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Die Zehnte Gabe: Roman

Titel: Die Zehnte Gabe: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Johnson , Pociao
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Augen aus Neugier oder Habgier funkelten. »Dieses Etwas muss sehr wichtig für ihn sein, wenn er einen ganzen Kontinent überquert, um es zu finden.« Er ließ den Stummel fallen und drückte ihn mit dem Absatz aus, bis die Glut gelöscht war. »Vielleicht sind Sie ja das, was er haben will.«
    »Das glaube ich nicht!«
    »Das klingt sehr entschieden, und, wenn ich das so sagen darf, auch ein wenig bitter!«

    Ich starrte ihn an und wandte dann den Blick ab.
    »Ist er Ihr Mann? Oder war er einmal Ihr Mann?«
    »Nein. Weder jetzt noch jemals. Warum interessiert Sie das eigentlich so? Sie haben mich doch gerade erst kennen gelernt.«
    »Julia! Ich habe noch nie eine so verängstigte Frau gesehen wie Sie heute Nachmittag im riad . Irgendwas an diesem Mann hat Sie furchtbar erschreckt, und das gefällt mir nicht. Aber ich verspreche Ihnen, dass Sie hier sicher sind. Mein Haus ist Ihr Haus, und solange Sie hier sind, gehören Sie zur Familie. Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort: Niemand kann Sie hier bedrohen.«
    Tränen brannten in meinen Augen. Ich lehnte den Kopf gegen die Balustrade, und sie fühlte sich kühl und rau auf meiner erhitzten Haut an. »Sie haben gesagt, dass Sie jemanden in der Universität kennen, der sich mit den Korsaren auskennt?«
    Er nickte. »Ein Freund, ja, Khaled. Er ist Historiker und unterrichtet dort.«
    »Kennen Sie ihn schon lange? Kann man ihm trauen?«
    »Er ist ein guter Mann und war ein Freund meines Vaters. Sie sind zusammen in den Bergen aufgewachsen. Er ist wie ein Onkel für mich. Wenn Sie mich fragen, ob er vertrauenswürdig ist, dann sage ich, ja, absolut.«
    »Glauben Sie, dass wir ihn morgen aufsuchen könnten?«
    »Vormittags unterrichtet er, und danach geht er in die Moschee, aber vielleicht kann er uns am Nachmittag empfangen. Wenn Sie wollen, rufe ich ihn an.«
    »Vielen Dank.« Ich schaute auf, ein wenig erleichtert.
    Doch er sah mich nicht an. Sein Blick war auf den Nachthimmel hinter mir gerichtet. »Schauen Sie!«
    Seine Hände waren warm, als er sie auf meine Schultern legte und mich gerade noch rechtzeitig herumdrehte, um einen Stern durch die schwarze Nacht fallen zu sehen. »Oh!« Am nördlichen Himmel, direkt über dem Meer, fiel ein zweiter, und
noch einer. »Sternschnuppen …« So etwas hatte ich nicht mehr gesehen, seit ich als Siebenjährige mit meinem Vater an einem Kiesstrand in der Nähe unseres Hauses gesessen hatte, als die Zukunft noch unvorstellbare Verheißungen enthielt und alles neu und voller Magie war.
    »Schön, nicht? Meine jeddah , meine Großmutter, hat uns immer erzählt, sie wären das Feuerwerk des Teufels. Aber das sind keine Sterne, sondern Meteorschauer - die Perseiden, um diese Jahreszeit. Es ist ein riesiges Glück, sie zu sehen.«
    »Vielleicht brauche ich dann für eine Weile keine Chamäleons zu verbrennen.«
    Ich spürte sein Lachen wie eine Vibration, die durch seine Hände bis in meine Knochen fuhr. Sein warmer Atem streifte meinen Nacken, und für den Bruchteil einer Sekunde befürchtete ich, ich könnte mich umdrehen und ihn küssen. Bei dem Gedanken, dieses starke, dunkle Gesicht in den Händen zu halten, seine Lippen zu berühren, seine schmalen Hände auf der Haut unter meinem Hemd zu spüren, erschauerte mich am ganzen Körper. Die sexuelle Spannung hielt uns fest wie ein Schraubstock, dann trat ich hastig zur Seite und war wieder frei.
    »Kommen Sie mit«, sagte ich, die Entscheidung war gefallen. »Ich möchte Ihnen etwas zeigen.«
     
    »Das ist das Ding, das Michael so dringend haben will, dass er mir bis nach Marokko gefolgt ist.« Ich nahm Cats Büchlein aus meiner Handtasche und reichte es Idriss. Dann setzte ich mich aufs Bett, während er den Stuhl näher an die Kerze rückte und den Kopf über das Buch beugte. Ehrfürchtig strich er über den Einband aus Kalbsleder und schlug es vorsichtig auf, als wären die Seiten Blätter einer zerbrechlichen und seit Langem gepressten Blüte. Eine ganze Weile überflog er es still, dann las er laut, stockend und mit einigen Berichtigungen: »›… Ich fürchte mich vor der Zukunft, wegen meiner dummen Lüge, daß wir aus einer reichen Familie stammen, die ein großes Lösegeld zahlen kann,
damit wir zurückkehren. Aber er droht mir auch damit, mich an den Sultan zu verkaufen, der so etwas wie ein König in ihrem Land ist; er sagt, ich werde einen guten Preis auf dem Markt von Sallee holen mit meinem roten Haar & der blassen Haut. Ich wünschte, ich hätte den Rat der alten Annie

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