Allys an ihrer Seite.
    „Ich bin mir nicht sicher. Ich habe den Eindruck, dass der Nebel dort vorn eine andere Farbe hat. Irgendwie rötlich.“
    Auch die anderen sahen nun auf jenen Fleck vor ihnen, auf den Kathryn wies. Und tatsächlich, solange man nicht direkt hinsah, sondern nur aus dem Augenwinkel über die Stelle fuhr, wirkte der Nebel dort so, als ginge ein rötliches Leuchten von ihm aus.
    „Ich denke sie hat recht!“, flüsterte Eleanor. Dann setzte sie sich in Bewegung und hielt zielstrebig auf die Erscheinung zu. Die anderen folgten ihr wortlos. Schon nach wenigen hundert Metern konnte kein Zweifel mehr daran bestehen, dass Kathryns Wahrnehmung sie nicht getrogen hatte. Der Nebel begann jetzt deutlich zu glühen und einen roten Lichtschein auf ihre Gesichter zu legen. Zugleich nahm das Heulen des Windes zu, wenngleich noch immer keiner von ihnen diesen Wind spüren konnte. Und dann, ganz plötzlich, blieb Eleanor wie angewurzelt stehen. Ihre Begleiter stolperten hinter ihr drein und nur mit Mühe vermochte sich Eleanor an ihrer Position zu halten. Denn unmittelbar vor ihren Füßen tat sich der felsige Boden unvermittelt auf und auf dem Grund dieses gewaltigen Talkessels leuchtete das Feuer aus dem Innern der Erde weit in die Nebelbänke des achten Höllenkreises hinaus. Hier jedoch, an den schroffen Klippen dieses Erdrisses,

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