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Die Zehnte Gabe: Roman

Titel: Die Zehnte Gabe: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Johnson , Pociao
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Hochzeitsgewänder?«
    »Hossein Malouda hat mir ein kleines Vermögen angeboten.« Er lächelte. »Für dich.«
    Sie wurde blass. »Für mich?«
    »Er findet die Muster wunderbar, aber die Künstlerin noch mehr. Du hast dich ebenso gut verkauft wie deine Arbeit.«
    In ihren Schläfen pulsierte es. Sie hatte einen dummen Fehler gemacht, in der Hoffnung, seine Gunst zu gewinnen. Sie hatte vergessen, dass sie noch immer eine Ware war, ein Ding, das man nach Belieben kaufen und verkaufen konnte. »Und was habt Ihr gesagt?«
    Erneut ließ er die Perlen hin- und herbaumeln, fing sie dann auf und ließ sie in seine Tasche gleiten. »Ich habe ihm noch nicht geantwortet.«
    »Warum nicht?« Es kam zu schnell, zu ängstlich. Sie spürte, wie ihr Hals rot anlief, als ihr das Blut in den Kopf stieg.
    »Weil ich noch nicht entschieden habe, was ich mit dir machen will. Er ist nicht der Einzige, der einen guten Preis geboten hat für dich.«
    »Gibt es noch einen Interessenten für mich?«

    »Vor ein paar Monaten wollte jemand mir ein Angebot machen. Dummerweise kam er nicht direkt zu mir und landete bei Sidi Al-Ayyachi.«
    »Dummerweise?«
    »Der Sidi hatte eine andere Verwendung für ihn.«
    »Ihr scheint alle zu denken, dass ihr mich kaufen und verkaufen könnt wie … wie ein Kamel!«
    Er lachte. »Ah, Cat’rin mit dem scharlachroten Gewand und all dem Silber: So ein feines Kamel habe ich noch nie gesehen. Obwohl …« Er rieb sich das Kinn. »Eins hatte ich, mit großen dunklen Augen und einem Temperament, bei dem jedem Reiter angst und bange wurde. Es biss und spuckte bei der kleinsten Provokation. An dieses Kamel erinnerst du mich. Aber am Ende war es gezähmt.«
    Cat funkelte ihn an. »Ihr werdet mich niemals zähmen. Ich bin kein Tier, das Ihr nach Belieben brechen könnt, weder Ihr noch irgendein anderer.«
    Das rote Licht der untergehenden Sonne glänzte in seinen Augen, sodass er einen Augenblick genauso dämonisch aussah wie der Djinn, von dem die Frauen sprachen. Dann trat er rückwärts aus der Tür, und das rote Licht verschwand. Als er auf der Empore stand, sagte er leise: »Und deshalb liebe ich dich, Cat’rin Anne Tregenna.«
    Doch ein Windstoß nahm seine Worte mit und verwehte sie am dämmernden Himmel.
     
    Am folgenden Morgen ging sie mit Leila zum Souk, um die Litzenmacherin zu finden. Sie sollte ihnen die mit Troddeln besetzten Borten verkaufen, die sie für das Zaumzeug brauchten. Cat genoss diese Ausflüge über alle Maßen. Sie verschafften ihr Gelegenheit, einen Blick auf die Welt zu werfen, in der sie jetzt lebte, in ihren Gerüchen zu schwelgen und so zu tun, als wäre sie eine freie Frau mit Geld in der Tasche, über das sie nach eigenem Gutdünken verfügen konnte. Mit Djellaba und Schleier
fiel sie nicht weiter auf, außer wenn jemand ihre blassen Hände oder blauen Augen sah. Manche nickten ihr lächelnd zu, aber es gab auch andere, die sie mit einem eisigen Blick streiften oder sich weigerten, sie zu berühren. »Nicht wenige der Älteren glauben, dass wir verdammt sind«, sagte Leila, »weil wir die Hautfarbe von Schweinen haben. Für sie sind wir des Teufels und verdorben. Doch du hast blaue Augen, das bringt Glück. Vielleicht wird das am Ende deine Rettung sein.« Was sie damit meinte, erklärte sie nicht.
    Sie fanden die Litzenmacherin in ihrem kleinen Stand unweit des Zentrums der Medina vor, über ihre Klöppelarbeit gebeugt. Diese besaß jedoch keineswegs die Qualität, die Cat erwartete oder die man ihr versprochen hatte. Schließlich verließen sie die alte Frau, ohne etwas gekauft zu haben und ohne das Material, das sie brauchten. Cat war nicht gerade bester Laune. Im Innern des Stands war es heiß und stickig gewesen, jetzt hatte sie Kopfschmerzen, deshalb machten sie einen Abstecher zu einem Brunnen neben der kleinen weißen koubba , die einem der Ortsheiligen geweiht war. Cat setzte sich in die grelle Sonne und benetzte mit dem Ende ihres angefeuchteten Schleiers Gesicht und Hände. Gerade als sie anfing, sich wieder besser zu fühlen, hörten sie lautes Geschrei und das mehrmalige Knallen einer Peitsche. Eine Straße weiter war eine Reihe von aneinandergeketteten Gefangenen in Aufruhr geraten. Ein Mann kniete im Schmutz, während ein Aufseher außer sich vor Wut auf seinen Kopf und die Schultern einschlug.
    Cat war von diesem Anblick so erschüttert, dass es mehrere Sekunden dauerte, bis sie den Gefangenen daneben bemerkte. Sie blinzelte gegen die Sonne. Das war doch nicht

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